Richard Schmidt, Leiter Absolut Return im Fondsmanagement & -handel bei der DJE Kapital AG
Dienstag, 28.01.2020 12:21 von | Aufrufe: 1777

ESG-Experte Richard Schmidt: „Nachhaltige Investments haben sich in den letzten zwei Jahren besonders gut entwickelt“

Richard Schmidt, Leiter Absolut Return im Fondsmanagement & -handel bei der DJE Kapital AG - © DJE Capital AG

wallstreet:online: Nachhaltige Geldanlagen sind ein Megatrend. Trotzdem gibt es bisher keine einheitliche Definition dazu, denn Begriffe wie „grün“, „nachhaltig“, „klimafreundlich“ etc. sind gesetzlich nicht geschützt. Was sind für Sie Nachhaltige Geldanlagen?
Richard Schmidt: Ziel nachhaltigen Handelns soll es sein, das Leben anderer Menschen und zukünftiger Generationen nicht negativ, sondern bestenfalls positiv zu beeinflussen. Insbesondere im Zuge des Klimawandels erhält grünes Investieren weiteren Rückenwind. Mit dem Anstieg der Meeresspiegel, der zunehmenden Verwüstung weiter Landstriche und der Zunahme von Hurrikans, Dürren und Überschwemmungen, wird allen klar, dass die Folgen des Klimawandels real sind. Nachhaltige Geldanlage bezieht sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die Felder Soziales und Unternehmensführung. Ein nachhaltiges Vergütungssystem für Vorstände darf beispielsweise nicht auf kurzfristige Profite ausgelegt sein, ein nachhaltiger Arbeitsplatz garantiert dem Arbeitnehmer ergonomische Arbeitsbedingungen etc..

wallstreet:online: Welche nachhaltigen Anlagestrategien nutzt der „DWS Concept DJE Responsible Invest“ Fonds (Ausschlüsse, Positivkriterien, Engagement, ESG Integration, Stimmrechtsausübung, Best-in-Class etc.)?
Richard Schmidt: DJE gehört zu den Unterzeichnern der „Prinzipien für verantwortungsvolles Investieren“ der Vereinten Nationen (UNPRI). Das gesamte Fondsangebot ist seit 2018 auf die Einhaltung übergreifender Nachhaltigkeitskriterien wie Umweltschutz und die Einhaltung von Menschenrechten sowie Arbeitsstandards ausgerichtet – wir haben diese Kriterien fest im Investmentprozess verankert und folgen ihnen aus Überzeugung. Mit dem DWS Concept DJE Responsible Invest gehen wir noch weiter. Der Mischfonds investiert weltweit in Aktien (mindestens 25 Prozent) und Anleihen nachhaltig wirtschaftender Unternehmen, so genannte „grüne Anleihen“. Dabei handelt es sich um Anleihen, deren Erträge in vorher fest definierte grüne Projekte fließen – hierzu können u. a. Aufforstungsprojekte, die Einrichtung von Recyclingkreisläufen oder die Verbesserung der Trinkwasseraufbereitung gehören. Zudem darf der Fonds nur in Firmen investieren, deren CO2-Ausstoß innerhalb sehr strenger Grenzwerte liegt. Dieser CO2-Filter gilt als einer der strengsten im Feld der Nachhal­tigkeitsfonds und äußert sich in einem sehr niedrigen CO2-Fußabdruck auf Fondsebene. Der Fonds schließt zum Beispiel Branchen wie Kohleenergie, Waffen und Glücksspiel komplett aus und konzentriert in den anderen Branchen auf die Besten ihrer Kategorie. Zudem werden Clean-Tech-Unternehmen beigemischt, also beispielsweise Unternehmen, die Wasserstoffbrennzellen herstellen oder CO2-reduzierende Additive für Flugkerosin herstellen. Der Fonds zählt im MSCI ESG Quality Score zum obersten Prozent innerhalb seiner Vergleichsgruppe und hat auch bei Morningstar die Höchstwertung im Bereich Nachhaltigkeit.

wallstreet:online: Welche jährlichen CO2-Emissionen entstehen, wenn ein Anleger 1.000 Euro in den „DWS Concept DJE Responsible Invest“ investiert und wie hoch sind die CO2-Einsparung gegenüber einem vergleichbaren konventionellen Fonds?
Richard Schmidt: Investiert ein Anleger 1.000 Euro in unseren Nachhaltigkeitsfonds, so spart er circa 30 kg an CO2-Emissionen gegenüber einem Investment in nicht-nachhaltige Indizes. Er profitiert von unserer jahrelangen Selektionserfahrung und tut der Umwelt damit auch etwas Gutes: die Einsparung an CO2 entspricht in etwa einer 200 km langen Autofahrt mit einem Mittelklasse-PKW. Zudem ist es ein Ziel des Fonds, den relativ niedrigen CO2-Fußabdruck Quartal für Quartal weiter zu senken. Hierbei hilft uns, dass viele Unternehmen, die wir im Fonds halten, von sich aus darauf Wert legen, mit der Zeit immer nachhaltiger zu werden.

wallstreet:online: Eine Metastudie aus dem Jahr 2015 kommt zum Schluss, dass nachhaltige Investments häufig sogar eine bessere Rendite erzielen als konventionelle. Können Sie dies aus eigener Erfahrung bestätigen?
Richard Schmidt: Auch wir beobachten, dass eine Reihe von Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen eine sehr gute Wertentwicklung aufweisen. Oft haben besonders nachhaltige Firmen ein proaktives Management, welches frühzeitig darauf achtet, dass Produkte und Firmenkultur vorbildlich sind. Im Gegensatz dazu gibt es Unternehmen, die darauf beharren, dass sie aufgrund vergangener Erfolge nicht mehr viel ändern müssen. Das Resultat sind dann oftmals schwächere Produkte und eine messbare schwächere Nachhaltigkeit auf Unternehmensebene. Insgesamt kann man über die letzten 2 Jahre gesehen feststellen, dass nachhaltige Investments sich besonders gut entwickelt haben. Dies liegt aber zum Teil auch daran, dass relativ grüne Sektoren wie beispielsweise Technologie- und Biotechaktien sich besonders gut entwickelt haben.

wallstreet:online: Im „DWS Concept DJE Responsible Invest“ spielen die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie eine große Rolle. Wie schätzen Sie das Potenzial dieser Technologien ein?
Richard Schmidt: Die Brennstoffzelle ist ein sauberer Weg der Energiegewinnung und mit Blick auf die CO2-Bilanz sowohl dem Verbrenner als auch der Elektromobilität überlegen. Trotzdem entwickelt sich das Netz an Wasserstoff-Tankstellen zumindest in Europa und den USA nur sehr langsam. Grund ist der noch sehr hohe Preis für den Bau von Brennstoffzellen-Motoren und die damit mangelnde Nachfrage der Verbraucher. Zudem gibt es noch erhebliche Sicherheitsprobleme beim Betrieb von Wasserstoff-Tankstellen und es gibt leider auch einen erheblichen Energieverbrauch bei der Herstellung von Wasserstoff. In den kommenden Jahren könnte Japan ein Markt mit Leitfunktion werden, denn hier hat die Regierung schon in 2017 eine eigene Wasserstoff-Wachstumsstrategie entworfen, da man sich nicht allein auf die Elektromobilität festlegen wollte. Bis 2030 will man durch staatliche Förderung 800 Tausend PKW und 5,3 Millionen Eigenheime mit der Energiequelle Wasserstoff ausgerüstet haben. Falls der Druck Richtung CO2-Reduktion weiterwachsen sollte und gleichzeitig die Preise für Brennstoffzellen deutlich fallen, so ist die potenzielle Marktgröße riesig: ein Großteil der Automobile, Eigenheime und letztlich auch der Industrieanlagen könnten eines Tages damit ausgestattet werden.

wallstreet:online: In einem Marktkommentar bezeichnen Sie „Nachhaltigkeit als die neue Macht der Finanzmärkte“. Was meinen Sie damit?
Richard Schmidt: Die Daten der letzten Jahre zeigen, dass der Klimawandel weit vorangeschritten ist und sich viele Entwicklungen wie der Anstieg des Meeresspiegels oder die zunehmende Verwüstung weiter Landstriche nicht mehr aufhalten lassen. Damit ist Nachhaltigkeit ganz oben auf der politischen Agenda angelangt. Über Vorgaben an die Finanzakteure, unter anderem an Assetmanager wie uns, wird versucht, die Geldströme so zu allokieren, dass mangelnde Nachhaltigkeit bestraft - also sehr teuer - wird. Da es für Unternehmen überlebenswichtig ist, günstig an Fremd- und Eigenkapital zu gelangen, spüren sie alle den Druck, ihre Produkte und ihr Unternehmen möglichst nachhaltig aufzustellen. Ein Beispiel für den gewachsenen medialen Druck ist der jüngste „Fall Siemens“, in welchem Siemens für einen relativ kleinen Betrag Signaltechnik für den Betrieb eines Kohlekraftwerkes in Australien liefert und dafür einen erheblichen Reputationsschaden in Kauf nehmen muss. Der Druck auf große CO2-Emittenten, wie Stahl- und Zementhersteller, schonendere (und damit teurere) Herstellungsmethoden einzuführen, wird ebenfalls weiter zunehmen.

wallstreet:online: Welche Maßnahmen unternimmt DJE Kapital AG um den firmeneigenen ökologische Fußabdruck zu verringern?
Richard Schmidt: Das Thema liegt uns seit langem am Herzen. Wir haben beispielsweise eine Projektgruppe eingerichtet, die sich fortlaufend mit Pro-Bono-Projekten zur Verbesserung der Nachhaltigkeit auch innerhalb von DJE beschäftigt. So haben wir die Vergrößerung unserer Firmenzentrale in Pullach bei München CO2-neutral geplant und durchgeführt, unser CEO kommt mit einem E-Auto zur Arbeit, unsere Kundenbesuche absolvieren wir zum überwiegenden Teil mit dem Öffentlichen Nahverkehr. Zudem gestalten wir unsere Meetings papierlos durch den Einsatz von Laptops und Tablets. Diese kleinen, aber bewusst eingeführten Schritte mit nachhaltiger Wirkung führen zu weiterer Achtsamkeit und wirken sich auch positiv auf unser Investitionsverhalten aus.

Das Interview führte Ferdinand Hammer, stellvertretender Chefredakteur bei wallstreet:online.

 


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