Ehrlich gesagt, muss ich gerade auch sehr die Zähne zusammenbeissen, wenn ich mir den Aktienkurs anschaue. Dabei frage ich mich dann, wieviel davon auf Wirecard bezogen real ist und ob ich besser aussteigen sollte.
Hier die Fakten:
- Gegenüber dem Vor-Corona Stand (ca. 145 Euro) hat Wirecard fast 5 Mrd. Euro Marktkapitalisierung verloren. Das entspricht in etwas dem 5-fachen des EBITDA für 2020!
- Wenn ich Wirecard mal mit einem Autohersteller wie VW vergleiche, reagiert Volkswagen auf Volumensrückgänge natürlich extrem empfindlich bei einer Bilanzsumme von 458 Mrd. und über 600.000 Mitarbeitern. Wenn die 10% Umsatz verlieren, verlieren die über 7 Mrd. Euro Ergebnis. Wirecard hat eine Bilanzsumme von 5,9 Mrd. und etwa 6.000 Mitarbeiter. Außerdem haben Automobilhersteller ohnehin gerade so ihre liebe Not mit dem Übergang in die E-Mobilität. Dass also Unternehmen mit hohen Fixkosten sehr empflindlich reagieren, kann ich verstehen. Bei Wirecard tue ich das nicht. Und außerdem verliert Wirecard keinen Umsatz, sondern der Umsatz steigt eventuell nicht so schnell wie geplant. Das ist ein Unterschied. Trotzdem hat Wirecard seit dem 14.02.20 (Corona Panik) schlechter abgeschnitten wie Volkswagen.
- Das Geschäftsmodel von Wirecard ist mehr wie intakt und das Wachstum auch. Die Weltbevölkerung steigt auch mit Corona weiter auf 11 Mrd. in 2050. Wenn man sich mal den privaten Konsum in Deutschland anschaut (Quelle: Statista) war der im Jahr der Finanzkrise nur leicht rückläufig. 2007: 1.312 Mrd. - 2008: 1.343 - 2009: 1.341 - 2010: 1.373.
- Krisen können disruptive Veränderungen beschleunigen. Das kann zum Vorteil von Wirecard sein. Wegen des rückläufigen Konsums, müssen sich Händler überlegen, wie sie das Käufererlebnis verbessern. Der Online-Handel dürfte auch zulegen. Der allgemeine Trend zum bargeldlosen Bezahlen könnte sich noch beschleunigen. Außerdem wird stärker auf Prozess-Produktivität geachtet.
- Wirecard war ohnehin 20-30% unterbewertet. Beides geht eigentlich nicht, Umsatzrückgang wegen Corona und Umsatzrückgang, wegen Gerüchten über die Abwicklung von Porno-Payments, falschen Zitaten vom CEO, Vorgängen von 2017 und davor, Anzeigen von irgendwelchen Anwältsvereinen. Das ist dem Markt dann auch egal, wenn eh' alle in Corona-Panik sind. Ist also ein Double-Dipping von Risiken.
- Das Wachstum der Weltwirtschaft könnte in der Folge von Corona von 2,9% auf 2,4% zurückgehen. Realistischer ist vermutlich ein Rückgang auf 1,5%. Wird immer als Halbierung dargestellt. Ist aber keine Halbierung der Weltwirtschaft, sondern eine Halbierung des Wachstums. Aber wem sage ich das. Ihr kennt das ja mit den Überschriften.
Natürlich habe ich auch keine Glaskugel und weiß nicht, ob jetzt noch ein Armageddon kommt. Da habe ich aber gerade keine Anzeichen dafür, weswegen mein Schluß gerade ist, nicht zu verkaufen. Auch wenn es noch weh tun könnte. Kurzfristig jedenfalls. Langfristig glaube ich das nicht, weil vermutlich in ein paar Monaten Therapeutika auf den Markt kommen und dann in 12 Monaten eine Impfung. Sagt mir die Glaskugel, die ich ja eigentlich gar nicht besitze.