PRÄSENZ AUSBAUEN
Plant Amazon wirklich, Teile der insolventen Toys'R'Us zu übernehmen?
20.03.2018 17:00:27
Amazon soll kürzlich Interesse an der Übernahme von Teilen der insolventen Spielwarenkette Toys'R'Us bekundet haben - an dem Kerngeschäft soll der Online-Handelsriese aber nicht interessiert sein.
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"Tieftrauriger Tag" bei Toys'R'Us
Bereits im September letzten Jahres musste die US-amerikanische Spielwarenkette Toys'R'Us Insolvenz anmelden. Toys'R'Us hatte zuvor lange versucht, mit Konkurrenten wie Amazon oder dem Einzelhandelsriesen Walmart mitzuhalten. Dem Preiskampf konnte der Spielwarenhändler aber nicht lange standhalten - Toys'R'Us ist gescheitert. Doch der enorme Druck der Konkurrenz ist nicht der einzige Grund. Kinder und Jugendliche interessieren sich zunehmend für Smartphones und Computer, weniger für klassische Spielwaren. Hinzu kam ein Schuldenberg in Milliardenhöhe sowie eine hohe Anzahl renovierungsbedürftiger Filialen. Auch die Tatsache, dass immer mehr Menschen online einkaufen, anstatt in die Filialen zu gehen, setzte der Spielwarenkette zu.
Letzte Woche kündigte Toys'R'Us daher an, die US-Aktivitäten einzustellen und auch die Geschäfte in Großbritannien schließen zu müssen. Es sei dem Konzern seit der Insolvenz nicht gelungen, einen Investor für die Sanierung der angeschlagenen Spielwarenkette zu finden. Konzernchef Dave Brandon berichtete, es fehle die finanzielle Unterstützung, um die Geschäfte noch länger fortführen zu können. "Dies ist ein zutiefst trauriger Tag für uns, aber auch für die Millionen von Kindern und Familien, an die wir in den letzten 70 Jahren Spielzeug verkauft haben", so Brandon weiter.
"Toys'R'Us - das war magisch für Kinder. Du gingst rein und da war Musik und Lichter blinkten […]. Es fühlte sich fast so an, als würde man in eine Mini Disney World gehen", erinnert sich auch Stephanie Wissink, Analystin bei der US-amerikanischen Investmentbank Jefferies.
Ist ein Teil der Handelskette noch zu retten?
Die Filialen in Kanada, Asien sowie Europa sollen allerdings noch nicht von der Pleite betroffen sein - dort werde aktuell nach einem Ausweg aus der Krise gesucht. Gerade die Geschäfte in Kanada seien noch um einiges besser aufgestellt als jene in den USA. Die Spielwarenkette hat daher noch die Hoffnung, dass jemand das Kanada-Geschäft kaufen und eventuell sogar einige der Standorte in den USA von Kanada aus weiter betreiben könnte.
"Bloomberg" zufolge soll eine Investmentgruppe um Isaac Larian, Gründer der "toymaker MGA Entertainment Inc.", bereits ein Übernahmeangebot für das kanadische Geschäft abgegeben haben. Es sei nicht ausgeschlossen, dass sie auch einige Geschäfte in den USA weiterhin betreiben würden, berichtet Larian. Er zeigte sich betroffen, nachdem er von der Schließung der Filialen erfuhr: "Es ist eine große Sache. Es ist wirklich traurig. Ich habe mein erstes Spielzeug 1979 an Toys'R'Us verkauft."
Amazon will Präsenz im stationären Handel ausbauen
Nach der Bekanntgabe der insolventen Spielwarenkette, die Aktivitäten in den USA einstellen zu müssen, soll Amazon die Möglichkeit geprüft haben, sich zu erweitern, indem der Online-Handelsriese einige der Ladengeschäfte übernimmt. Amazon habe kein Interesse daran, die Marke Toys'R'US am Leben zu halten, der Konzern wolle vielmehr die frei werdenden Räume für eigene Zwecke nutzen, so einige Quellen, die unbekannt bleiben wollen. Der Aufkauf der Geschäfte würde Amazon ermöglichen, seine Offline-Präsenz auszubauen. Auf diese Weise könnte das Unternehmen beispielsweise den Amazon Echo besser präsentieren, denn die Vorteile dieses sprachgesteuerten Lautsprechers ließen sich in realer Umgebung besser demonstrieren, meint "Bloomberg". Zudem biete dies die Möglichkeit, einige Lager näher an den Kunden zu positionieren. Dadurch könnte eine schnellere Lieferung gewährleistet werden.
Bereits im Juni des vergangenen Jahres hatte das Unternehmen mit Sitz in Seattle die Biosupermarkt-Kette "Whole Foods Market" für rund 14 Milliarden US-Dollar aufgekauft, um die physische Präsenz in den USA zu verstärken.
Sowohl Amazon als auch Toys'R'Us lehnten bislang jedoch eine Stellungnahme ab.
Redaktion finanzen.net
Bildquellen: Bob Levey/Getty Images