Quelle : Handelsblatt 04.04.2018
Die billigsten Aktien der Welt
Gazprom ist das größte Schnäppchen
Der russische Energieriese Gazprom ist zwar sehr günstig, steht aber unter staatlicher Kontrolle. Quelle: dpa
Von solchen Zuwächsen können andere Unternehmen nur träumen: Der russische Gaskonzern Gazprom rechnet für das abgelaufene Jahr mit einer Gewinnsteigerung von 25 Prozent. Unter dem Strich dürfte das Unternehmen 31 Milliarden Euro verdient haben. Und auch im neuen Jahr sind die Aussichten gut. Analysten halten die Aktie des erfolgreichen Unternehmens deshalb für stark unterbewertet. Tatsächlich sind die Papiere mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis von 0,6 und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 3,5 nicht nur historisch preiswert, sondern auch billiger als die Anteilsscheine aller anderen Großkonzerne der Welt.
Ein Grund für die Skepsis vieler Anleger gegenüber Gazprom ist die Skepsis gegenüber Russland. Zwar hat Ministerpräsident Wladimir Putin das Land in den vergangenen Jahren stabilisiert. Aber die jüngsten Proteste der Opposition und die Spannung vor der Präsidentenwahl im März beunruhigen die Anleger.
Ein weiterer Faktor ist die staatliche Kontrolle, der Gazprom untersteht. Russland finanziert über die Einnahmen des Gasriesen seinen Staatshaushalt. Gazprom ist hochprofitabel, aber die Aktionäre haben nur wenig davon. Bis 2006 schüttete Gazprom überhaupt keine Dividende aus. Der Konzern wird bis heute wie eine Behörde verwaltet, nicht wie ein Unternehmen geführt. Die Interessen von Minderheitseignern spielen bei der Firmenstrategie kaum eine Rolle.
Außerdem ist Gazprom, wie andere russischen Firmen auch, wenig transparent. So gibt die Eigentümerstruktur bei der als kremlnah geltenden sibirischen Surgutneftegaz Rätsel auf. Sogar über eine Beteiligung Putins wurde spekuliert. Es sind solche Unklarheiten, die letztlich zu Bewertungsabschlägen führen. Vor allem milliardenschwere Pensionsfonds meiden solche Unternehmen.
Das heißt aber auf der anderen Seite: Gazprom ist ein Schnäppchen an der Börse. Zumindest für all jene Anleger, die die politischen Risiken für beherrschbar halten und davon ausgehen, dass Gazprom auch in Zukunft seine Milliardengewinne erwirtschaften darf, ohne komplett verstaatlicht zu werden.