Commerzbank: Rote Zahlen und wenig Hoffnung
Mit viel Glück kann die Commerzbank für das Jahr 2008 rote Zahlen vermeiden. Doch die vielen Baustellen in Deutschlands zweitgrößter Bank dürften erst 2009 richtig zu Buche schlagen: So muss die im Sommer gekaufte Dresdner Bank integriert werden und die Rezession tut ihr Übriges. Immerhin gibt es für Konzernchef Blessing einen kleinen Trost.
FRANKFURT. "2009 wird für die Commerzbank nicht einfach", urteilt Bankenexperte Dirk Becker von Kepler Capital Markets.
Womöglich auch deshalb wird Commerzbank-Chef Martin Blessing bei der Vorlage der Zahlen am Mittwoch auf die traditionelle Bilanz-Pressekonferenz verzichten. "Eigentlich müsste er der Öffentlichkeit doch Rede und Antwort stehen", sagt ein Frankfurter Banker mit Blick auf die 18,2 Mrd. Euro Kapital, die die Bank vom Staat erhalten hat. Immerhin: Im Mai, wenn die Zahlen von Commerzbank und Dresdner vereinheitlicht sind, will Blessing dies nachholen.
Für 2008 erwarten Analysten laut Thomson Reuters bei der Commerzbank nach einem rabenschwarzen Schlussquartal im Schnitt gerade noch einen Gewinn von 57 Mio. Euro - wobei einige auch dreistellige Millionenverluste prophezeien. "Man hat sicherlich versucht, viele der Probleme noch ins alte Jahr zu packen", mutmaßt Manfred Jakob von SEB. Nach der Pleite von Lehman Brothers Mitte Mai gibt es kaum eine Bank, die nicht unter den drastischen Wertminderungen in nahezu allen Anlageklassen gelitten hat. Dies belegen auch die Milliardenverluste bei Deutscher Bank, Credit Suisse und UBS.
Bei der Commerzbank sind aber auch für 2009 die Aussichten nicht rosig. Da sind zum einen die Integrationskosten für die Dresdner Bank, die bei insgesamt zwei Mrd. Euro liegen sollen. Gleichzeitig stellen sich immer mehr Analysten die Frage, ob die auf fünf Mrd. Euro taxierten Einsparungen nicht zu optimistisch sind. "Die Synergieschätzungen sind zu hoch", heißt es etwa in einer Studie von Morgan Stanley. Schon jetzt wird daher in der Branche über weitere Stellenstreichungen spekuliert.
Operativ wird es ebenfalls schwieriger. So mindert die Abgabe des Vermögensverwalters Cominvest die Erträge. Vor allem aber wird die Bank die Rezession spüren. "Wir werden künftig in der Branche massiv steigende Ausfallraten bei Unternehmenskrediten haben, wenn sich die wirtschaftliche Lage nicht bessert", warnte Blessing erst vor wenigen Tagen. Betroffen sind alle Bereiche: Privatkunden, Mittelstandsgeschäft, Osteuropa, Schiffs- und Immobilienfinanzierung. Hinzu kommen bei der Eurohypo die Altlasten in der Staatsfinanzierung.
Immerhin gibt es einen Trost für Blessing. Die Postbank, die einen Tag nach den Frankfurtern ihr Zahlenwerk präsentiert, könnte 2008 noch weitaus größere Verluste geschrieben haben. Hier liegt der Marktkonsens bei einem Fehlbetrag von gut 800 Mio. Euro. Unicredit-Analyst Andreas Weese geht alleine für das vierte Quartal von Lasten im Zuge der Finanzkrise in Höhe von gut einer Mrd. Euro aus. Grund dürfte zum einen die Trennung von Aktienbeständen sowie weitere Abschreibungen auf strukturierte Produkte sein.
Experten gehen davon aus, dass die jüngsten Bilanzierungserleichterungen der Bank dennoch geholfen haben, ihre Kernkapitalquote (Tier 1) über sieben Prozent zu halten. Weil sich die Kapitalanforderungen jedoch branchenweit deutlich erhöht haben, zweifelt manch einer, ob das auf Dauer ausreicht. "Ich gehe davon aus, dass die Postbank 2009 rekapitalisiert werden muss", prognostiziert etwa Kepler-Experte Dirk Becker.
Quelle: Handelsblatt.com