Schauen wir mal, ob die FTX-Nummer den nötigen Schwung in die Sache bringt. Die genannten Beträge sind ja nicht ganz ohne.
Ich sehe es auch so, dass sich am Ende jeder selbst der nächste sein wird. Einigkeit, gemeinsame Schadensbegrenzung und interne Deals kann ich mir solange gut vorstellen, wie es eine Möglichkeit gibt, dass alle noch mit einem blauen Auge davon kommen. Wenn es richtig knallt, muss sich jeder um seine eigene Haut kümmern. Das eine sind die finanziellen Folgen, aber es stehen ja auch strafrechtliche Konsequenzen im Raum. Dann gibt es keine Freunde mehr, auch nicht in der Regierung und Verwaltung, und wer kann, haut auf die anderen drauf. Auch wenn man heute noch gemeinsam diniert.
Ich erinnere dabei an den sogenannten Abgasskandal. Wie man im Nachhinein festgestellt hat, hatten alle bedeutenden europäischen Autobauer "getrickst". Eigentlich nicht verwunderlich, denn auch da kannte man sich untereinander, Mitarbeiter sind auch mal von A nach B gewechselt und man hatte die gleichen Zulieferer, von denen zumindest Bosch mittendrin war. Inwiefern man bei Verbänden und in der Politik im Bilde war, weiß man nicht. Jedenfalls war der Dieselmotor seit den späten 90ern aufgrund von Verbrauch, Drehmoment und Haltbarkeit der Heilsbringer und die Abgasnormen wurden ja auch immer erfüllt. Plötzlich wurde er sogar in Nordamerika verkäuflich. Die Welt war in Ordnung, den Unternehmen ging es gut, der Fiskus profitierte, es war ein Jobmotor und mit alledem konnte sich auch die Politik ganz gut schmücken. Und die Presse konnte schöne Erfolgsberichte schreiben.
Doch dann wurde nachgegrast und ein Ansatzpunkt gefunden, weil die Individualmobilität mittels Verbrenner gewissen Leuten ohne großen Einfluss ein Dorn im Auge war. Die Maschinerie kam in Gang und als erstes hatte man VW im Visier. Und genau da musste jetzt jeder seine Haut retten. Intern gab es einen Rundumschlag, der die Vorstände Winterkorn und Stadler vors Gericht brachte und hervorragende Entwickler den Job kostete. Nach außen gab man sich reumütig lies sich auf irre Schadenersatzzahlungen und Revisionskosten ein und schwor alles auf die Neuausrichtung in Elektro ein, koste es, was es wolle. Und die Presse konnte nun auch noch draufhauen.
Die Konkurrenten, die um ihr eigenes Fehlverhalten wussten, waren plötzlich ganz ruhig, aber vermieden es, mit dem Finger auf andere zu zeigen, damit es keinen Boomerangeffekt gibt. Aber überall gab es plötzlich Rückrufe und interne Betriebsamkeit. Verbände und Organisationen im automobilen Umfeld waren plötzlich auch nicht mehr als Interessenvertreter erkennbar. Und die Politik, die sich bisher im Licht der Automobilindustrie gesonnt hat, forderte nun schonungslose Aufklärung nebst Konsequenzen und später dann, dass sich die Hersteller zukunftsfähig aufstellen. Da gab es keine Deckung mehr, auch nicht, obwohl das Land Niedersachsen zu 20% an VW beteiligt ist und einen Platz im Aufsichtsrat besetzt. Das alles kostete die Unternehmen inkl. Zulieferer Unsummen und auch viele Arbeitsplätze wurden gestrichen.
Was ich damit sagen will: Es ging ans Eingemachte, aber noch nicht um die pure Existenz. Im Fall der HFs ist die Existenzbedrohung sehr viel wahrscheinlicher, wenn es überkocht.
Ich bin heute noch der Auffassung, dass es hätte anders ausgehen können, wenn man in der Branche gemeinsam das verteidigt hätte, woran man sehr lange sehr gut verdient hat. Alle in einem Boot hätten die Möglichkeit gehabt, klar Stellung zu beziehen und trotz etwas Reue die Vorzüge rauszuarbeiten sowie natürlich Besserung zu geloben, um ähnlich weiterzumachen, womit man auch weniger Geld und Reputation verloren hätte. Ich habe aber keinen gehört, der gesagt hat: "ja, wir haben Fehler gemacht, aber jetzt gibt es auch mal Grenzen", Trotz aller Lobbyarbeit lies man sich alles bieten. Und das alles, obwohl der Automobilbau im Gegensatz zum Shorthandel eine ernsthafte Relevanz hat. Aus den Musterknaben wurden Schwerverbrecher, zumindest in der Wahrnehmung. Insgeheim war jeder froh, dass VW die erste Welle abgekriegt hat und alle anderen wollten die eigenen Hände reinwaschen. Diese Automobilhersteller gibt es alle heute noch, der Skandal reichte also nicht, um einen zu Fall zu bringen, wie es die Initiatoren gerne gesehen hätten. Und dennoch war eine Einigkeit der Gleichgesinnten nicht zu sehen. Jeder dachte an seine eigene Haut. Das wird nicht weniger, wenn es gefährlicher wird.
PS: Ich will keine Grundsatzdiskussion zum Abgasskandal oder zur Individualmobilität initiieren und trotz der Erkennbarkeit von Parallelen liegt es mir fern, ein Unternehmen wie VW auf die gleiche Kellertreppenstufe wie Citadel zu stellen.