Donnerstag, 16.05.2019 18:00 von Klaus Stopp | Aufrufe: 301

US-Bürger zahlen einen Teil der Zeche im Handelsstreit

Qualitätsmedien verstehen es abzuwägen und sämtlichen Möglichkeiten auf den Grund zu gehen - auch der Variante, inwieweit D. T., der Unberechenbare, im Handelsstreit mit China Recht haben könnte. Daher räsonieren Handelsblatt, FAZ, Spiegel oder SZ, genauso wie die Kapitalmärkte, derzeit über die Frage, ob sich Strafzölle auf Importe für die USA doch lohnen könnten. Schließlich gilt nach der gängigen Lehrmeinung, dass Freihandel am Ende allen Beteiligten zugutekommt. Doch in den USA boomt die Wirtschaft, im 1. Quartal 2019 gab’s ein Plus von mehr als 3%. Die Arbeitslosigkeit ist auf den niedrigsten Stand seit 50 Jahren gesunken. Die Firmen produzieren an der Kapazitätsgrenze.

Strafzölle schlagen zu Buche

Gilt also die Lehrmeinung nicht für Volkswirtschaften wie die USA, die über einen riesigen Binnenmarkt verfügen? Vielleicht ist das so auf den ersten Blick. Aber bei näherem Hinsehen stellt sich heraus, dass die US-Bürger bereits heute die Zeche für Trumps „America First"-Politik mitbezahlen. So hat eine Studie des Unternehmerverbands US-China Business Council ergeben, dass die im vergangenen Jahr verhängten Strafzölle jeden US-Bürger bereits 213 USD gekostet haben. Dieser Wert dürfte mit neuen Zöllen noch deutlich steigen. Experten schätzen, dass der Zollstreit eine Durchschnittsfamilie in den USA bis zu 1.000 USD im Jahr kosten könnte. Als weiteres Risikopotenzial kommt hinzu, dass nahezu eine Million US-Arbeitsplätze vom Handel mit China abhängen.

Farmer bekommen Zollstreit zu spüren

Insbesondere die US-Farmer, ein klassisches Wählerklientel für Trumps Republikaner, bekommen die Auswirkungen des Zollstreits zu spüren. Denn erstmals seit dem Jahr 2008 ist der Sojabohnenpreis unter die Marke von 8 USD gefallen. Damit liegt der Preis unter dem Wert von 8,40 USD, mit dem die University of Iowa die Herstellungskosten ansetzt. Neben der Landwirtschaft leiden mit Blick auf deren Börsenwert auch andere US-Branchen wie Industrie, Bauwesen und Elektronik unter dem Konflikt, die vom China-Handel abhängen. Dass Trump angesichts fallender Börsen auch noch den Satz sagte „Ich finde, das läuft wirklich gut", klang da manchem Aktionär schon wie Hohn in den Ohren. Der Präsident hatte hier auf Milliardengewinne angespielt, welche die USA durch die Zölle auf chinesische Waren verdienen würden. In diesem Zusammenhang verheimlicht er allerdings, dass eigentlich die US-Bürger wegen der durch den Zollstreit verteuerten Waren dies bezahlen und nicht die Chinesen. Diese verzichten lediglich zur Kompensation der Zusatzzölle auf etwas Marge.

Das scheint den US-Präsidenten allerdings alles in keinster Weise zu interessieren. So hat er inzwischen wieder nachgelegt und in Bezug auf den Bereich Telekommunikation den nationalen Notstand ausgerufen.

Wink mit dem Zaunpfahl aus Peking

Und dass China nicht wehrlos ist, sei hier auch erwähnt. Mit einem Bestand von rund 1,1 Bill. USD ist das Reich der Mitte, neben der Fed, der größte Gläubiger von US-Anleihen. Nur mal angenommen, China würde keine US-Bonds mehr kaufen, dann könnte Washington ein Refinanzierungsproblem bekommen. Was dann passieren würde, konnte man in der vergangenen Woche bei der Auktion der 10-jährigen T-Notes beobachten. Die Nachfrage war nämlich so gering wie zuletzt vor 10 Jahren. Und aus den jüngsten Daten des US-Handelsministeriums geht hervor, dass sich China im März von US-Bonds im Wert von 20,4 Mrd. USD trennte, so viel wie seit dem Jahre 2016 nicht mehr. Es ist ein Schelm, der Böses dabei denkt. Aber Washington wäre gut beraten, diesen Wink mit dem Zaunpfahl aus Peking richtig zu deuten. Schließlich galt seit Jahren so etwas wie ein unausgesprochener Deal: Die Chinesen kaufen US-Bonds und die Amerikaner deren Waren.

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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