Donnerstag, 27.06.2019 21:00 von Klaus Stopp | Aufrufe: 685

Risiken bleiben – trotz Zinssenkungsphantasien

Es ist kein Wunder, dass die Unternehmensführer im Lande schlechte Laune haben. Angesichts des Handelsstreits und der damit verbundenen Strafzölle, dem Brexit oder dem Konflikt zwischen den USA und dem Iran sind die Konjunkturerwartungen in den Unternehmen weiter gesunken. Dies spiegelt sich im Ifo-Geschäftsklimaindex wider, der im Juni auf 97,4 Punkte und damit zum dritten Mal in Folge gefallen ist. Die Stimmung in den deutschen Chefetagen habe sich weiter abgekühlt, lautet daher das Resümee von Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Johnson spaltet Großbritannien

Da ist zunächst der unrühmliche Streit der Briten um den Brexit, der nach der Ankündigung des bevorstehenden Rücktritts von Premierministerin Theresa May alles andere als entschärft ist. Zu sehr polarisiert ihr aussichtsreichster Nachfolger, Boris Johnson, die Gesellschaft. Während er für die einen eine Art Messias ist, stellt er für die anderen eine latente Provokation dar. Johnson verspricht den EU-Austritt zum 31. Oktober – ob mit oder ohne Deal. Dass Großbritannien unter May bereits einen Deal mit der EU ausgehandelt hat, ignoriert er einfach, indem er das im Parlament mehrfach abgelehnte Abkommen für tot erklärt. Und dennoch gibt er vor, auf Kooperation mit der EU zu setzen, um gleich hinterherzuschieben, keine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland einrichten zu wollen.  Wie das mit einem EU- und einem Nicht-EU-Mitglied gehen soll, darüber schweigt er sich freilich aus.

Handelskonflikt zwischen den USA und China als größtes Risiko

Als größtes Risiko für die Weltwirtschaft aber gilt nach wie vor der Handelskonflikt zwischen den USA und China. Wie sich dieser entwickeln wird, ist noch offen. Immerhin hat am Mittwoch die Aussage des US-Finanzministers Steven Mnuchin, wonach der Deal mit China zu 90% fertig sei, die Aktienmärkte einen kleinen Freudensprung machen lassen. So erwartet das Ifo-Institut für die deutsche Wirtschaft auch keine Rezession. Und das obwohl für das laufende Quartal mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung gerechnet wird, nachdem das deutsche Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März noch um 0,4% zugelegt hatte. Gemildert wird der Rückgang sicherlich durch die noch - insbesondere in der Bauindustrie - prall gefüllten Orderbücher.

Es droht ein Schattenkrieg zwischen den USA und dem Iran

Gefahren für die Weltwirtschaft gehen auch von dem Konflikt zwischen den USA und dem Iran aus. Nachdem D. T., der Unberechenbare, kurzfristig doch vor einem Militärschlag zurückgeschreckt war, wird es eng, was seine Handlungsoptionen angeht. Ungeachtet des Drucks, den Washington ausgeübt hat, will Teheran seine Uranproduktion erhöhen – über das Maß des Atomabkommens hinaus, das die USA gekündigt haben. Dagegen setzt Trump auf neue Sanktionen, die Teheran wieder an den Verhandlungstisch zwingen sollen. Ob diese Rechnung wirklich aufgehen wird, muss angesichts der Weigerung des Irans, mit den USA überhaupt zu verhandeln, bezweifelt werden. Dagegen scheint der Konflikt in eine Art Schattenkrieg abzugleiten, wie es manche Beobachter nennen. Dazu zählte ein Cyberangriff der Amerikaner auf die Computersysteme der iranischen Revolutionsgarden, die für den Abschuss einer US-Drohne verantwortlich gemacht werden. 

Fehlende Alternativen beflügeln Aktienmärkte

Dass trotz dieser Risiken zumindest die Aktienbörsen in guter Laune sind, ist mit fundamentalen Daten kaum erklärbar. Vielmehr ist es auch hier eine Frage der fehlenden Alternativen. Denn am Markt gibt es so viel Liquidität, die angesichts des extrem niedrigen Zinsniveaus eben an den Aktienmarkt drängt – erst recht, nachdem sowohl Fed als auch EZB die Zinssenkungsphantasien neu entfacht haben.

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: www.bondboard.de/Newsletter/Disclaimer


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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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