Donnerstag, 14.06.2018 18:30 von Klaus Stopp | Aufrufe: 214

Parlament in London hat Angst vor eigener Courage

Noch am Vortag hatte man für Theresa May ein Desaster erwartet. Nun hat die Angst vor einer schwachen Regierung dafür gesorgt, dass die britische Premierministerin noch einmal davongekommen ist. So hat das Parlament in London mit knapper Mehrheit darauf verzichtet, die Kontrolle über die künftigen Brexit-Verhandlungen an sich zu reißen. Um ausreichend proeuropäische Abgeordnete aus der eigenen Fraktion auf ihre Linie zu bringen, musste May offenbar zugestehen, wesentliche Forderungen der Tory-Rebellen in einer späteren Phase des Gesetzgebungsverfahrens zu berücksichtigen.

Wäre dem Änderungsantrag zur Withdrawal Bill stattgegeben worden, hätte es den Abgeordneten mehr Einfluss auf den Verlauf des EU-Austritts gegeben. May hätte sich dann das EU-Austrittsgesetz vom Parlament bis 30. November absegnen lassen müssen. Bei einer Ablehnung hätten dann die Abgeordneten die Regierung sogar auffordern können, erneut mit Brüssel zu verhandeln.

Der Gesetzentwurf über das EU-Austrittsgesetz wird derzeit im Ping-Pong-Spiel so lange zwischen Oberhaus und Unterhaus hin und her geschoben, bis sich beide Häuser auf einen gemeinsamen Wortlaut einigen können. Schon am kommenden Montag, wenn der Gesetzentwurf wieder im Oberhaus liegt, wird man sehen, ob May mit ihren Zugeständnissen Wort hält. Damit ist rund zehn Tage vor dem EU-Ratsgipfel noch nicht erkennbar, wie man das Grenzproblem zu Nordirland lösen kann.

Doch nicht nur hier rächt sich die verspielte Zeit. Insbesondere Unternehmen können nicht nachvollziehen, dass sie zwei Jahre nach dem Brexit-Votum immer noch keine Klarheit darüber haben, wie das künftige Verhältnis zur EU aussehen soll. Die Frustration in seiner Branche nehme täglich zu, klagt ein Vertreter der Transportindustrie. Da viele Unternehmen es ohnehin nicht mehr schaffen, sich bis zum Austrittstermin am 29. März 2019 entsprechend vorzubereiten, holen sie ihre Notfallpläne aus der Schublade. Für den Hafen in Dover mag aber selbst das nicht viel nützen. Denn dort befürchtet man Rückstaus bei der Abfertigung und Zollkontrolle von LKWs von 30 Kilometern Länge.

Nicht von Ungefähr hat inzwischen Paris London als Europas führendes Ziel für Direktinvestitionen abgelöst. Wie eine Studie der Wirtschaftsberatung von Ernst & Young (EY) ergab, sei dies eine Folge des geplanten EU-Austritts und der Wirtschaftsreformen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zur Liberalisierung des französischen Arbeitsmarktes. Paris liegt demnach erstmals in den Befragungen vor London. Berlin kam in dem Ranking auf Platz drei, Frankfurt folgt an vierter Stelle.

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Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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