Die EU-Kommission ist gut beraten, wenn sie ihr Augenmerk nicht nur auf die Verhandlungen mit London richtet, sondern sich schon jetzt auf einen erneuten Haushaltsstreit mit Italien vorbereitet. Denn Italien kommt wirtschaftlich nicht voran und die Wirtschaftsleistung ist in keinem anderen Land der Eurozone so rückläufig wie in Italien. Wie die Tageszeitung „Sole 24 Ore“ berichtet muss Rom seine Konjunkturprognose drastisch senken, und zwar von 1,0% auf 0,1%. Damit wird auch die mit der EU vereinbarte Neuverschuldung von 2,04% nicht zu halten sein. Vielmehr rechnet man in Rom dem Bericht zufolge mit rund 2,3%.
Im Rahmen des Haushaltsverfahrens muss Rom schon bald seine Etatpläne für die Jahre 2020 und 2021 vorlegen. Da die Prognosen der EU-Kommission und der Regierung in Rom nicht annähernd gleich sind, sondern sich dramatisch voneinander unterscheiden, erwartet der Vize-Chef der EU-Kommission, Valdis Dombrovskis, schwierige Verhandlungen.
China springt zur Seite
Wie uneinsichtig Rom zurzeit agiert, verdeutlicht auch die Tatsache, dass Rom als bisher einziges G7-Land in das Projekt „neue Seidenstraße“ eingebunden wurde. Die dabei unterzeichneten Vereinbarungen mit einem Gesamtvolumen von mehreren Milliarden Euro, unter anderem für den Bau von Stahlfabriken in China oder den Export von Landwirtschaftsprodukten wie Orangen und Schweinefleisch sind ein willkommenes Konjunkturprogramm für Italien. Umgekehrt steckt Peking insbesondere in die Häfen von Genua sowie Triest eine Menge Geld und erweitert mit dem Projekt seinen wirtschaftlichen aber auch politischen Einfluss.
Dabei könnte man angesichts der Schuldensituation Italiens auch auf die Idee kommen, dass sich hier ein Muster wiederholt, das man bereits von Griechenland kennt. Im überschuldeten Hellas hatte sich China unter anderem 51% des Athener Hafens Piräus gesichert. Und nun nützt Peking auch die Situation des wirtschaftlich angeschlagenen Italiens aus, um seine geostrategische Expansion fortzusetzen.
Befürchtungen nicht nur im restlichen Europa
Ob dies am Ende allen Beteiligten nutzen wird oder Italien sich in eine Abhängigkeit von China begibt, wird sich schon bald zeigen. Befürchtungen gibt es jedenfalls nicht nur im restlichen Europa. Auch Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella hat von Peking gefordert, das Abkommen dürfe keine Einbahnstraße sein. Die Regierung in Rom aber gibt sich demonstrativ unbeeindruckt – auch gegenüber den skeptischen Tönen in der EU.
Im anstehenden Europa-Wahlkampf wird Italien sein wahres Gesicht zeigen und es ist zu befürchten, dass Rom einem vom Brexit geschwächten Europa Zugeständnisse abringen wird.
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