Freitag, 29.03.2019 18:15 von Klaus Stopp | Aufrufe: 453

China kann für die Finanzmärkte zum Problem werden

Mit der vielfach romantisierten Seidenstraße, ohne die ein Stoff-, Gewürz- und Opiumhandel nicht möglich gewesen wäre, hat das chinesische Projekt gleichen Namens nicht mehr viel zu tun. Bezeichnenderweise ist es China, das dieses Vorhaben nach seinen Vorstellungen vorantreibt. Gemäß dem Motto: „Wer zahlt, schafft an“ hat man schon rund 200 Mrd. € in weltumspannende Standorte gesteckt – unter anderem in den Ausbau von Häfen und Straßen in Pakistan sowie Afrika, um die Vertriebswege neu zu strukturieren. Die nötigen Devisenreserven für ein solches Projekt hat das Reich der Mitte durch seine Handelsüberschüsse angehäuft. Und jetzt baut Peking - zum Leidwesen von Hamburg und Rotterdam - im Süden Europas die italienischen Häfen Triest und Genua aus, was den Seeweg nach Europa um fünf Tage verkürzt.

Bestimmt Europa nicht mehr die Regeln?

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der gerne auch mal in größeren Zusammenhängen denkt, erachtet die neue Seidenstraße als eines der wichtigsten geopolitischen Konzepte der letzten Jahrzehnte. Seines Erachtens würde das Projekt in einigen Regionen sicherlich für Stabilität sorgen, aber hegemonistisch sei es allemal. Daraus spricht die Furcht, dass die Seidenstraße eine Dynamik entfalten könnte und man auf dem eigenen Kontinent nur noch eine untergeordnete Rolle spielen würde. Deshalb haben Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bei dem Besuch von Chinas Präsident Xi in Paris versucht, die gemeinsamen europäischen Interessen zu vertreten. Schließlich wäre eine aktivere, gemeinsame Rolle der Europäer angesichts der „neuen Seidenstraße“ wünschenswerter als dass die einzelnen europäischen Staaten um chinesische Gelder konkurrieren. Denn sollte es gelingen, gegenüber China als Partner auf Augenhöhe aufzutreten, könnte man gegebenenfalls die Seidenstraße dazu nutzen, einen Gegenpol zur protektionistischen Politik von D. T., dem Unberechenbaren, aufzubauen. Es geht also darum, die Seidenstraße als Chance zu erkennen. Und in diesem Zusammenhang hat Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian noch ein weiteres Argument angeführt: Man kann nicht gegen die Erderwärmung kämpfen, ohne China auf seiner Seite zu haben.

Der Geist der Schuldenkrise

Doch China wäre nicht China, wenn es nicht seine eigenen Beweggründe für ein solches Projekt hätte. Denn infolge des immer noch schwelenden Handelskrieges mit den USA, ist China auf der Suche nach neuen Handelspartnern. Dadurch kann man gegenüber den USA gefestigter auftreten und mit einer guten Konjunkturauslastung schwindet die Gefahr einer neuen Schuldenkrise, die aufgrund des gewaltigen Kreditberg Chinas droht. Nachdem Peking das rückläufige Wachstum der Wirtschaft durch eine monetäre und steuerliche Lockerung befeuert hat, gaben die Banken des Landes Kredite in Rekordhöhe aus, was den Schuldenberg auf 34 Bill. USD anwachsen ließ. Beobachter sprechen von einer regelrechten Schuldensucht. Daraufhin wurde eigens eine Kampagne gegen die Überschuldung von Staatsbetrieben und Lokalregierungen gestartet, die teilweise zwar erfolgreich war, aber gleichzeitig dem Wachstum schadete. Vielleicht muss man sich an bescheidenere Wachstumsziele gewöhnen, die für 2019 immerhin noch zwischen 6% und 6,5% liegen dürften.

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Baader Bank AG
Klaus Stopp ist Head of Market Making Bonds bei der Baader Bank AG. Baader betreut an den Börsenplätzen Berlin, Frankfurt und München u.a. den Handel mit Anleihen und betreut Deutschlands führende Anleihen-Website Bondboard.
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