...geb hier aber mal meine Sichtweise zum Besten. Zunächst mal zum KPMG-Bericht: alles spricht dafür, dass es der Konzernleitung an Professionalität mangelt. Offenbar hatten Braun und Co. keine Ahnung, was eine forensische Prüfung bedeutet - und woran es in der Buchführung bei WDI mangelt. Da hätte man besser keine Prüfung in Auftrag gegeben. Offensichtlich wurde WDI erst während der Prüfung klar, worum es geht - was man alles rausrücken muss (und zum Teil nicht kann). Da war das Kind schon in den Brunnen gefallen. Es gab keine Möglichkeit mehr, den KPMG-Bericht zurück zu halten. Die Veröffentlichung war versprochen worden. Auch die Verschiebung konnte nicht mehr an den Formulierungen von KPMG ändern. Und danach gab es eben keinen lupenreinen Freispruch, sondern nur einen aus Mangel an Beweisen. Ergo Vertrauensverlust bei den Anlegern.
Der Vorwurf der Bilanzmanipulation ist ausgeräumt. Die Umsätze über Drittanbieter können nicht verifiziert werden - aber es ist eben auch nicht beweisbar, dass es Luftbuchungen waren.
Das war gestern der Status Quo.
Jetzt muss man sich überlegen, wie Braun damit hätte umgehen können. Er hatte auf einmal - gegen seine Erwartung (davon bin ich überzeugt) - einen Bericht auf dem Tisch, der keinen Befreiungsschlag bedeutet. Er hätte jetzt den ganzen Tag Interviews geben können. Damit wäre Wirecard medial sehr präsent gewesen - und zwar negativ. Glaubt mir mal, dass da jede Menge Anfragen von der Presse kamen.
Möglichkeit zwei ist ein kurzes Statement, dass die Bilanzen nicht geändert werden müssen und die Quartalszahlen stimmen. Im Prinzip also 'nichts sagen'.
Meiner Einschätzung nach war das die bessere Wahl. Jede Stellungnahme zu den kritischen Punkten des KPMG-Berichts hätte nur mit Hosen runter lassen begegnet werden können. "Wir wussten selber nicht, dass wir eine so beschissene Buchführung hatten. Offenbar haben wir uns nur um das Wachstum gekümmert und wichtige Conpliance-Maßnahmen verschlafen. Wir können uns bei unseren Kunden und Aktionären nur entschuldigen..."
So in etwas hätte sich das dann angehört. Da ist Nichtssagen meiner Ansicht nach die bessere Wahl gewesen. Ist ne scheißen peinliche Nummer. Es gibt Ungereimtheiten. Keiner kann die aufklären. Die Katze ist aus dem Sack und sollte jetzt mal ganz schnell und so still und leise wie möglich entsorgt werden.
Ich habe mir das wegen der Verschiebung des KPMG-Berichts von der Seitenlinie aus angeguckt. Die Katastrophe ist bereits durch. Jetzt kann nach vorne geguckt werden. Bin heute morgen bei 88 Euro wieder rein. Diesmal nur mit der Hälfte meines ursprünglichen Invests. Sollte Wirecard trotz Corona gut durchs erste Quartal gekommen sein, dann erholt sich der Kurs. Und da sehe ich auch ganz schnell die 130 bis 140 zurück kommen (bis zum Sommer... evtl. früher). Aber dann wirds nicht sprunghaft in irgendwelche Höhen gehen. Das kommt frühestens 2021/2022.