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Die Blase wird ein Blasensprung so oder so.
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Die Ölblase ist geplatzt, Gold verliert, die Kurse nahezu alle Rohstoffe fallen. Abschreiben sollten Anleger diese Anklageklasse jedoch noch lange nicht. Wie die Perspektiven in näherer und ferner Zukunft sind.
Carl Batisweiler und Jörg Billina
Krieg in Georgien, Bomben explodieren in der Nähe der für den Westen so wichtigen Pipeline Baku-Tiflis-Ceyan, die Beziehungen zwischen Moskau und Washington sind angespannt wie seit Jahren nicht mehr. Und was macht der Ölpreis? Er schießt keineswegs nach oben, er sinkt sogar noch weiter. Der wichtigste Rohstoff der Welt ist seit vier Wochen auf Talfahrt – und die Kurse praktisch aller anderen Rohstoffe mit ihm. Damit scheint der seit Jahren anhaltende Aufwärtstrend bei den sogenannten Commodities gebrochen.
Doch ist er auch vollständig beendet? "In der Vergangenheit hätten geopolitische Risiken mit weit geringerem Ausmaß einen drastischen Preisanstieg ausgelöst. Diesmal aber bleiben die Ölbullen in Deckung", sagt Frank Schallenberger, Rohstoffexperte bei der Landesbank Baden-Württemberg. Am Freitag notierte Öl bei nur mehr 113 US-Dollar. Am 11. Juli waren es noch 147 Dollar. Innerhalb von vier Wochen gab der Preis damit um rund 23 Prozent nach. "Der Ölpreis hat offensichtlich eine Schwelle überschritten, die für Nachfragezerstörung sorgte. Ab einem gewissen Preis reduzieren Autofahrer ihre Kilometerleistung, fangen Unternehmen an, Alternativen zum Öl einzusetzen oder zu planen", erklärt Holger Kerzel, Leiter des Portfoliomanagements bei der Meag, der Investmentgesellschaft der Münchener Rück und Ergo. Unter Experten wird auch noch eine andere These diskutiert: Die sinkenden Notierungen von Rohstoffen hängen mit den Olympischen Spielen in Peking zusammen. Seit dem 20. Juli gibt es im Großraum Peking starke Beschränkungen in der Produktion und im Verkehr. So fehle die Rohstoffnachfrage aus diesem weltwirtschaftlich so bedeutenden Gebiet für zwei Monate beim globalen Wachstum dieser Anlageklasse.
Verantwortlich für das Platzen der Blase an den Rohstoffmärkten werden auch gern die Hedgefonds gemacht. "Hedgefonds haben sicherlich die Entwicklung im Rohstoffsektor verstärkt, weil ihre Strategie in der Regel trendfolgend ist", sagt Frederic Dodard, Rohstoffexperte bei State Street, einem der weltweit führenden Berater institutioneller Investoren und Banken. Und auch Privatanleger machten beim Treiben der Preise mit: "Über ETCs, ETFs und andere strukturierte Produkte können sie inzwischen an Rohstoffspekulationen teilhaben", so Dodard, "doch sie stiegen erst spät im Boom ein, und tatsächlich spielen sie keine große Rolle, auch nicht bei der Korrektur."
In der Tat haben die institutionellen Anleger die Trendwende eingeläutet, indem sie sich nun anderen Anlageklassen wie Aktien zuwenden. "Lange Zeit sahen sie im Öl und in anderen Rohstoffen einen guten Schutz gegen Inflation und fallenden Dollar. Zwischen den beiden Anlageklassen entwickelte sich daher eine enge Korrelation", sagt Schallenberger. Auch Frederic Dodard sieht das wechselnde Interesse der großen Investoren als Auslöser für fallende Rohstoffnotierungen. "In den letzten fünf Jahren haben sie sehr stark in diese Assets investiert, als Reaktion auf geopolitische Änderungen und zuletzt die Subprime-Krise. Aber nun sehen sie nicht mehr viel Wachstumspotenzial, weil die Kurse einfach zu hoch gestiegen waren." Zudem wollten die Profis die erwartete hohe Volatilität im Rohstoffsektor meiden. Der Sentimentwechsel der Investoren gegenüber Rohstoffen ist zudem eine Reaktion auf die sich abkühlende Weltwirtschaft. Das globale Wachstum befindet sich zwar nach wie vor auf einem hohen Niveau, doch der Internationale Währungsfonds rechnet erst im Lauf des nächsten Jahres wieder mit einer Erholung, also neuem, zusätzlichem Wachstum. Das schlägt auf die Realwirtschaft durch. So ist die Wirtschaftsleistung in Deutschland im zweiten Quartal um 0,5 Prozent gesunken. Das gab es zuletzt vor mehr als fünf Jahren. Der Autoabsatz in Europa ist im Juli im Vergleich zum Vorjahresmonat um acht Prozent auf knapp 1,3 Millionen Fahrzeuge zurückgegangen. Auch in den Staaten und sogar Teilen Asiens schrumpfen aktuell die Autoverkäufe.
Und während das in US-Dollar gehandelte Öl jetzt im Preis sinkt, zieht der Greenback selbst massiv an, der japanische Yen, das britische Pfund und speziell der Euro geben entsprechend nach. Die europäische Gemeinschaftswährung, die in diesem Jahr schon auf über 1,60 Dollar gestiegen war notiert aktuell um die 1,47. Das Wirtschaftsforschungsinstitut HWWI rechnet zum Jahresende mit einem Eurokurs zwischen 1,20 und 1,30 US-Dollar. "Folgerichtig kam es nun zur Korrektur bei den Rohstoffpreisen", sagt Experte Schallenberger.
Die Folgen dieser Entwicklung für die anderen Rohstoffsparten sind sehr unterschiedlich, denn, so State-Street-Experte Dodard: "Neue Korrelationen zwischen bestimmten Sektoren haben zugenommen, während althergebrachte verschwinden." Der Preis für Agrarrohstoffe etwa kann weiter steigen, obwohl in manchen Ländern die Inflation schon wieder fällt. Aktuelles Beispiel sind die USA: Das Landwirtschaftsministerium erwartet für dieses Jahr eine Preissteigerung der sogenannten Soft Commodities um 4,5 bis 5,5 Prozent, für 2009 um vier bis fünf Prozent. Weil die Futterkosten durch das weiterhin hohe Niveau der Getreidepreise hoch bleiben, reduzieren Bauern weltweit die Viehhaltung. Das dürfte die Notierungen bei Schweine- und Rindfleisch treiben.
Edelmetalle wie Gold haben sich zusammen mit den anderen Rohstoffen verbilligt. Der Preis pro Feinunze rutschte von seinem Jahreshoch bei 980 Dollar auf unter 800 US-Dollar. "Wie bei Öl haben Investoren das Edelmetall als Hedge gegen Preisanstieg, Dollarverfall und internationale Kreditklemme identifiziert", sagt Petra Kühl, Fondsmanagerin des Allianz-dit-Rohstoffonds. Nun aber verliert das Inflationsgespenst ein wenig an Schrecken, die Investoren lösen daher ihre Positionen auf. Zudem hat die Schmuckindustrie im Juni und Juli deutlich weniger nachgefragt. Kühl rechnet allerdings mit einer technischen Erholung von Gold, neue Rekordnotierungen seien dabei aber nicht in Sicht: "Meist verkaufen die Zentralbanken ab einer gewissen Notierung", weiß Kühl.
Auch Joachim Berlenbach vom Rohstoffspezialisten Earth-Investment erkennt bei den Kursen des Edelmetalls eine starke Absicherung nach unten: "Bei 800 Dollar pro Unze lohnt sich die Förderung in vielen Minen nicht mehr, das schränkt das Angebot dann ein, und die Preise steigen wieder." Deutlich mehr Erholungspotenzial sieht Expertin Kühl bei den Basismetallen, etwa Kupfer. Auch da ist der Preis in den vergangenen Wochen eingebrochen – doch das Angebot sinkt. "Zum Beispiel hat die chilenische Mine Escondida angekündigt, dass die Förderung im nächsten Jahr wegen schlechter Kupfererze um zehn bis 15 Prozent zurückgehen wird. Dagegen steigt wegen der Modernisierung der Infrastruktur in China, Indien und Russland die Nachfrage."
Selbst beim einfachen Eisenerz drohen wegen der Nachfrage aus den Schwellenländern bald wieder Engpässe. Das Bergbauunternehmen Rio Tinto, das bereits die Hälfte seines Gewinns aus dem Verkauf von Eisenerz erzielt, will deshalb die Produktion künftig auf 600 Millionen Tonnen pro Jahr steigern. Die Aktie zählt daher zu den Top-Ten-Werten in Kühls Fondsportfolio. "Die große Rally ist vorbei", bremst Holger Kerzel von der Meag jedoch eine allzu große Erholungsfantasie für den Rohstoffsektor. "Frühestens am Jahresende und 2009 sind wieder deutlich steigende Preise möglich." Und Frederic Dodard ergänzt: "In der Zwischenzeit sind technische Wiederanstiege möglich, aber nicht von langer Dauer."
Eröffnet der Preissturz langfristig orientierten Investoren vielleicht schon eine gute Chance zum Neueinstieg? Es gilt zu differenzieren – nach Art des Investments und vor allem nach der jeweiligen Rohstoffsparte (siehe Investor-Info). Zertifikate etwa, die den Ölpreis direkt abbilden, dürften in den kommenden Wochen unter Druck bleiben. Weil aber die Wachstumsraten in Schwellenländern wie China, Indien oder Brasilien auch künftig höher als in Industrieländern ausfallen werden, hat der Rohstoff Nummer 1 auf Jahressicht gute Chancen auf ein Comeback, wenn auch wohl nicht mehr in die Höhen vom Juni.
Fakt ist schließlich: Das eigene Auto steht ganz oben auf der Wunschliste der Bürger in den sich entwickelnden Ländern. Schon jetzt wächst der Markt in Asien um täglich 50 000 neue Fahrzeuge. Nach aktuellen Schätzungen verbraucht China im Jahr 2030 schon 40 Millionen Barrel pro Tag – das Doppelte der USA heute. Ein Öllieferant wird dann Russland sein. Mit einer eigenen Pipeline.
Quelle:boerse.1und1.de/news/news_detail.asp?nr=768941
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