Ich habe heute den untenstehenden Artikel in der FAZ gefunden. Ich weiss nicht, ob ich völlig neben der Spur bin, aber bisher habe ich dieses nur bei Eichelburg gehört, dass der EURO in der Nacht vom 7. auf den 08. Mai gerettet wurde. Das macht mich doch ein wenig sprachlos, da ich bisher den Herrn Eichelburg eher als "sehr extrem" in seinen Anschauungen betrachtet habe. Nunmehr macht mich dieser nachstehende, detaillierte Artikel aus der FAZ doch ein wenig sprachlos. Sehr langer Artikel, aber durchaus interessant geschrieben.
Als der Euro gerettet wurde
Es war die Nacht vom 7. auf den 8. Mai. Die Staats- und Regierungschefs der Eurostaaten tagten, ihre Währung stand kurz vor dem Kollaps. Nicolas Sarkozy sah sich als „Retter des Euro“. War das eine seiner berühmten Übertreibungen? Ein britischer Historiker hat die Szenen vom dramatischen Euro-Gipfel genau rekonstruiert. Von Nikolas Busse, Brüssel DruckenVersendenSpeichernVorherige SeiteKurz-Link kopieren Artikel in Facebook mit anderen TeilenTeilenTwitter diesen ArtikelTwitter linkfurloneviewyiggwebnewswongdeliciousdigg Frankreichs Präsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel unmittelbar vor dem Euro-Gipfel in Brüssel am 7. Mai.Frankreichs Präsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel unmittelbar vor dem Euro-Gipfel in Brüssel am 7. Mai. 29. Juli 2010 Der Brüsseler Euro-Gipfel vom 7. Mai war ein sonderbares Ereignis. Er führte zu einer dramatischen, milliardenschweren Rettungsaktion für die Gemeinschaftswährung, ohne dass die Öffentlichkeit recht mitbekam, was da eigentlich geschehen war. Es dauerte zwei, drei Tage, bis den Bürgern in den Euroländern klar wurde, dass ihre Währung offenbar kurz vor dem Kollaps gestanden hatte und dass nun die gewaltige Summe von 750 Milliarden Euro an Bürgschaften für ihre Stützung aufgebracht werden musste. Es war wie so oft in der Finanzkrise: Politiker, Medien und Bürger wurden von den Entwicklungen an den Finanzmärkten überrollt. Herman Van Rompuy (links) und José Manuel Barroso präsentieren am 8. Mai die Ergebnisse des Gipfels. Herman Van Rompuy (links) und José Manuel Barroso präsentieren am 8. Mai die Ergebnisse des Gipfels. Dass das Publikum sich schwertat, den Gipfel richtig einzuordnen, hatte allerdings auch damit zu tun, dass anfangs nur wenige Einzelheiten über seinen Verlauf bekannt wurden. Am frühen Morgen des 8. Mai gab es in Brüssel nur zwei Pressekonferenzen: eine des französischen Präsidenten Sarkozy sowie eine gemeinsame des ständigen EU-Ratsvorsitzenden Van Rompuy und des Kommissionspräsidenten Barroso. Sarkozys Auftritt war im Wesentlichen eine Angeberei, die darauf hinauslief, dass er soeben den Euro und die EU gerettet habe. Die Pressekonferenz der beiden Brüsseler Politiker erschöpfte sich in der Wiedergabe der Abschlusserklärung und ließ nicht erkennen, was für eine aufwühlende Sitzung die 16 Staats- und Regierungschefs der Euroländer gerade hinter sich gebracht hatten. Die nackte Angst beherrschte den EU-Sondergipfel: Angela Merkel und Nicolas SarkozyDie nackte Angst beherrschte den EU-Sondergipfel: Angela Merkel und Nicolas Sarkozy Der britische Historiker Peter Ludlow, Gründungsdirektor des namhaften Brüsseler „Centre for European Policy Studies“, hat nun eine Studie herausgebracht, die genau beschreibt, welche zum Teil heftigen Diskussionen vor und auf dem Gipfeltreffen geführt wurden („In the Last Resort. The European Council and the Euro Crisis, Spring 2010“, Eurocomment Briefing Note Vol. 7, Nr. 7/8). Ludlow kennt sich in Brüssel aus, er schreibt seit Jahren kenntnisreiche Berichte über die Treffen der Staats- und Regierungschefs. Gewaltige Meinungsunterschiede an diesem Abend In diesem Fall ist seine Schilderung besonders detailreich, weil dieser Gipfel eine Besonderheit hatte: Politisch schwierige Diskussionen führen die Staats- und Regierungschefs normalerweise beim Abendessen, wo sie bis auf wenige Mitarbeiter unter sich sind. Am Abend des 7. Mai aber wurde jeder Staats- und Regierungschef von einem persönlichen Berater begleitet, was bei einigen die EU-Botschafter waren. Ludlow konnte hinterher mit fast 20 Leuten reden, die anwesend waren, als über Gedeih und Verderb des Euros entschieden wurde. Gespanntes Verhältnis: Kommissionspräsident Barroso mit Van RompuyGespanntes Verhältnis: Kommissionspräsident Barroso mit Van Rompuy Seine Rekonstruktion des Geschehens enthält nichts grundlegend Neues. Aber sie belegt erstmals ausführlich, welche gewaltigen Meinungsunterschiede es an diesem Abend gab, vor allem über die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank. Das dürfte als Grundkonflikt auch in einem reformierten Euroverbund fortleben. Außerdem kommt klar zum Ausdruck, dass sich auf der Sitzung Bundeskanzlerin Merkel durchsetzte und nicht etwa Sarkozy. Nach Ludlows Darstellung begann die Sitzung mit einer Beschwerde des luxemburgischen Ministerpräsidenten Juncker, des Vorsitzenden der Euro-Gruppe. Er sei es leid, dass die Gipfeltreffen neuerdings immer mit Verspätung anfingen, weil vorher allerlei Treffen zu zweit oder in kleinen Gruppen stattfänden. Er wolle nicht den Medien entnehmen müssen, was vor sich gehe. So könne man keine Geschäfte machen. José Manuel Barroso am 7. Mai in BrüsselJosé Manuel Barroso am 7. Mai in Brüssel Hintergrund von Junckers Ausbruch war, dass am Nachmittag bereits viele Staats- und Regierungschefs in bilateralen Gesprächen versucht hatten, eine gemeinsame Reaktion auf den dramatischen Vertrauensverlust zu finden, den einige Euro-Länder an den Märkten in den Tagen zuvor erlitten hatten. Besonders aktiv war Sarkozy, der extra früh nach Brüssel reiste, und dort mit dem Portugiesen Socrates, dem Spanier Zapatero, dem Italiener Berlusconi, dem EZB-Präsidenten Trichet, Kommissionspräsident Barroso, dem Ratspräsidenten Van Rompuy und Frau Merkel sprach. Auch Frau Merkel, Van Rompuy und Trichet führten eigene Gespräche. Die Stabilität der Euro-Zone mit „allen Mitteln“ verteidigen Noch früher am Tag war es zu einer Vorfestlegung gekommen, die später viele irreführende Presseberichte zur Folge haben sollte. Van Rompuy hatte schon am Abend des 6. Mai einen ersten Entwurf für die Abschlusserklärung in die Hauptstädte geschickt, in der es hieß, man sei bereit, die Stabilität der Euro-Zone mit „allen Mitteln“ zu verteidigen. Der EU-Berater der Kanzlerin, Uwe Corsepius, äußerte Bedenken gegen diese Formulierung, weshalb Van Rompuy Frau Merkel anrief. Sie war aber einverstanden mit dem Satz, der dann auch so in der offiziellen Schlusserklärung landete. Da Barroso auf der Pressekonferenz darauf Bezug nahm, wurde das in deutschen Medien später so dargestellt, als sei es nur die Kommission, welche die Gemeinschaftswährung um jeden Preis erhalten wolle. In Wirklichkeit war das auch die Wortwahl der Kanzlerin. Viele Meinungen: Jean-Claude Trichet (l) mit Jean-Claude Juncker und Olli Rehn (r)Viele Meinungen: Jean-Claude Trichet (l) mit Jean-Claude Juncker und Olli Rehn (r) Juncker, eigentlich „Chef“ der Euro-Gruppe, bekam von alldem wenig mit, was ihn offensichtlich wütend machte. Van Rompuy sei vom Ärger des Luxemburgers „sichtlich erschüttert“ gewesen, schreibt Ludlow. Er hielt sich danach lange zurück. Die anderen hätten dagegen munter das Wort ergriffen. Jeder in der Runde habe im Verlauf des Abendessens mindestens einmal gesprochen; Frau Merkel, Sarkozy und Trichet hätten sich oft gemeldet. Die eigentliche Diskussion begann mit einer Darlegung des Griechen Papandreou über die Lage in seinem Land, die einer der Informanten Ludlows als Erfahrungsbericht aus Dantes Inferno bezeichnete. Danach kam der wahrscheinlich alles entscheidende Beitrag des Abends: Trichet erklärte mit Hilfe von Grafiken, was auf den Märkten in den vergangenen Tagen geschehen war. Es handle sich um eine Situation wie im September 2008, als die Bank Lehmann Brothers zusammenbrach. Trichet hielt sich nicht lange mit der möglichen Rolle von Spekulanten auf, sondern konzentrierte sich auf die Frage, was die am Tisch Versammelten tun könnten. Erste Priorität sei die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. „Ihr, die Mitgliedstaaten, Ihr habt versagt“ Früherer Auftritt: Nicolas Sarkozy kam als einer der ersten Staatschefs und vor Angela Merkel in Brüssel anFrüherer Auftritt: Nicolas Sarkozy kam als einer der ersten Staatschefs und vor Angela Merkel in Brüssel an Das Beispiel Belgiens habe gezeigt, dass das möglich sei. Außerdem sei der Stabilitätspakt zu reformieren. Trichet verteidigte die Arbeit der EZB und wies darauf hin, dass die Zentralbank die Inflation unter Kontrolle gehalten habe, obwohl die Löhne in einigen Mitgliedstaaten seit der Einführung des Euro um hundert Prozent oder mehr gestiegen seien und obwohl die öffentlichen Ausgaben fast überall aus dem Ruder gelaufen seien. „Wir haben getan, was wir zu tun hatten. Ihr, die Mitgliedstaaten, Ihr habt versagt“, zitiert Ludlow den Zentralbankpräsidenten. Trichets Analyse wurde in der darauffolgenden Debatte von niemandem in Frage gestellt. Der zyprische Präsident fragte allerdings, ob man die Sache nicht noch ein paar Tage überdenken solle. Das unterband die Bundeskanzlerin: „Ein paar Tage haben wir nicht. Wir müssen klarmachen, was wir tun wollen, bevor die Märkte am Montag öffnen“, sagte Frau Merkel. Es war Freitagabend. Der Großteil der Aussprache spielte sich dann zwischen zwei Gruppen ab. Die eine umfasste die bedrängten Südländer („Olivengürtel“, wie Ludlow sie nennt) mit Sarkozy und Barroso, die andere bestand vor allem aus Frau Merkel, Juncker, dem Niederländer Balkenende, dem Finnen Vanhanen und Trichet. Sarkozy wurde zum Wortführer des Olivengürtels, er schlug einen melodramatischen Ton an, sprach vom „Schicksalswochenende“ und wollte eine Strategie, die auf zwei Säulen ruht: der Kommission und der EZB. Er wollte vor allem, dass die Kommission einen Fonds auflegt, der keine parlamentarische Bewilligung zu Hause erforderlich machte.Die Kommission hatte schon vor der Sitzung einen Rettungsfonds nach Artikel 122 des EU-Vertrags vorgeschlagen, der für außergewöhnliche Notlagen vorgesehen ist. Es sollten 50 bis 70 Milliarden Euro sein. Als Barroso sich später dafür einsetzte, den Anteil der Kommission in der Abschlusserklärung zu beziffern, machte die Kanzlerin klar, dass sie an viel größere Beträge dachte. 50 bis 70 Milliarden machten keinen Unterschied, das müsse man gar nicht erst erwähnen, sagte sie. Der Hauptkonflikt des Abends brach über Sarkozys Wunsch aus, die EZB zum Handeln zu veranlassen. Niemals würde er sich so außerhalb dieses Raumes äußern, sagte Sarkozy, aber hinter geschlossenen Türen fordere er die Zentralbank auf, dem Beispiel der amerikanischen Fed und der Bank von England zu folgen und Staatsanleihen aufzukaufen. Berlusconi, Socrates und Zapatero, die an den Märkten am meisten unter Druck standen, pflichteten ihm bei, offenbar zum großen Wohlgefallen Sarkozys, wie Ludlow berichtet. Berlusconi: „Die Kommission hat doch das Geld“ „Die Kommission hat doch das Geld“, sagte Berlusconi, und die EZB könne ja zumindest auf dem Sekundärmarkt kaufen. Zapatero versprach, zu Hause mehr zu tun, die Märkte glaubten ihm aber nicht mehr. Die Staats- und Regierungschefs könnten der EZB nicht sagen, was sie tun solle, aber „wir müssen ihr sagen können, was wir wollen“. Diese Formel griff auch Sarkozy später auf. Frau Merkel, die in ihrem Eröffnungsreferat Griechenlands Reformbemühungen als Vorbild für jeden anderen Mitgliedstaat einschließlich Deutschland bezeichnete, vertrat die Gegenposition. Es sei von höchster Bedeutung, dass die Unabhängigkeit der EZB respektiert werde. Man solle aufhören, auf ihr herumzuhacken. Alle Beteiligten, Staats- und Regierungschefs und der EZB-Präsident, sollten einander vertrauen. Balkenende, der nach der Kanzlerin sprach, pflichtete ihr bei. Im Laufe des Abends, so berichtet Ludlow, habe diese Linie schließlich die Oberhand gewonnen. Frau Merkel und Juncker, die nebeneinander saßen, erweckten den Eindruck, als ob sie ihre Angriffe gegen den Olivengürtel aufeinander abstimmten. Sarkozy meldete sich mehrmals zu Wort, hatte damit aber zunehmend weniger Erfolg. Trichet wiederum sei wütend gewesen. „Wir brauchen Ihre Erlaubnis nicht und wir werden darum nicht bitten. Wenn Sie versuchen, Druck auszuüben, dann wird der EZB-Rat negativ reagieren, was ein Desaster zur Folge hätte.“ Ludlow vermutet allerdings, dass es der Kanzlerin und ihren Verbündeten vor allem darum ging, den Eindruck zu vermeiden, dass die EZB von den Staats- und Regierungschefs Marschanweisungen erhalte. Unausgesprochen habe auch Frau Merkel erwartet, dass die Zentralbank Staatsanleihen aufkaufen würde. So kam es dann auch. Das Verhältnis der Kanzlerin zu Barroso sei sehr schwierig geworden Zu dieser Auseinandersetzung gehört eine Episode zwischen Frau Merkel und Barroso. Im Verlaufe des Abendessens wurde der Kanzlerin ein Vermerk über eine Meldung der Agentur AFP gereicht, wonach der Kommissionspräsident die EZB zum Ankauf von Staatsanleihen aufgerufen habe. Frau Merkel habe Barroso darauf eine „halböffentliche Abreibung“ erteilt, schreibt Ludlow. Der bestritt aber, sich so geäußert zu haben. Das Verhältnis der Kanzlerin zu Barroso, die ihn vor Jahren ins Amt gebracht hatte, sei sehr schwierig geworden, merkt Ludlow an. Die Bundeskanzlerin verlangte auch ansonsten einen anderen Weg als Sarkozy. Sie erwähnte nicht die Kommission, sondern sie wollte, dass die Finanzminister den Rettungsschirm für den Euro beschließen, der nun zu spannen war. Frau Merkel bezog sich dabei auch auf potentielle Schwierigkeiten mit dem Verfassungsgericht in Karlsruhe, dessen Gewicht die anderen Staats- und Regierungschefs schon bei der Griechenland-Rettung ein paar Wochen zuvor kennengelernt hatten. Balkenende pflichtete ihr als erster bei, weil er ebenfalls einen Rettungsschirm der gesamten EU wollte und nicht nur einen der Eurogruppe, wie es Sarkozys alter Idee von der „Wirtschaftsregierung“ im Euroraum entsprochen hätte. Am Ende wurde es bekanntlich ein Schirm unter Beteiligung der Kommission, des IWF und der Mitgliedstaaten - beschlossen, wie Frau Merkel das wollte, von den Finanzministern aller 27 Mitgliedstaaten in der Nacht von Sonntag auf Montag. Nach der Sitzung waren alle der Meinung, dass es angemessen sei, die Ergebnisse von Van Rompuy und Barroso vortragen zu lassen. Die Kanzlerin beließ es beim Hinausgehen bei ein paar dürren Sätzen für die Presse, aus denen kaum hervorging, was soeben verabredet worden war. Nur Sarkozy trat ausführlich vor die Kameras und brüstete sich damit, dass die Beschlüsse zu 95 Prozent den französischen Vorstellungen gefolgt seien. Das wurde vor allem in Deutschland tagelang für bare Münze genommen und so gelesen, als sei die Kanzlerin über den Tisch gezogen worden. „Der französische Präsident gab eine völlig überzogene Vorstellung“, bemerkte Ludlow dazu.
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Das, was wir heute sind, folgt aus den Gedanken, denen wir gestern nachgingen und unser gegenwärtiges Denken bestimmt unser Leben, wie es morgen sein wird. (Jean-Paul)