XXL-Aufschwung mit XXS-Zuwachs
Die Überraschung des Tages: Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal nur um 0,1 Prozent gegenüber dem ersten Quartal gewachsen. In Frankreich stagnierte die Wirtschaftsleistung sogar.
Ist das nun der XXL-Aufschwung Deutschlands, mit dem uns Bundesregierung und die Propaganda-Medien tagtäglich bombardieren?
Dabei ist es allein schon durch die unterschiedliche Auslegung des Begriffs Bruttoinlands-Produkts (BIP – auf englisch Gross Domestic Product oder GDP) schwierig, einen marginalen Aufschwung von einem wirklichen Abschwung unterscheiden zu können.
Denn der Begriff Bruttoinlands-Produkt lässt den Statistikern vielfältigen Interpretations- und somit Manipulations-Spielräume. Laut Wikipedia definiert sich das BIP wie folgt: Das Bruttoinlandsprodukt (Abkürzung: BIP) gibt den Gesamtwert aller Güter (Waren und Dienstleistungen) an, die innerhalb eines Jahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft hergestellt wurden und dem Endverbrauch dienen. Was sind nun beispielsweise Dienstleistungen – gehören dazu auch kalkulatorische Mieten, die ein Eigennutzer seiner Wohnung als Mieter hätte zahlen müssen, wenn er kein Eigentümer wäre? Das wird beispielsweise in dem US-BIP mit eingerechnet.
Noch schlimmer wirkt sich die Berechnungsmethode der hedonischen Preismessung aus. Hier führt Wikipedia das folgende Beispiel auf: Ein Rechner mit einer Festplatte von 250 GB kostet 900 Euro. Ein Jahr zuvor besaß ein vergleichbarer Computer eine Festplatte von nur 120 GB und kostete 850 Euro. Andere Leistungsmerkmale sollen sich in diesem Beispiel nicht unterscheiden. Ein direkter Preisvergleich ergäbe, dass Computer sich um 5,9 Prozent verteuert haben. Bezieht man den Preis aber auf die Größe der Festplatte, so kostet er heute 3,6 €/GB, vor einem Jahr 7,1 €/GB, was einem Preisrückgang um fast 50 % entspricht. Letzteres würde man bei Verwendung hedonischer Preise bei der Ermittlung eines Preisindex berücksichtigen.
Was in diesem Fall einen angeblichen Preisverfall darstellen soll, wird bei der BIP-Berechnung als höherwertigere Ware eingerechnet. Die 7,10 Euro pro Gigabyte werden mit 250 GByte multipliziert und ergeben so eine Wertschöpfung von 1.775 Euro. Obwohl der Kunde nur 900 Euro dafür zahlt – eine fast 100 prozentige Erhöhung des BIPs.
Legt man dies nun bei der Berechnung des realen Bruttoinlands-Produkt zugrunde, bei welchem das nominale BIP um die offiziell ausgewiesene Preissteigerung bereinigt wird, dann ergibt sich ein doppelter Hebeleffekt: In das nominale BIP fließen durch die höhere Speicherleistung Beträge in die BIP-Berechnung ein, die rein fiktiv sind. Und die Preissteigerung wird durch die angebliche Preis senkende Wirkung des Rechners zusätzlich nach unten gedrückt. Heraus kommt ein viel zu hoch berechnetes reales BIP.
Um die unglaublich erscheinende Wirkung dieses Beispiels weiter fortzusetzen: Aus 900 Euro nominalen BIP werden also 1.775 Euro (auch nominal). Bereinigt um den Preisverfall von 50 Prozent entsprechen die 1.775 Euro also einem realen BIP von 3.500 Euro. Schon hat die Statistik ein reales Wirtschafts-Wachstum von fast 200 Prozent gezaubert (von real 900 Euro auf real 3.500 Euro) – ohne dass die Volkswirtschaft wirklich mehr erwirtschaftet hätte. Denn die zusätzliche Rechnerleistung wird gleich wieder durch komplexere Software verbraucht – aus Sicht des Verbrauchers verbleibt ein Rechner mit ungefähr gleichen Leistungsdaten.
Das Spiel wird bei Autos und anderen Elektronikgütern weitergetrieben und führt so wegen der massiven Wirkung – wie im obigen Beispiel gezeigt – selbst bei einer kleinen Gewichtung im Warenkorb und im BIP zu Zahlen, die leicht einige Prozente weg von der Realität sein können.
Wie würden die Märkte reagieren, wenn Deutschland einen realen Rückgang des BIP von 5 Prozent zum Vorquartal melden würde – wenn man die Bogus-Zahlen der hedonischen Preismessung aus der Statistik herausrechnen würde.
Ich vermute, dass der Q2-Aufschwung in Deutschland in Wirklichkeit ein kräftiger Abschwung war. Auf alle Fälle war es kein XXL-Aufschwung, sondern höchstens ein XXS-Zuwachs – statistisch bereits sehr nahe an einer Stagnation.
Quelle:www.bullionaer.de/ziemann.php/goldnews/...ec1e9befef2bba84bd0c