Sind Goldstandard und Demokratie miteinander kompatibel?
Da haben wir sie wieder – unsere alten Probleme. Wo vor wenigen Tagen noch die Aufschwungs-Propaganda und die Aussichten auf Vollbeschäftigung die verbreiteten Nachrichten in Presse, Funk und Fernsehen beherrschten, da stellen wir nach dem G20-Gipfel und vor der Irland-Pleite wieder einmal fest, dass wir in Wirklichkeit nur einem näher gekommen sind: Nämlich dem Abgrund.
In Zeiten wie dieser, wo Notenbanken und Politiker sich in System-Reparatur üben und der Gold-Preis tendenziell eher zur Schwäche neigt, möchte ich die Zeit dazu nutzen, Gedanken zum und um den Goldstandard zu entwickeln. Diese können die Weltwirtschaft betreffen, wie mein Aufsatz vom letzten Freitag zum Thema Export oder die Zukunft des deutschen Banken-System, wie ich im gestrigen Bericht zum Thema Irland-Krise ausgeführt habe.
Ich möchte aber auch den gesellschaftspolitischen Aspekt dieser Diskussion nicht zu kurz kommen lassen. Deshalb steht der heutige Bericht unter der eher philosophisch erscheinenden Frage, ob Goldstandard und Demokratie überhaupt nebeneinander existieren können.
Wir haben festgestellt, dass ein Goldstandard inkompatibel zu dem derzeitigen Weltwirtschafts-System ist, bei dem eine Reihe von Nationen in großem Ausmaß Netto-Exporteur sind, während viele andere Nationen ein permanentes Außenhandels-Defizit vorzuweisen haben.
Mit dem Thema Demokratie habe ich mich in meinem Bericht vom 22. Juli 2009 – nachzulesen unter www.hartgeld.com/html2009/Ziemanns-gold-news_2009-07.htm - das erste Mal beschäftigt. Damals ging es um die Frage, wie man sein Vermögen vor Enteignung durch ein demokratisch legitimiertes Ansinnen der Regierung in Sicherheit bringen könnte. Das gipfelte in meiner Schlussfolgerung: Gold ist ein richtiger Spielverderber, ein undemokratischer Außenseiter eben.
Nun hat Edmund Conway im Londoner Telegraph am 8. November ein Essay gegen den Goldstand unter dem Titel Return to the Gold Standard would be madness geschrieben, wobei er als Argument gegen den Goldstandard unter anderem anführte, dass Demokratie und Gold nicht miteinander kompatibel seien: If there were a major domestic recession, the countries would simply have to suffer it. They would not be able to cut interest rates to alleviate the pain. In other words, countries would have to deflate, and suffer the social pain that goes with this, if they are to keep to the Gold Standard in times of economic stress. This may have worked well in the 19th century, when the poorer households who would tend to be affected couldn"t do anything about it, but I can think of few circumstances under which a democracy (with one-man one-vote) would allow it.
Zu gut deutsch: Früher konnten sich die Leute gegen eine Rezession nicht auflehnen und mussten diese einfach durchstehen – wie übrigens auch die Unternehmer, denn eine Wirtschaft verläuft eben nicht linear, sondern in sogenannten Konjunktur-Zyklen. Heute können sie wählen gehen und würden die Regierung in solch einer Situation einfach abwählen.
Demokratie als Staatsform, die einen Daueraufschwung zum Überleben braucht. Getreu dem Motto von Erich Honecker: Vorwärts immer, rückwärts nimmer! Aber wie das Schicksal des real existierenden Sozialismus gezeigt hat, ist ein System, das zeitweise Rückschläge nicht an sein Volk verkaufen kann und mit aller Macht den Abschwung durch Markteingriffe zu verhindert sucht, bereits vom Anfang an dem Tod geweiht.
Denn diese Rückschläge wirken wie ein Korrektiv oder reinigendes Gewitter. Damit werden Fehlallokationen von Ressourcen ausgemerzt und nicht wettbewerbsfähige Unternehmen vom Markt verdrängt. Das Ergebnis dieses Prozesses ist nach dem Durchleben einer Talsohle ein effektiver arbeitendes System, das kontinuierlich den Lebensstandard erhöhen wird.
Im Prinzip ist unser Papiergeld-System mit der Notenbank an der Spitze ein solches planwirtschaftliches System. Und die Notenbank agiert quasi wie das Politbüro, das über die Geldmengen-Steuerung und Zinsen versucht, die Wirtschaft zu lenken. Und im Interesse der Politik selbst einen zeitweisen Abschwung zu verhindern.
Hier irrt auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, mit seiner Aussage in einem Aufsatz Contra Goldstandard in der WELT AM SONNTAG, in dem er behauptet, dass die Bundesbank mit ihrer Geldsteuerungs-Politik in der Vergangenheit genau das erreichen konnte, was ein Goldstandard ermöglichen würde. Denn spätestens mit der deutschen Einheit hat die Bundesbank de facto eine kleine Währungsreform durchgeführt, mit der sie die Deutsche Mark durch reines Gelddrucken auf das mitteldeutsche Beitrittsgebiet ausgeweitet hat. Spätestens nach diesem Sündenfall hat sich die Bundesbank in das gleiche politische Lager wie die anderen nationalen Zentralbanken eingeordnet.
Edmund Conway kommt jedenfalls zu der folgenden Schlussfolgerung: And don"t expect a return to the Gold Standard. The problem is not that it is unfeasible. It has plenty of attractive features, among them the fact that it constrains governments from inflating their debts away. However, it is simply incompatible with democracy as we know it.
Da haben wir es also: Ein Goldstandard würde verhindern, dass sich die Regierenden einfach ihrer Schulden durch Gelddrucken entledigen könnten. Und das sei nicht kompatibel mit unserer derzeitigen Demokratie, weil es einfach nicht mehr erlauben würde, dass eine weitgehend mittellose Mehrheit sich durch eine demokratische Abstimmung zu Lasten der vermögensbesitzenden Minderheit entschulden könnte.
Damit würden nämlich dem ausufernden Sozialstaat seine Fundamente entzogen werden. Kein Politiker könnte mehr aus dem Vollen schöpfen und durch staatliche Verschuldung jeder gesellschaftlichen Gruppe ein mehr oder weniger auskömmliches Leben ermöglichen.
Nun könnte man die philosophische Frage stellen, was eine Gesellschaftsform, die sich in ihren eigenen Entscheidungsfindungs-Prozessen nur durch Betrug und Täuschung am Leben erhalten kann, für Zukunfts-Chancen hat. Wahrscheinlich keine, wie wir bei objektiver Würdigung der Dauerkrise feststellen würden. Deshalb sind eben Goldstandard und unsere Sozialstaats-Demokratie nicht miteinander vereinbar.
Erst wenn das eine System untergeht, kann das andere etabliert werden. Mit dem Untergang des Kommunismus Ende der achtziger Jahre steht nun nicht der Untergang des Kapitalismus auf der Agenda – sondern das Ende der Diktatur eines betrügerischen Papiergeld-Systems.
Auch die Vertreter der deutschen Großindustrie sind keine Kapitalisten im ursprünglichen Sinn. Denn sie paktieren mit demselben Politiker- und Notenbank-System, das die Wirtschaft auf permanentes Wachstum trimmen möchte. Interessanterweise hat nicht eine konservative Partei wie die CDU eine erzwungene Lohndrückung durchsetzen können, die durch die Migrations-Politik noch durch das Bereitstellen billiger fremder Arbeitskräfte unterstützt wurde. Sondern es war ein linke Partei, nämlich die SPD unter Gerhard Schröder, die das ermöglicht hatte. Die gesellschaftlichen Kosten dieser Aktionen wurden dem Mittelstand untergeschoben.
Dieses System kämpft aber noch wie ein Löwe um seine Existenz, wie die heutige Entwicklung am Goldmarkt wieder einmal gezeigt hat. Während im asiatischen Handel und zum Londoner Vormittags-Handel die Kurse unverändert bis leicht sinkend waren, ging es zum Nachmittag umso heftiger bergab.
Der A.M. Fix kam noch mit $1.363,25 (EUR 1.001,87) um knapp vier Dollar unterhalb des gestrigen A.M. Fixes zustande. Der Rückgang war im wesentlichen induziert durch den steigenden US-Dollar, was man an dem fast unveränderten Euro-Goldpreis feststellen konnte.
Im Vorfeld und mit Beginn der COMEX ging es dann abwärts in Richtung der Marke von $1.355. Der Londoner P.M. Fix läutete dann schließlich mit $1.349,00 (EUR 993,67), also einem Rückgang von zwanzig Dollar auf 24-Stundenbasis, die ernsthafte Drückung ein.
Im Anschluss fiel Gold dann auf bis zu $1.330 und konnte sich in den verbleibenden Stunden des COMEX-Handels auf $1.339,00 wieder erholen. Auch die anderen Edelmetalle fielen heute kräftig, ebenso wie die Aktienmärkte. Wieder einmal schienen die auf der Absicherung der Exporte schielenden Notenbanken aus Europa, China und Japan mit Hilfe von Liquiditätsverknappung die Investoren auf dem falschen Fuß erwischt zu haben.
Beunruhigend ist außerdem der Anstieg der Realrenditen der 10-jährigen Treasury Notes: Diese legten erneut 0,1 Prozentpunkte auf 2,9 Prozent zu. Mit dem um 0,7 Punkte auf 79,2 gestiegenen US-Dollarindex (USDX) kam trotzdem ein kräftiger Verlust von 0,7 Punkten des Quotienten aus USDX und den Real-Renditen zustande. Das bedarf wohl weiterer genauer Beobachtung.
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