GAO stellt ernsthafte Konflikte bei der Fed fest
GAO = US Government Accountability Office
[US-Bundesrechnungshof, oberster Rechnungshof der USA, Anm. d. Übers.]
FED = US Federal Reserve
[US-Notenbank, Anm. d. Übers.]
{Eine detailliertere Analyse des für Senator Sanders erstellten Berichts des US-Bundesrechnungshofes finden Sie hier. Der gesamte Bericht des GAO ist hier einsehbar.}
19. Oktober 2011
Ein am Mittwoch herausgegebener neuer Untersuchungsbericht der US-Notenbank beschreibt ausführlich umfassende Interessenskonflikte, in die Direktoren ihrer Regionalbanken verwickelt sind. „Die mächtigste Einrichtung in den Vereinigten Staaten wird von Interessenskonflikten beherrscht,” sagte Senator Bernie Sanders nach Durchsicht des Berichts des obersten US-Rechnungshofes. Die Studie wurde aufgrund eines Änderungsantrages von Sanders bezüglich des Börsenreformgesetzes von letztem Jahr erforderlich und untersuchte die Praktiken der US-Notenbank, die niemals zuvor einer solchen unabhängigen und genauen Prüfung durch Experten unterzogen wurden. Sanders sagte: „Dies ist genau die Art von schändlichem Verhalten der Großbanken und der Wall Street, die so viele Amerikaner zur Weißglut bringt.“
Der GAO beschrieb genau einen Fall nach dem anderen, bei dem leitende Angestellte von Unternehmen und Finanzeinrichtungen ihren Einfluss als Direktoren der US-Notenbank dazu nutzten, ihre Firmen finanziell zu begünstigen und in mindestens einem Fall sich selbst Nutzen zu verschaffen. „Es ist natürlich nicht akzeptabel, dass so wenige Menschen so viel unkontrollierte Macht ausüben,” sagte Sanders. „Sie führen nicht nur die Banken, sondern auch die Institutionen, die für die Regulierung der Banken zuständig sind.“
Sanders erklärte, er werde mit führenden Volkswirtschaftlern zusammenarbeiten, eine Gesetzgebung zur Neustrukturierung der US-Notenbank ausarbeiten und der Auswahl der Notenbank-Direktoren durch die Bankenbranche einen Riegel vorschieben.
Wie der Bericht aussagt, birgt die Firmenzugehörigkeit von Direktoren der Notenbank zu solchen Bank- und Industrieriesen wie General Electric, JP Morgan Chase und Lehman Brothers „Reputationsrisiken“ für das US-Notenbanksystem. Indem man den Banken die Macht gibt, die Direktoren der Notenbank sowohl zu wählen als auch zu stellen, erweckt man „den Anschein eines Interessenkonflikts,“ fügt der Bericht hinzu.
Der 108-seitige Bericht stellt fest, dass mindestens 18 bestimmte gegenwärtige und ehemalige Vorstandsmitglieder der Notenbank mit Banken und Unternehmen in Beziehung standen, die während der Finanzkrise Rettungsdarlehen von der US-Notenbank erhalten hatten.
In der trockenen und verhaltenen Sprache von Wirtschaftsprüfern bemerkt der Bericht, dass es im Regelwerk der Notenbank keinerlei Einschränkungen dahingehend gibt, dass Direktoren gegenüber den Angestellten der US-Notenbank ihre Anliegen im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Bank mitteilen. Der Bericht erwähnt ebenfalls, dass viele Direktoren Aktien von Banken besitzen bzw. direkt für Banken arbeiten, die von der US-Notenbank überwacht und reguliert werden. Die Regeln, die die Notenbank geheim hält, lassen es zu, dass mit Banken verbandelte Direktoren an Entscheidungen teilhaben, bei denen es darum geht, wie viel Zinsen an Finanzeinrichtungen berechnet werden und welche Kreditsummen gesunden Banken und Finanzinstituten in „gefährdeter“ Lage gewährt werden. Sogar wenn Situationen entstehen, die mit den Konfliktregelungen der Notenbank kollidieren und Verzichtserklärungen ausgestellt werden, werden jene laut US-Bundesrechnungshof vor der Öffentlichkeit geheim gehalten.
Der Bericht der parteiunabhängigen Untersuchungseinheit des Kongresses beschreibt, wenn auch ohne namentliche Nennung, mehrere Einzelfälle, bei denen sich Direktoren der US-Notenbank in einem Interessenskonflikt zu befinden schienen. Dazu zählen die folgenden:
Stephen Friedman – Im Jahre 2008 genehmigte die New Yorker Notenbank einen Antrag von Goldman Sachs, den Status einer Banken-Holding zu erhalten und damit Zugang zu billigen Darlehen der Notenbank zu erlangen. Im gleichen Zeitraum war Friedman, Vorsitzender der New Yorker Notenbank, Vorstandsmitglied bei Goldman Sachs und im Besitz von Goldman-Aktien, etwas, das gegen die Regeln der Notenbank verstieß. Ende 2008 erhielt er jedoch einen Freibrief, der nicht öffentlich gemacht wurde. Wie der US-Bundesrechnungshof feststellt, erwarb Friedman nach diesem Verzicht der Notenbank ohne deren Wissen von November 2008 bis Januar 2009 weiterhin Aktien von Goldman.
Jeffrey Immelt – Die Notenbank von New York beriet sich mit General Electric wegen der Bildung einer Commercial Paper1 Funding Facility (etwa: Finanzierungseinrichtung für Geldmarktpapiere, s. u., Anm. d. Übers.). Die Notenbank stellte GE später im Rahmen des Notkreditvergabeprogramms einen Betrag von 16 Milliarden US-Dollar an Finanzmitteln zur Verfügung, während Immelt, Vorstandsvorsitzender von GE, gleichzeitig Direktor im Vorstand der Notenbank New York war.
Jamie Dimon – Der Vorstandsvorsitzende der JP Morgan Chase saß zur gleichen Zeit im Vorstand der Notenbank von New York, als seine Bank Rettungsdarlehen von der Notenbank erhielt und von jener als Verrechnungsstelle für ihre eigenen Notkreditvergabeprogramme eingesetzt wurde. Im Jahre 2008 stellte die Notenbank JP Morgan Chase 29 Milliarden US-Dollar zur Finanzierung des Erwerbs von Bear Stearns zur Verfügung. Zu dieser Zeit überredete Dimon die Notenbank, JP Morgan Chase 18 Monate lang von den Erfordernissen der Vorschriften über Kapitalunterlegung und Fremdkapital zu befreien. Er überzeugte die Notenbank außerdem, riskante Aktivposten im Zusammenhang mit Hypothekendarlehen aus der Bilanz von Bear Stearns zu entfernen, bevor JP Morgan Chase jene notleidende Investmentbank erwarb.