Traurige Weihnacht für US-Händler
Von Tobias Moerschen, Handelsblatt
Teures Benzin und steigende Heizölpreise dürften das US-Weihnachtsgeschäft in diesem Jahr bremsen. Das erwarten die Branchenanalysten der Investmenthäuser Smith Barney und Bear Stearns. Das schwache Beschäftigungswachstum lässt zudem die Einkommen der US-Verbraucher langsamer steigen, was den Effekt der Preissteigerungen verstärkt.
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HB NEW YORK. Einzig die Hersteller von Luxusartikeln dürfte das nicht schrecken: Wohlhabende Amerikaner leiden weniger unter dem Benzinpreiseffekt, ihre robuste Nachfrage verspricht deshalb gute Weihnachtsgeschäfte für die Anbieter teurer Waren.
Für die US-Einzelhändler liegt die Umsatz-Messlatte in diesem Winter hoch. Denn im vergangenen Jahr brummte das Weihnachtsgeschäft. „Es wird nicht einfach für die Händler, die starken Vorjahreszahlen zu übertreffen“, schreiben die Analysten von Bear Stearns in einer aktuellen Studie. Das Ende der Sommerferien brachte in diesem Jahr nicht den erhofften Aufschwung – ein schlechtes Omen für die Weihnachtssaison, die in diesen Tagen beginnt.
Insgesamt werden breit sortierte US-Warenhäuser ihre Umsätze gegenüber dem Vorjahr um drei bis vier Prozent steigern, prognostiziert Smith-Barney-Analystin Debora Weinswig. So genannte Soft-Retailer – das sind Mode- und Bekleidungshäuser – dürften um zwei bis drei Prozent zulegen, erwartet ihre Kollegin Kemberly Greenberger.
„Das nicht gerade spektakuläre konjunkturelle Umfeld trifft besonders Händler, die sich an Verbraucher mit niedrigeren Einkommen wenden“, sagt Weinswig. Das bekommt Wal-Mart zu spüren, der weltgrößte Handelskonzern mit einem Börsenwert von 237 Mrd. Dollar.
Die riesigen Wal-Mart-Einkaufszentren – häufig auf der grünen Wiese in der Provinz gebaut – leben von wenig vermögenden US-Einkäufern. Bei ihnen reißen die steigenden Benzinpreise ein größeres Loch ins Portemonnaie als bei Familien der Ober- und Mittelschicht in den Ballungszentren.
Bessere Aussichten als die Gesamtbranche haben Händler, die Luxus anbieten. Denn den reichen Amerikanern sitzt das Geld lockerer in der Tasche. Das bewies die Reaktion auf den „Weihnachtskatalog 2004“ des edlen US-Warenhausbetreibers Neiman Marcus. In dem Kultbuch bewirbt die Firma jedes Jahr Fantasiegeschenke, in diesem Winter zum Beispiel 60 speziell ausgestattete Maserati für 125 000 Dollar pro Stück, ein zehn Mill. Dollar teures Zeppelin-Luftschiff und juwelenbehängte Figuren namens „Mr. und Mrs. Kartoffel-Kopf“ für 8 000 Dollar. Die Maseratis waren weniger als fünf Minuten nach Erscheinen des Katalogs ausverkauft.
„Teure Waren verkaufen sich gut“, urteilen die Bear-Stearns-Analysten. Sie konstatieren eine starke Nachfrage nach Schmuck mit Preisen von mehr als 50 000 Dollar. Auch limitierte Lederhandtaschen- Modelle namhafter Hersteller verkaufen sich bislang prächtig in der Vorweihnachtssaison. „Während die Nachfrage nach Luxusgütern in Europa schwächelt und in Asien stagniert, sind die USA bislang das Zugpferd“, heißt es bei Bear Stearns.
Auf hohe Umsätze mit teuren Waren hoffen auch die so genannten Hardline-Händler - Fachmärkte für Elektrowaren, Baumaterialien und Spielwaren. Größter Wachstumsträger dürften digitale Fernseher sein. Wer es sich leisten kann, legt Flachbildschirme und Heimkinos mit so genannter Plasma-Technologie unter den Weihnachtsbaum.
Der amerikanische Konsumelektronik-Verband (CEA) erwartet, dass US-Händler in dieser Weihnachtssaison 6,97 Millionen digitale Fernseher von den Herstellern ordern. Das wären 70 Prozent mehr als im Vorjahr.
Allerdings verkaufen nicht nur Fachketten wie Best Buy und Circuit City die bis zu mehrere tausend Dollar teuren Geräte. Auch der Handelsriese Wal-Mart bietet inzwischen digitale Fernseher in seiner Eletro-Abteilung an – zu deutlich niedrigeren Preisen. „Die Fachhändler müssen sich abheben durch bessere Markennamen, Beratung und Qualitätsstandards“, sagt Smith- Barney-Analyst Bill Sims.
HANDELSBLATT, Dienstag, 16. November 2004, 08:57 Uhr