Hallo,
also ich wollte zwar zuerst erfahren, warum steigende Zinsen gift für Vonovia sein sollen, oder andersrum warum niedrige Zinsen gut sein sollen, aber dann versuche ich mich mal zu erklären. (natürlich ist es nur meine Meinung, die nicht richtig sein muss)
Vonovia ist meiner Meinung nach kein Bauträger oder gar Immobilienentwickler. Für mich sind sie schlicht ein Verwalter von Immobilien oder anders ausgedrückt, sie machen das im Großen was viele Privatleute im Kleinen machen. Sie bauen sich ein Vermögen auf indem sie Immobilien kaufen und von den Mieteinnahmen leben. Diese Kapitalanleger finanzieren im kleinen ihre Immobilie, irgendwann läuft der Zins aus, welcher in der Vergangenheit meist für 10 oder 15 Jahre festgeschrieben wurde und dann wird neu verhandelt, bis die Immobilie abbezahlt ist. Hat man Glück, steigt in der Zeit der Wert der Immobilie (so wie in den vergangen Jahren) und parallel dazu die Mieteinnahmen. Steigende Zinsen belasten die monatlichen Aufwendungen, die Rendite sinkt. Soweit ist die Rechnung für Kapitalanleger korrekt. Jetzt könnte man denken, steigende Zinsen führen zu einem Nachfragerückgang, weil sich Privatleute die monatlichen Belastungen nicht mehr leisten können. Das mag so sein, sieht man auch an den (buchhalterischen) Abwertungen bei Vonovia in den vergangenen Monaten. Aus der Praxis kann ich jedoch nur sagen, dass die Preise weiter steigen, wenn es auch hier und da vereinzelte Schnäppchen gibt, die aus einer Notlage heraus entstehen. (aktueller Zinsablauf, schlecht finanziert, neue Rate nicht mehr tragbar etc.) Von daher kann ich die Argumentation, niedriger Zinsen, höhere Nachfrage, etc. auch nachvollziehen.
Doch trifft dies auch für Vonovia zu? Nein, meiner Meinung nach nicht im geringsten. Zum einen haben Zinsen für Vonovia kaum Einfluss. Warum? Weil Vonovia als gewerblicher Kreditnehmer ohnehin nicht auf Festzinssätze bauen kann. Solche Darlehen werden grundsätzlich zu variablen Konditionen abgeschlossen, sind ohnehin, da Kredite zwischen Kaufleuten, leicht kündbar. Eine Zinssicherheit ist ohnehin nicht gegeben, außer man bedient sich Kapitalmarktinstrumenten, wie Cap und Collarfinanzierungen etc., aber die Prämien dafür sind so hoch, dass sich das gesamte Konstrukt nur im Idealfall rechnet.
Also habe ich mir, bevor ich vor über einem Jahr eingestiegen bin, mir einmal die Finanzierungsstruktur von Vonovia angesehen. Bankkredite sind da die Minderheit. Und das ist auch gut so, da Banken im Fall von Vonovia kein zuverlässiger Partner wären und das Unternehmen schnell in Bedrängnis führen könnten.
Vonovia ist größtenteils am Kapitalmarkt finanziert und dort wird sowieso risikoadjustiert bepreist. Natürlich wirkt sich eine allgemeine Zinserhöhung auch dort aus, jedoch ist Vonovia langfristig durchfinanziert und hat schon jetzt Fälligkeiten für das gesamte nächste Jahr abgedeckt.
Kommen wir zurück zum Grundsätzlichen. Wir haben Wohnungsnot in Deutschland. Die Nachfrage nach Wohnungen steigt, die Bevölkerung wächst. Steigende Zinsen führen dazu, dass die Privatleute, sowohl selber nicht mehr ihr Eigenheim bauen oder wie oben ausgeführt auch nicht mehr als Kapitalanleger am Markt fungieren. Bauträger streichen ein Projekt nach dem anderen. Vor wenigen Jahren haben wir täglich Anfragen von Bauträgern bekommen, inzwischen rechnet sich kaum ein Projekt mehr. Was passiert? Der Mangel an Wohnungen nimmt durch steigende Zinsen weiter zu, eigentlich ganz logisch. Wer profitiert davon? Derjenige der Wohnungen bereits in seinem Portfolio hat, dadurch eine Vollvermietung erreicht und regelmäßig im gesetzlichen Rahmen die Miete erhöhen kann. Und mal ganz einfach gerechnet. Stören Zinsaufwendungen die um 1-2 % steigen, wenn im Gegenzug die Miete aller 2-3 Jahre um 10-15 % erhöht werden kann?
Kurz gesagt, steigende Zinsen tun Vonovia meiner Meinung nach eher gut als das sie wehtun, sie verwalten Immobilien und bauen keine und solange wie das vernünftig durchfinanziert ist, sehe ich da auch keine Risiken. Zudem waren in Zeiten von Inflation Immobilien schon immer ein Weg sein Vemögen zu schützen, aber das ist ein anderes Thema. Genauso wie, dass Vonovia das Gegenteil von aroundtown ist. Keine Ahnung warum die beiden immer verglichen werden. Vonovia erlebt steigende Nachfrage, während bei einer Rezession der Leerstand bei einem Gewerbeimmobilienriesen wie aroundtown täglich zunimmt.
Ich persönlich schließe mich daher auch den Analysten an und sehe Vonovia in einem Jahr auch eher bei Kursen zwischen 35-40 Euro, sofern nicht irgendetwas unvorhergesehenes passiert. (Finanzkrise, Corona etc.)
@ariv2017: Thema Optionsscheine: Ich persönliche handele seit einiger Zeit bei Vonovia mit Faktoroptionsscheinen und kann nicht sagen, dass ich es bereue. Die Aktie ist für meine Verhältnisse perfekt dafür geeignet. Berechenbar, nicht sehr volatil, aber volatil genug damit es sich lohnt. Ich hatte das mal eine zeit lang mit Tesla versucht. Das konnte dort nur schief gehen.