Neue Funktechnik hat Praxistest noch vor sich
Montag 25. September 2006, 20:45 Uhr
Sprint Nextel (NYSE: S - Nachrichten) war ein Überraschungscoup gelungen: Anfang August kündigte der amerikanische Telefonkonzern an, ein landesweites Funknetz im Wimax-Standard aufzubauen - als Alternative zur Mobilfunktechnik UMTS. Bis zu 3 Mrd. $ will der Konzern dafür investieren.
Der US-Chipgigant Intel trommelt seit fünf Jahren für die Technik. Die Leistungsdaten sind auf dem Papier beeindruckend: 50 Kilometer weit soll Wimax funken können. Mit einer Bandbreite von 50 Megabit könnte es die drahtlose Übertragungstechnik locker
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mit dem DSL-Netz aufnehmen. Und das zu einem Drittel der Kosten, die der Datentransport im weniger leistungsfähigen UMTS-Mobilfunknetz kostet.
Netzagentur überrollt
In Deutschland wurde die Bundesnetzagentur, zuständig für die Frequenzvergabe, zu Jahresbeginn förmlich überrollt: 102 Unternehmen stellten 1221 Lizenzanträge für den neuen Funkstandard. Bis spätestens Ende Oktober will die Behörde die begehrten Dokumente in einer Auktion vergeben.
Naht damit das Ende des holprig gestarteten Mobilfunkstandards UMTS, für dessen Lizenz die Netzbetreiber einst knapp 51 Mrd. Euro bezahlt hatten? Wimax sei billiger und besser, biete eine tragfähige Alternative zur UMTS-Technik der Mobilfunkbetreiber, lautet das Urteil von Experten. "Für Endkonsumenten sind die beiden Technologien hinsichtlich Datenübertragungsrate und Mobilität in naher Zukunft austauschbar", heißt es etwa in einer Studie der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers.
Das sehen die Mobilfunker in Deutschland naturgemäß anders. "Wimax spielt keine besondere Rolle bei unserer Planung. Wir beteiligen uns nicht an der Versteigerung der Frequenzen", sagt ein Vodafone (London: VOD.L - Nachrichten) -Sprecher. Auch Festnetzanbieter winken ab: "Das angebotene Frequenzspektrum reicht nicht aus, um Nutzern mehr als ein Megabit zu bieten", sagt Arcor-Chef Harald Stöber. Kein Vergleich zu den derzeit 16 Megabit, die im DSL-Netz möglich sind.
Ernüchterung
Die Praxistests sorgen derzeit für Ernüchterung: Jenseits der Forschungslabors funkt Wimax nur zwischen 2 und 15 Kilometer weit - und mit kaum mehr als zehn Megabit. "Die typische Bandbreite für Kunden liegt dann unter zwei Megabit", sagt Markus Schaffrin vom Verband der Internetwirtschaft Eco.
Nicht einmal als Lückenfüller für die weißen Flecken auf der DSL-Landkarte tauge Wimax, ärgern sich inzwischen die Technikpioniere. Denn angesichts der drahtlosen Konkurrenz ändert die Deutsche Telekom (Xetra:
555750 - Nachrichten) geschwind die Kalkulation, nach der eine breitbandige Festnetzversorgung in bestimmten Regionen nicht wirtschaftlich sei. Kaum steht der erste Funkmast, rücken die Kabelverleger des Ex-Monopolisten an. So geschehen in Kaiserslautern oder Bad Oldesloe.
Schon bröckelt das Interesse an der Lizenzauktion: Außer Kabel Deutschland und Broadnet sind kaum noch namhafte Firmen im Rennen. Zuletzt erklärte die Bertelsmann-Tochter Arvato Mobile: "Nach eingehender Prüfung haben wir uns entschieden, an dieser Auktion nicht mehr teilzunehmen." Im Februar hatte sie sich um Frequenzen in fast allen größeren Städten bemüht.
Technik für die Nische
Ungeklärt ist immer noch, wie ein Wimax-Geschäftsmodell aussehen könnte: "Die Technik als stationäreren DSL-Ersatz anzubieten ist zu wenig", sagt selbst Frank Pfeiffer, der als Netztechnik-Chef von Motorola (NYSE: MOT - Nachrichten) in Deutschland zu den Wimax-Befürwortern gezählt werden kann. Nur mobile Lösungen versprächen Erfolg. Dafür müssten die Anbieter jedoch kooperieren: Noch teilt die Bundesnetzagentur das Land in 16 Regionen. "Zum Wimax-Erfolg gehört, dass Kunden jederzeit einen unkomplizierten Zugang haben und nicht auf Kleinstaaterei treffen", sagt der Motorola-Manager.
Diesen Service bietet UMTS bereits heute - und teilweise stehen schon Übertragungsraten von 1,8 Megabit bereit. So fällt auch das Urteil des US-Marktforschers Strategy Analytics über Wimax zurückhaltend aus: "Aus technischer Sicht gibt es keinen wesentlichen Grund für Mobilfunkbetreiber, neben UMTS auch in Wimax zu investieren", sagt Mobilfunkanalyst Philip Kendall: "Der Erfolg der Technik kann nur durch neue Spieler im Markt kommen. Die Aussicht drückt Wimax in eine Rolle, die öffentlichen W-Lan-Hotspots gleicht." Zu Deutsch: eine Technik für die Nische.
Ob es doch für mehr reicht, könnte Düsseldorf beantworten. Chiphersteller Intel hat die Rhein-Metropole zu einer der 16 Wimax-Citys weltweit auserkoren und baut dort ein flächendeckendes Funknetz aus. Ergebnisse des Feldversuchs gibt es jedoch nicht vor 2007.