Die Sanierung hätte bei SH direkt nach dem Bilanzskandal erfolgen müssen. Fraglich ist, ob dies auch nur ansatzweise erfolgt ist. Dazu einige Überlegungen:
Hätte nicht:
a) der Vorstand direkt nach dem Bilanzskandal Bewertungen zu den wesentlichen Vermögensgegenständen vornehmen (lassen) müssen? Dies hätte bedeutet, Unternehmensbewertungen nach dem DCF Verfahren vorzunehmen, diese mit marktgerechten Multiples zu verproben und dabei die Börsenkurse (als Untergrenze des Wertansatzes) einzubeziehen. Ist dies erfolgt? NEIN.
Man möge sich in diesem Forum die Frage stellen, wie erfolgreich eine Finanzierungsanfrage bei einer Bank laufen würde, wenn nicht einmal das Wissen zu der eigenen Vermögenssituation (auf Basis der Veräußerungswerte und NICHT auf Basis von Bilanzwerten) gegeben wäre.
So ernüchternd es ist, genau so hat der Vorstand von SH offensichtlich agiert. Ob der Vorstand tatsächlich geeignet ist und ein hinreichend fachliches Verständnis hat, dass Jahresabschlüsse, die, ob gleich nach IFRS, US GAAP oder German GAAP erstellt werden, hinreichend für eine Kreditgewährung seien könnten, mag bezweifelt werden. Ansonsten würden Unternehmensbewertungen vorliegen, die die Ableitung eines wirtschaftlichen Wertansatzes ermöglichen würden. Auf dieser Basis dürfte dann auch ein Antrag für ein WHOA umsetzbar sein.
b) bei Unternehmensbewertungen wird üblicherweise eine Fairness opinion erstellt. Diese erstellen üblicherweise Investment Banken oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Ist dies nach anerkannten bzw. etablierten Verfahren erfolgt? NEIN, vielmehr wurde eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aus Funk Film und Fernsehen bekannt, die bereits zuvor für SH tätig war, beauftragt, die Fairness der CVR zu bestätigen. Außerhalb des EU Rechtsraums ist dies vielleicht möglich , für die europäische Aktienkultur wäre dies - wie in diesem Forum bereits mehrfach angesprochen - allerdings kaum vorstellbar.
c) ein WHOA setzt eine sachgerechte und umfassende Aufbereitung der relevanten Informationen voraus. Die Vorbereitung liegt dabei grundsätzlich bei dem beantragenden Unternehmen. Sind die vorhandenen Vermögenswerte bei SH auch nur ansatzweise nachgewiesen bzw. über anerkannte Verfahren belegt? NEIN
d) vermittelt der Vorstand Professionalität bzw. den Eindruck, dass er fachlich in der Lage ist, einen Restrukturierungsvorgang in dieser Größenordnung zu „stehen“? NEIN
Der wesentliche Punkt ist damit aber auch folgender:
Wurde das Gesamtkonstrukt SH (2017 - 2023) bisher als wirtschaftliche Enteignung von Aktionären betrachtet? NEIN. Konkret:
a) auf Basis welcher Unterlagen wurde eine Anschlussfinanzierung (Step 2) bei welchen Kreditinstituten beantragt und verhandelt? Es gab seit 2017 ein Mix aus Finanzierungsformen. Wurden z.B. Kredit Syndizierungen mit mehreren/verschiedenen/welchen Kreditinstituten verhandelt? Gab es Kontakte mit Versicherungsunternehmen, die grundsätzlich in SSD investieren oder welche variablen Kredittranchen wurden marktseitig besprochen? Gab es überhaupt ein übergreifendes REFINANZIERUNGSKONZEPT von SH?
b) Wie kommt ein Vorstand zu der traumatische Aussage, dass er nicht für die Aktionäre sondern für die Gesellschaft tätig ist? Die Aktionäre sind die Eigentümer einer börsennotierten Gesellschaft. Der Vorstand hat die Geschäfte zu führen und ist vom Aufsichtsrat dazu das beauftragtes Organ.
c) Unabhängigkeit: seit 2017 ist das SH Konstrukt durch Einbezug einer Reihe von Beratern entwickelt worden. Besteht seitens des Vorstands hier tatsächlich die Annahme, dass eine Exkulpation hinsichtlich der Unabhängigkeit möglich ist? Von einem professionellen Vorstand würde morgen die Absage des WHOA erfolgen. Seitens der SH Verwaltung ist dagegen anzunehmen, dass man mit dem WHOA, wie am 15. Dezember 22 vorgeschlagen, weiter verfahren wird.
d) Heather Sonn sprach damals davon „die Aktie muss handelbar bleiben“ was meinte sie damit? War damals der Kursverlauf absehbar? In diesem Falle wäre sie eine mögliche vorzuladende Zeugin für strafrechtlich relevante Sachverhalte.
d) PWC Bericht: Warum ist bislang keine Veröffentlichung erfolgt? Es geht darum, volle Transparenz zu ermöglichen oder ist dies (gewollt) nicht der Fall?
Schlussendlich: In Deutschland wurde vor mehr als 20 Jahren das KontraG eingeführt, um die Risikosteuerung bei Aktiengesellschaften zu verbessern.
Die zentrale Frage dürfte von den SH Aktionären sein, ob es bei SH überhaupt ein Risikomanagement gegeben hat, um die Address-, Marktpreis, Liquiditäts- und operationellen Risiken zu steuern.
Bislang gibt es dazu sehr wenige Erkenntnisse. Die Argumentation des Vorstands von SH in zukünftigen Gerichtsverhandlungen dürfte dazu interessant werden.