Der Tod von Osama Bin Laden mag einen psychologischen Effekt auf die Finanzmärkte haben. Dass er die Verkäufe in Silber und Gold ausgelöst hat, ist Unsinn. Grund sind schärfere Regulierungen.
Peter Hody
Der Tod von Al-Qaida-Führer Osama Bin Laden ist zweifelsohne ein Ereignis von Weltrang mit entsprechenden Schlagzeilen. Dass die Finanzmärkte aber darauf reagieren sollen, ist wohl eher auf die Erinnerung der Kommentatoren an den Börsen-Kurssturz vom 9. September 2001 zurückzuführen.
Insbesondere die Interpretationen in Bezug auf die tieferen Notierungen von Silber, Gold und Öl am Montagmorgen sind falsch: Der Preis für eine Unze Silber fiel annähernd 7 Prozent, Gold knapp 1 Prozent, Öl fiel bis zu 1,5 Prozent. Der Preisabfall hatte bereits am Sonntag an den asiatischen Märkten eingesetzt – Stunden vor Bekanntgabe von Bin Ladens Tod.
Rohstoffmärkte notierten bereits Sonntag tiefer
Der Hauptgrund ist demnach ein anderer: Ende vergangener Woche hatte die Chicago Mercantile Exchange die erforderliche Marginzahlung für einen Silber-Future-Kontrakt von 14‘500 auf 25‘000 Dollar massiv erhöht. Zudem sollen auch die Broker ihrerseits die Sicherheitsmargen für Futures-Kontrakte erhöht haben. Der Effekt war, dass praktisch der ganze Rohstoffmarkt in der Nacht von Sonntag auf Montag tiefer notierte – mit dem grössten Preisabschlag auf Silber. Offenbar war es im asiatischen Markt auch zu gewissen Illiquiditäten gekommen.
Interessant wird es am Montagnachmittag, wenn die Chicago Mercantile öffnet, die grösste Rohstoffhandelsbörse der Welt. Rohstoffhändler, die übers Wochenende nicht handeln konnten, werden von den neuen Bestimmungen hart getroffen. Weitere Preisabschläge auf Silber sind darum nicht auszuschliessen.
Temporär 60 Dollar - Ende Jahr bei 50 Dollar
Manche Händler in Asien und nun auch in Europa nützen wohl auch die neuen Bestimmungen für Silber-Kontrakte, Gewinne mitzunehmen. Ende vergangener Woche hatte der Preis für eine Unze mit 49 Dollar ein neues Hoch erreicht und war so teuer wie seit 31 Jahren nicht mehr. Dass die Manufacturing-Daten aus China ein langsameres Wachstum voraussagen, war für einige Investoren wohl mit ein Anlass, nun Gewinne mitzunehmen. Silber hat sich in den vergangenen zwölf Monaten über 120 Prozent verteuert.
Bayram Dincer, Rohstoffanalyst bei LGT Capital Management ist überzeugt, dass Silber im laufenden Jahr aber weiter steigen wird. Er hält einen temporären Höchstpreis von knapp 60 Dollar pro Unze für möglich. Gegen Ende 2011 sieht Dincer den Preis bei rund 50 Dollar.
Silberrally und QE2
Zwar sei das Gesamtangebot an Silber aus Minenproduktion und Recycling weiterhin ansteigend. Doch auch die Gesamtnachfrage sei robust und insbesondere die Investitionsnachfrage. Grund ist das Wirtschaftswachstum und die industrielle Nachfrage, vor allem aber ist es Fed-Chef Ben Bernanke. Die Silberrally begann Ende vergangenen August und dem Start von QE2. Parallel zur Silber- und Goldrally startete die Abwertung des Dollar.
Laut LGT-Analyst wurde damit inbesondere Silber als hartes Investitionsgut etabliert. Die Transformation zu stabilen monetären Geldeinheiten werde den Silberpreis weiterhin nach oben beeinflussen. In den USA wollen über ein Dutzend Bundesstaaten Gold und Silber wieder als Zahlungsmittel neben dem Dollar einführen. Im März hatte Utah darüber abgestimmt, den Goldstandard wieder einzuführen.