US-Firmen sitzen auf berstenden Kassen
Rekord bei US-Aktienrückkäufen in Sicht
US-Konzerne werden in diesem Jahr voraussichtlich soviel Geld wie noch nie für den Rückkauf eigener Aktien ausgeben.
PORTLAND. Bis Ende Juli kündigten nach Angaben des Finanzspezialisten Thomson Financial 392 Firmen Rückkäufe im Werte von 147 Mrd. Dollar an. Wenn es bei dieser Gangart bleibt, würde der Rekord aus dem vorigen Jahr von 238,5 Mrd. Dollar übertroffen.
Jüngstes Beispiel ist der Computerbauer Dell. Er kündigte Ende voriger Woche an, im laufenden Quartal weitere 1,2 Mrd. Dollar für eigene Aktien auszugeben. Große Ölkonzerne wollen das Rückkauftempo in der zweiten Jahreshälfte noch steigern. Exxon Mobil zog in der ersten Jahreshälfte für sechs Mrd. Dollar eigene Aktien aus dem Verkehr und will dafür allein im dritten Quartal weitere fünf Mrd. Dollar locker machen. BP gab in den ersten sechs Monaten vier Mrd. Dollar aus und plant für die zweite Jahreshälfte sechs Mrd. Dollar ein.
Aktienrückkäufe dienen vielen Konzerne zur Kurspflege. Durch die Verringerung der frei handelbaren Aktien steigt zudem die in der Finanzgemeinde stark beachtete Kennziffer des Gewinns pro Aktie. Neben Ölkonzernen setzen vor allem Tabakhersteller, Waffenschmieden sowie Pharma- und Hightech-Firmen auf dieses Instrument.
Ihnen ist gemein, dass sie in den vergangenen Monaten einen hohen Cash-Flow erwirtschaftet haben. Neben Unternehmen wie Exxon oder BP sitzen so unterschiedliche Konzerne wie Pfizer, die Philip Morris-Mutter Altria, Boeing, Lockheed Martin, Microsoft, Intel, Hewlett-Packard und IBM auf riesigen Liquiditätspolstern.
Microsoft schüttete im vergangenen Dezember bereits mit einer Sonderdividende über 30 Mrd. Dollar an die Aktionäre aus und will zwischen 2005 und 2008 weitere 30 Mrd. Dollar in den Rückkauf eigener Aktien investieren. Milliarden-Rückkaufaktionen haben unter anderem auch der Ölförderer Kerr-McGee, die Bank of America, Time Warner, Texas Instruments, Motorola und Procter & Gamble angekündigt.
Die Liquiditätspolster der Rüstungsunternehmen von geschätzten 25 bis 30 Mrd. Dollar verblassen gegenüber den Reserven der Ölkonzerne oder Microsoft. Insgesamt, so schätzen Analysten, hielten die Industriefirmen im Standardwerte-Index S & P 500 Ende Mai die Rekordsumme von 630 Mrd. Dollar in Liquidität – das sind fast acht Prozent ihres gesamten Marktwertes.
Die Gründe für die Geldschwemme vieler US-Unternehmen sind unterschiedlich. Die Ölbranche profitiert von dem kräftig gestiegenen Ölpreise, die Waffenschmieden liefern für den Krieg im Irak und für verstärkte Sicherheit im Inland und verdienen damit gut. Tabak- und Hightech-Firmen wie Microsoft und Intel generieren traditionell einen hohen Mittelfluss. Generell, sagen Experten, sorgen bei vielen Industriefirmen Kostensenkungen durch Auslagerung von Produktion nach China und in andere asiatische Länder gepaart mit starker Zurückhaltung bei Neuinvestitionen für die hohe Liquidität.
Zwar haben einige Unternehmen auch ihre Dividenden erhöht, doch ist die Dividendenrendite von US-Aktien weiter minimal, obwohl die Steuer auf Dividendenerträge schon 2003 auf 15 Prozent gesenkt wurde. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres erhöhten laut Joseph Listani von Standard & Poor’s 1 206 Firmen ihre Dividende, gegenüber 1 062 im Vorjahr und 971 im Jahre 2003. Mit 1,8 Prozent liegt die durchschnittliche Dividendenrendite für Aktien im S&P-Index weiter unter der historischen Norm.
US-Firmen sitzen nicht nur im eigenen Land auf berstenden Kassen, sondern haben auch im Ausland Gewinne geparkt, deren Höhe auf über 500 Mrd. Dollar geschätzt wird. Der von der US-Regierung durchgesetzte „Jobs Creation Act of 2004“ senkt die fällige Steuer für zurückgeholte (repatriierte) Gewinne für ein Jahr von 35 auf 5,25 Prozent.
Pharmakonzerne halten gut 120 Mrd. Dollar in Übersee, Hightech-Firmen wie IBM und Hewlett-Packard fast 63 Mrd. Dollar. Sinn des Gesetzes, wie sein Titel besagt, ist die Rückführung von Gewinnen zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Ironischerweise bauen einige der am stärksten Begünstigten – Hewlett-Packard, Pfizer und Merck – Arbeitsplätze ab. Wohin die repatriierten Mittel fließen, lässt sich laut Mickey Levy, Chefökonom der Bank of America, nicht nachprüfen. Vermutung: Ein wesentlicher Teil fließt nicht in die Schaffung von Jobs, sondern in Aktienrückkäufe.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 15. August 2005, 09:32 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Rekord bei US-Aktienrückkäufen in Sicht
US-Konzerne werden in diesem Jahr voraussichtlich soviel Geld wie noch nie für den Rückkauf eigener Aktien ausgeben.
PORTLAND. Bis Ende Juli kündigten nach Angaben des Finanzspezialisten Thomson Financial 392 Firmen Rückkäufe im Werte von 147 Mrd. Dollar an. Wenn es bei dieser Gangart bleibt, würde der Rekord aus dem vorigen Jahr von 238,5 Mrd. Dollar übertroffen.
Jüngstes Beispiel ist der Computerbauer Dell. Er kündigte Ende voriger Woche an, im laufenden Quartal weitere 1,2 Mrd. Dollar für eigene Aktien auszugeben. Große Ölkonzerne wollen das Rückkauftempo in der zweiten Jahreshälfte noch steigern. Exxon Mobil zog in der ersten Jahreshälfte für sechs Mrd. Dollar eigene Aktien aus dem Verkehr und will dafür allein im dritten Quartal weitere fünf Mrd. Dollar locker machen. BP gab in den ersten sechs Monaten vier Mrd. Dollar aus und plant für die zweite Jahreshälfte sechs Mrd. Dollar ein.
Aktienrückkäufe dienen vielen Konzerne zur Kurspflege. Durch die Verringerung der frei handelbaren Aktien steigt zudem die in der Finanzgemeinde stark beachtete Kennziffer des Gewinns pro Aktie. Neben Ölkonzernen setzen vor allem Tabakhersteller, Waffenschmieden sowie Pharma- und Hightech-Firmen auf dieses Instrument.
Ihnen ist gemein, dass sie in den vergangenen Monaten einen hohen Cash-Flow erwirtschaftet haben. Neben Unternehmen wie Exxon oder BP sitzen so unterschiedliche Konzerne wie Pfizer, die Philip Morris-Mutter Altria, Boeing, Lockheed Martin, Microsoft, Intel, Hewlett-Packard und IBM auf riesigen Liquiditätspolstern.
Microsoft schüttete im vergangenen Dezember bereits mit einer Sonderdividende über 30 Mrd. Dollar an die Aktionäre aus und will zwischen 2005 und 2008 weitere 30 Mrd. Dollar in den Rückkauf eigener Aktien investieren. Milliarden-Rückkaufaktionen haben unter anderem auch der Ölförderer Kerr-McGee, die Bank of America, Time Warner, Texas Instruments, Motorola und Procter & Gamble angekündigt.
Die Liquiditätspolster der Rüstungsunternehmen von geschätzten 25 bis 30 Mrd. Dollar verblassen gegenüber den Reserven der Ölkonzerne oder Microsoft. Insgesamt, so schätzen Analysten, hielten die Industriefirmen im Standardwerte-Index S & P 500 Ende Mai die Rekordsumme von 630 Mrd. Dollar in Liquidität – das sind fast acht Prozent ihres gesamten Marktwertes.
Die Gründe für die Geldschwemme vieler US-Unternehmen sind unterschiedlich. Die Ölbranche profitiert von dem kräftig gestiegenen Ölpreise, die Waffenschmieden liefern für den Krieg im Irak und für verstärkte Sicherheit im Inland und verdienen damit gut. Tabak- und Hightech-Firmen wie Microsoft und Intel generieren traditionell einen hohen Mittelfluss. Generell, sagen Experten, sorgen bei vielen Industriefirmen Kostensenkungen durch Auslagerung von Produktion nach China und in andere asiatische Länder gepaart mit starker Zurückhaltung bei Neuinvestitionen für die hohe Liquidität.
Zwar haben einige Unternehmen auch ihre Dividenden erhöht, doch ist die Dividendenrendite von US-Aktien weiter minimal, obwohl die Steuer auf Dividendenerträge schon 2003 auf 15 Prozent gesenkt wurde. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres erhöhten laut Joseph Listani von Standard & Poor’s 1 206 Firmen ihre Dividende, gegenüber 1 062 im Vorjahr und 971 im Jahre 2003. Mit 1,8 Prozent liegt die durchschnittliche Dividendenrendite für Aktien im S&P-Index weiter unter der historischen Norm.
US-Firmen sitzen nicht nur im eigenen Land auf berstenden Kassen, sondern haben auch im Ausland Gewinne geparkt, deren Höhe auf über 500 Mrd. Dollar geschätzt wird. Der von der US-Regierung durchgesetzte „Jobs Creation Act of 2004“ senkt die fällige Steuer für zurückgeholte (repatriierte) Gewinne für ein Jahr von 35 auf 5,25 Prozent.
Pharmakonzerne halten gut 120 Mrd. Dollar in Übersee, Hightech-Firmen wie IBM und Hewlett-Packard fast 63 Mrd. Dollar. Sinn des Gesetzes, wie sein Titel besagt, ist die Rückführung von Gewinnen zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Ironischerweise bauen einige der am stärksten Begünstigten – Hewlett-Packard, Pfizer und Merck – Arbeitsplätze ab. Wohin die repatriierten Mittel fließen, lässt sich laut Mickey Levy, Chefökonom der Bank of America, nicht nachprüfen. Vermutung: Ein wesentlicher Teil fließt nicht in die Schaffung von Jobs, sondern in Aktienrückkäufe.
Quelle: HANDELSBLATT, Montag, 15. August 2005, 09:32 Uhr
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