KRISE IST NICHT GELÖST
Schuldenkrise: Im Auge des Wirbelsturms
Gerade eben noch schien die Welt unterzugehen, dann ist es gespenstisch ruhig. Nach kurzer Zeit kommt der Sturm wieder und setzt sein zerstörerisches Werk fort. Er war gar nicht weg, wir waren nur mittendrin.
Auszug davon
Die Krise kann jederzeit
wieder aufbrechen
Schulden können nicht ewig schneller wachsen als Einkommen. Und als sich abzeichnete, dass auch Immobilienpreise nicht ewig steigen, brach das Schuldengebäude zusammen fast. Denn Regierungen und Zentralbanken haben beherzt eingegriffen. Die Staatsverschuldung stieg seit 2007 weltweit um rund 18 Billionen Euro und die Bilanzen der Notenbanken haben sich vervielfacht. Im Jahr 5 nach Krisenausbruch kauft die US-Notenbank immer noch Wertpapiere im Umfang von einer Billion Dollar pro Jahr und die Zinsen verharren auf Rekordtiefs. Eine Krise, ausgelöst durch zu viele Schulden, wurde mit noch mehr Schulden bekämpft!
Wer argumentiert, man müsse nur für einige Milliarden Euro Banken rekapitalisieren, damit diese endlich wieder Kredite geben, versteht die Krise nicht. Wir können nicht weitermachen wie in den letzten Jahrzehnten. Wir müssen zurück zu einer Wirtschaft, in der Kredite zu produktiven Zwecken vergeben werden, nicht zu Konsum und Spekulation. Wir müssen mehr investieren in Bildung und Kapitalstock, um in einer zunehmend wettbewerbsintensiven Welt unseren Wohlstand zu erhalten. Wir müssen Antworten finden auf die Herausforderungen des demografischen Wandels und der ungedeckten Versprechen für die Altersversorgung. Und wir müssen die Altlasten der vergangenen Party bereinigen: die unbedienbaren Schulden müssen abgeschrieben werden.
Dabei geht es je nach Berechnung um erhebliche Beträge. Allein in der Eurozone dürfte das Volumen an Schulden, die nicht mehr ordentlich bedient werden können, bei drei bis fünf Billionen Euro liegen. Erhebliche Verluste. Die politische Diskussion geht im Kern darum, wie dieser Schaden verteilt wird. Durch Umverteilung zwischen den Steuerzahlern (Banken- und Fiskalunion), über Inflation oder über Schuldenschnitte mit direkter Gläubigerbeteiligung (Modell Zypern). Eine Einigung ist naturgemäß schwer zu erzielen, zu verschieden sind die Interessen. Und so wird weiter auf Zeit gespielt und gehofft, dass ein Wunder geschieht.
Der Sanierungsfortschritt in der Eurozone ist nicht so positiv, wie die Politik es darstellt. Griechenland ist pleite. Irland als Musterschüler steht verhältnismäßig gut da, leidet aber unter einer Schuldenlast von immerhin 400 Prozent des BIP. Bei jetzigem Tempo dauert es mehr als 80 Jahre, bis Irland diesen Schuldenberg auf ein tragbares Niveau reduziert hat. Portugal und Spanien leiden unter hohen Schulden und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit. Italien findet keine Lösung für die verkrustete Wirtschaft, die in der längsten Rezession der Geschichte steckt, und Frankreich leugnet jedes Problem.
Im Auge des Orkans herrscht Windstille. Die Frage ist nur, wie lange noch? Die Krise kann jederzeit wieder aufbrechen. Ausgelöst durch politisches Chaos in Italien, eine weitere Bankenschieflage oder einen Vertrauensverlust in die Zentralbanken. Die aggressive Geldpolitik hat es zwar geschafft, die Finanzmärkte zu beflügeln, aber nicht die Realwirtschaft. Was passiert, wenn Investoren das erkennen? Können Aktien wirklich nicht mehr fallen, weil Geld gedruckt wird, auch wenn sie sich weit von den fundamental gerechtfertigten Werten entfernt haben?
Anleger sollten die Zeit nutzen, um noch ein paar Fenster zu vernageln. Darauf verlassen, dass die Politiker doch noch das richtige tun, können wir uns nicht. Sollte der Sturm wieder losbrechen, wird es keine Anlageklasse geben, die ungeschoren davonkommt, auch vermeintlich sichere Anlagen wie Gold können fallen. Wenn alle gleichzeitig aus den Märkten aussteigen, wird es turbulent. Einen Vorgeschmack gab die Entwicklung in den Schwellenländern, als die Fed andeutete, über eine Reduktion des Anleihekaufprogramms nachzudenken.
www.finanzen.net/nachricht/...Im-Auge-des-Wirbelsturms-2796901