Fass-ohne-Boden-Politik
von Henrik Voigt
Liebe Leserin, lieber Leser,
am Freitag wurde das griechische Umschuldungsangebot veröffentlicht. Heute wird sich der Deutsche Bundestag mit dem zweiten Gläubiger-Rettungspaket in Bezug auf Griechenland befassen. Es wird erwartet, dass es abgesegnet wird.
Hinter dem Griechenland-Deal verstecken sich zwei pikante Details. Das erste: Wenn auch mit Hilfe von Zwangsmaßnahmen (CAC) nicht mindestens eine Umtauschquote von 75% von alten in neue Bonds (und damit teilweiser Forderungsverzicht) erreicht werden kann, ist der gesamte Deal tot und Griechenland wird im März dennoch die Staatspleite erklären müssen. Zweitens: Bis 2020 wird Griechenland ungefähr 480 Milliarden Euro für die Finanzierung von Defizit, Tilgung und Zins sowie für den normalen Haushalt benötigen. Auf die eigentlichen Haushaltsausgaben wie Renten und Gesundheit entfallen davon nur etwa 72 Milliarden Euro. Der Rest geht direkt an die Gläubiger (überwiegend Banken und Versicherungen). Der europäische Steuerzahler wird also zum größten Teil zur Rettung privater Gläubiger missbraucht, nicht aber zur Rettung Griechenlands. Da damit auch gegen geltendes EU-Recht verstoßen wird, wird dies hoffentlich auch juristische Konsequenzen für die Befürworter haben.
Und noch ein pikantes Detail: Das zweite Rettungspaket ist noch nicht durchgewunken, da wird die Öffentlichkeit schon mal auf ein drittes eingestimmt. Die Bundesregierung will nicht ausschließen, dass nach dem Jahr 2014 auch ein drittes Hilfspaket für Griechenland notwendig werden könnte, heißt es in der Presse. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Freitag in Berlin nach Beratungen mit dem Haushaltsausschuss des Bundestages, es könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass nach dem Auslaufen des zweiten Pakets bis 2020 "weitere Anforderungen" kommen. Ähnlich äußerte sich der Chef der Euro-Gruppe, Jean Claude Juncker (Sie wissen schon, der mit den Lügen). Auch er könne ein drittes Hilfspaket für Griechenland nicht wirklich ausschließen". Dies solle aber nun nicht die Ausgangserwartung" sein; wichtiger wäre es, das zweite Programm zu installieren. Brüssel steht bereit, Griechenland auch über die Zeit des zweiten Hilfsprogramms hinaus zu helfen". Wie war das noch mit der Definition des Wahnsinns?
Unterdessen mehren sich die Anzeichen, dass es nach der nächsten Griechenland-Wahl im April dort aufgrund der wachsenden Zersplitterung der Parteienlandschaft keine stabile Regierung und damit keinen verlässlichen Ansprechpartner für die EU mehr geben wird. Auch die Gerüchte um einen bevorstehenden griechischen Militärputsch nehmen zu. Die Sache dürfte noch einiges Überraschungspotenzial bieten.