EUR/USD: Aufwertung mit Verspätung
von Andreas Wolf
vor einem Monat hatte ich eine weitere Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar prognostiziert. Der ersten Aufwärtswelle Mitte März von 1,30 US-Dollar auf 1,37 US-Dollar sollte unmittelbar eine Zweite folgen. Die EZB machte mit ihrem internen Machtkampf einen Strich durch diese Rechnung. Während Bundesbank-Chef Weber deutlich machte, dass die ein-Prozent-Grenze für die Leitzinsen nach unten nicht unterschritten werden sollte, kommunizierten andere Mitglieder des Notenbankgremiums weiter fröhlich eine Absenkung bis auf 0,5 und gar null Prozent. Im Vorfeld der nächsten EZB-Sitzung zur Leitzinsentscheidung am kommenden Donnerstag scheinen sich die Marktteilnehmer aber nicht mehr weiter von den Launen der Notenbank abhängig machen zu wollen. Die US-Notenbank hat in der vergangenen Woche deutlich gemacht, dass ihre Geldschleusen mit einem Niedrigzinssatz von 0 bis 0,25 Prozent noch eine Weile geöffnet bleiben werden. Sinn der Aktion ist eine Inflationierungspolitik, die das Horten von US-Dollar in Bargeld unattraktiv, Investitionen in Sachwerte aber umso sinnvoller machen soll. Vom Grundsatz der doch etwas unterschiedlichen ökonomischen Gesamtvoraussetzungen in den USA und Europas wäre eine Rücknahme des EU-Leitzinses auf unter ein Prozent derzeit wohl auch nicht nützlich. Die aggressive Geldpolitik der Federal Reserve könnte sogar dazu führen, dass die Investoren mit dem Halten von Bargeld rascher einen Wertverlust erleiden als ihnen lieb ist, mitunter also ein „negativer" Leitzins unterstellt werden müsste.
Erholung der Aktienmärkte erhöht Risikoneigung
Unter normalen Umständen müsste bei einer bevorstehenden Konjunkturerholung in den USA auch der US-Dollar davon profitieren. Die Investoren unterstellen aber zunächst einmal mit dem Anstieg der Aktienkurse an den Märkten eine Rückkehr der Risikofreudigkeit. Die sogenannten „Carry-Trade-Währungen, US-Dollar, Yen und Schweizer Franken gelangen dann schneller wieder unter Druck, weil die Verschuldung in den entsprechenden Ländern zu besonders günstigen Konditionen möglich ist. Bevor also die realökonomische Komponente einer Erholung Kontur annimmt, wird zunächst die kurzfristig günstige Verschuldungsmöglichkeit eine zusätzliche Belastung für diese Währungen darstellen. Natürlich stellt der positive Exportvorteil für die USA einen zusätzlich gewünschten Effekt der Notenbankpolitik dar. Das beste staatliche Konjunkturpaket nutzt nichts, wenn die einheimische Währung aufwertet und so den Exporteuren die Margen verhageln. Allerdings muss die US-Notenbank darauf achten, den Geldhahn rechtzeitig und mit dem notwendigen Augenmaß wieder abzudrehen. Verpasst sie den richtigen Augenblick, würde die dann folgende Beschleunigung der Geldentwertung schnell das nächste Problem an den Märkten darstellen.
Steigende Volatilität garantiert
Die sich anbahnende Abwertung des US-Dollars erhöht zudem die bisher moderate Volatilität an den Währungsmärkten. Während die EZB einem solchen Szenario traditionell zunächst mit verbalen Aktionen ihres Notenbankchefs begegnet, sehen viele asiatische Staaten dem Abwertungswettlauf nicht so gelassen entgegen. Der Beschluss der ASEAN- Gemeinschaft, zu vergleichen mit der EU, vom Wochenende, eine eigene Finanzinstitution wie den IWF (Internationaler Währungsfonds) zu gründen, dürfte eine Vorsichtsmaßnahme sein. Denn nicht zuletzt der Absturz einiger asiatischer Währungen löste 1997 die sogenannte Asienkrise aus. Heftige Abwertungen der Landeswährungen und Fast-Staatsbankrotte waren die Folge. Die Hilfsbedingungen des von den westlichen Industriestaaten dominierten IWFs lösten zwar keine größeren sozialen Unruhen aus, ein Großteil des zuvor erwirtschafteten Wohlstandes waren viel Bevölkerungsteile aber wieder los. Europa wäre demnach gut beraten, sich Maßnahmen zu überlegen, die eine zu starke US-Dollar-Abwertung verhindern. Denn nach dem Desaster des historischen Wachstumseinbruchs bei den EU-Exportunternehmen wäre eine starke Abwertung der US-Valuta nur für die Touristen ein positives Ereignis, viele Unternehmen hingegen würden diese zusätzliche Belastung nicht überleben.
Ausbruch aus Konsolidierungsflagge geglückt
Seit dem ersten Aufwärtsschub von knapp 10 Cent im Verlaufe des März nahm sich das EUR/USD eine Auszeit. Die Konsolidierung erstreckte sich über zwei Drittel der zuvor vollzogenen Aufwärtsbewegung, fing sich aber letzten Endes an der Unterstützung um 1,30 US-Dollar. Der zum Ende April ausgelöste Kaufsignal im MACD wurde gestern durch den Trendwendeindikator Coppock bestätigt. Zudem konnte der Euro den moderaten Abwärtstrend der seit Mitte März gültigen Konsolidierungsflagge überschreiten und somit ein weiteres Kaufsignal initiieren. Als letzter Bremsklotz verbleibt heute noch die obere Begrenzung des Bollinger Bandes, das allerdings bei der zu erwartenden aufkommenden Dynamik (siehe Entwicklung Mitte März) rasch nach oben ausgeweitet wird. Die nächste, untergeordnete Widerstandszone findet sich im Bereich der Haltepunkte der jüngsten Aufwärtsbewegung zwischen 1,3660 und 1,3730 US-Dollar. Das von den technischen Indikatoren angedeutete Anstiegs-Potenzial dürfte aber den nächsten größeren Widerstand erst im Bereich um 1,40 US-Dollar erwarten. Die aktuelle Euro-Aufwertung dürfte deshalb ähnlich ablaufen wie jene Mitte Dezember 2008. Damals legte der Euro wegen der Erleichterung über eine Entspannung der kritischen Lage bei den US-Banken in knapp einer Woche von Kursen um 1,32 US-Dollar bis in der Spitze auf 1,47 US-Dollar zu. Ein ähnlicher schneller Rücklauf wie damals ist diesmal aber nicht zu erwarten.
von Andreas Wolf
vor einem Monat hatte ich eine weitere Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar prognostiziert. Der ersten Aufwärtswelle Mitte März von 1,30 US-Dollar auf 1,37 US-Dollar sollte unmittelbar eine Zweite folgen. Die EZB machte mit ihrem internen Machtkampf einen Strich durch diese Rechnung. Während Bundesbank-Chef Weber deutlich machte, dass die ein-Prozent-Grenze für die Leitzinsen nach unten nicht unterschritten werden sollte, kommunizierten andere Mitglieder des Notenbankgremiums weiter fröhlich eine Absenkung bis auf 0,5 und gar null Prozent. Im Vorfeld der nächsten EZB-Sitzung zur Leitzinsentscheidung am kommenden Donnerstag scheinen sich die Marktteilnehmer aber nicht mehr weiter von den Launen der Notenbank abhängig machen zu wollen. Die US-Notenbank hat in der vergangenen Woche deutlich gemacht, dass ihre Geldschleusen mit einem Niedrigzinssatz von 0 bis 0,25 Prozent noch eine Weile geöffnet bleiben werden. Sinn der Aktion ist eine Inflationierungspolitik, die das Horten von US-Dollar in Bargeld unattraktiv, Investitionen in Sachwerte aber umso sinnvoller machen soll. Vom Grundsatz der doch etwas unterschiedlichen ökonomischen Gesamtvoraussetzungen in den USA und Europas wäre eine Rücknahme des EU-Leitzinses auf unter ein Prozent derzeit wohl auch nicht nützlich. Die aggressive Geldpolitik der Federal Reserve könnte sogar dazu führen, dass die Investoren mit dem Halten von Bargeld rascher einen Wertverlust erleiden als ihnen lieb ist, mitunter also ein „negativer" Leitzins unterstellt werden müsste.
Erholung der Aktienmärkte erhöht Risikoneigung
Unter normalen Umständen müsste bei einer bevorstehenden Konjunkturerholung in den USA auch der US-Dollar davon profitieren. Die Investoren unterstellen aber zunächst einmal mit dem Anstieg der Aktienkurse an den Märkten eine Rückkehr der Risikofreudigkeit. Die sogenannten „Carry-Trade-Währungen, US-Dollar, Yen und Schweizer Franken gelangen dann schneller wieder unter Druck, weil die Verschuldung in den entsprechenden Ländern zu besonders günstigen Konditionen möglich ist. Bevor also die realökonomische Komponente einer Erholung Kontur annimmt, wird zunächst die kurzfristig günstige Verschuldungsmöglichkeit eine zusätzliche Belastung für diese Währungen darstellen. Natürlich stellt der positive Exportvorteil für die USA einen zusätzlich gewünschten Effekt der Notenbankpolitik dar. Das beste staatliche Konjunkturpaket nutzt nichts, wenn die einheimische Währung aufwertet und so den Exporteuren die Margen verhageln. Allerdings muss die US-Notenbank darauf achten, den Geldhahn rechtzeitig und mit dem notwendigen Augenmaß wieder abzudrehen. Verpasst sie den richtigen Augenblick, würde die dann folgende Beschleunigung der Geldentwertung schnell das nächste Problem an den Märkten darstellen.
Steigende Volatilität garantiert
Die sich anbahnende Abwertung des US-Dollars erhöht zudem die bisher moderate Volatilität an den Währungsmärkten. Während die EZB einem solchen Szenario traditionell zunächst mit verbalen Aktionen ihres Notenbankchefs begegnet, sehen viele asiatische Staaten dem Abwertungswettlauf nicht so gelassen entgegen. Der Beschluss der ASEAN- Gemeinschaft, zu vergleichen mit der EU, vom Wochenende, eine eigene Finanzinstitution wie den IWF (Internationaler Währungsfonds) zu gründen, dürfte eine Vorsichtsmaßnahme sein. Denn nicht zuletzt der Absturz einiger asiatischer Währungen löste 1997 die sogenannte Asienkrise aus. Heftige Abwertungen der Landeswährungen und Fast-Staatsbankrotte waren die Folge. Die Hilfsbedingungen des von den westlichen Industriestaaten dominierten IWFs lösten zwar keine größeren sozialen Unruhen aus, ein Großteil des zuvor erwirtschafteten Wohlstandes waren viel Bevölkerungsteile aber wieder los. Europa wäre demnach gut beraten, sich Maßnahmen zu überlegen, die eine zu starke US-Dollar-Abwertung verhindern. Denn nach dem Desaster des historischen Wachstumseinbruchs bei den EU-Exportunternehmen wäre eine starke Abwertung der US-Valuta nur für die Touristen ein positives Ereignis, viele Unternehmen hingegen würden diese zusätzliche Belastung nicht überleben.
Ausbruch aus Konsolidierungsflagge geglückt
Seit dem ersten Aufwärtsschub von knapp 10 Cent im Verlaufe des März nahm sich das EUR/USD eine Auszeit. Die Konsolidierung erstreckte sich über zwei Drittel der zuvor vollzogenen Aufwärtsbewegung, fing sich aber letzten Endes an der Unterstützung um 1,30 US-Dollar. Der zum Ende April ausgelöste Kaufsignal im MACD wurde gestern durch den Trendwendeindikator Coppock bestätigt. Zudem konnte der Euro den moderaten Abwärtstrend der seit Mitte März gültigen Konsolidierungsflagge überschreiten und somit ein weiteres Kaufsignal initiieren. Als letzter Bremsklotz verbleibt heute noch die obere Begrenzung des Bollinger Bandes, das allerdings bei der zu erwartenden aufkommenden Dynamik (siehe Entwicklung Mitte März) rasch nach oben ausgeweitet wird. Die nächste, untergeordnete Widerstandszone findet sich im Bereich der Haltepunkte der jüngsten Aufwärtsbewegung zwischen 1,3660 und 1,3730 US-Dollar. Das von den technischen Indikatoren angedeutete Anstiegs-Potenzial dürfte aber den nächsten größeren Widerstand erst im Bereich um 1,40 US-Dollar erwarten. Die aktuelle Euro-Aufwertung dürfte deshalb ähnlich ablaufen wie jene Mitte Dezember 2008. Damals legte der Euro wegen der Erleichterung über eine Entspannung der kritischen Lage bei den US-Banken in knapp einer Woche von Kursen um 1,32 US-Dollar bis in der Spitze auf 1,47 US-Dollar zu. Ein ähnlicher schneller Rücklauf wie damals ist diesmal aber nicht zu erwarten.