29. Oktober 1929 und 2009 Thursday, 29. October 2009 Heute vor 80 Jahren crashte die Wall Street. Es folgte die große Depression. Die Verlauf der Ereignisse von 1928 - 1949 könnte frappierende Ähnlichkeiten zu der aktuellen Krise aufweisen. Allerdings reagierten die Regierungen damals und heute höchst unterschiedlich. Aus aktuellen Gründen hier eine ältere Analyse von Jochen Steffens. Der wesentliche Unterschied beim "Krisenmanagement" von heute und damals war, dass in den 30igern die Regierungen sparten, statt Geld zu drucken. Damals reagierten die Staaten mit Sparprogrammen und Steuererhöhungen, um steigende Defizite zu vermeiden, wie das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) in einer jüngst veröffentlichten Studie schreibt. Dazu kam verbreitet protektionistische Abschottung, mit der Folge, dass die Exporte weitgehend zum Erliegen kamen. Der Welthandel schrumpfte von 1929 bis 1933 um zwei Drittel. Meines Wissens war es mein geschätzter Kollege Robert Rethfeld, der diesen Vergleich im Zusammenhang mit einer Untersuchung zum Marktverhalten nach dem Platzen von Aktienblasen als einer der ersten dargestellt hat. Dieser Vergleich entwickelt mittlerweile eine unglaubliche Synchronität. Dazu folgender Chart:
Der Nasdaq war einer der wenigen Indizes, die in den Jahren der Rally zwischen 2003 und 2007 nicht an seine alten Hochs gelaufen sind. Er ist dabei der einzige Index, der sich wie der Dow Jones nach dem großen Crash von 1929 verhielt. Nach dem Crash des Nasdaq im letzten Jahr wird die Synchonität augenfällig. Sowohl im Dow Jones, als auch im Nasdaq kam es fünf Jahre nach den ersten Tiefs zu einem erneuten Crash. Soweit perfekt. Uns interessiert aber natürlich die weitere Entwicklung.
Wie Sie sehen, erholte sich der Dow Jones 1937 etwas und ging dann in eine sehr zähe Seitwärtsbewegung über, die weitere 5 Jahre andauerte. Eine ähnliche Entwicklung könnte uns auch im Nasdaq erwarten. Das wäre natürlich eine Katastrophe für die Aktienkultur. Schon jetzt merkt man an den Umsätzen und natürlich auch durch Gespräche im Bekanntenkreis, dass die Menschen der Börse fernbleiben. Wenn es nun fünf Jahre so weiter geht, muss man sich ernsthaft fragen, wie es dann um die Börsenlandschaft gerade in Deutschland bestellt sein wird.
Das Mega-Einstiegssignal
Falls die Synchronität weiter gehen würde, hieße das, dass erst 2012-2013 das letzte Tief in dieser Seitwärtsbewegung ausgebildet wird, und erst dann die Märkte in eine neue, größere Aufwärtsbewegung übergehen. Allerdings wäre das natürlich der absolute perfekte Einstieg, um wie Warren Buffett aus einem kleinen Vermögen, ein riesiges zu machen.
Nur selten wird erwähnt, dass viele der großen und extrem erfolgreichen Fonds, von denen heute immer wieder die Rede ist, am Ende der großen Seitwärtsbewegung von 1960-1980 entstanden sind und somit bis zum Jahr 2000 satte 20 Jahre Boomphase erlebten. Ein genialer Einstieg für eine Buy and Hold Strategie nach Value-Kriterien. Und aus diesem Blickwinkel verwundert es nicht, dass selbst ein Buffett jetzt, seitdem die große Boomphase vorbei ist, doch erhebliche Probleme mit der Performance bekommt. Aber das ist ein anderes Thema.
Dieses Szenario passt natürlich auch perfekt in meine Theorie der großen Seitwärtsbewegung, von der ich hier mehrfach gesprochen habe. Denn dann würde der Nasdaq100 das letzte Hoch erst 2016 überwinden und das wäre dann schließlich das eindeutige Zeichen, dass die aktuelle Krise wirklich vorbei ist.
Weitere Ähnlichkeiten
Es gibt auch fundamentale Ähnlichkeiten: Der Crash 1937 im Dow Jones wurde dadurch ausgelöst, dass Roosevelt die Staatsverschuldung eindämmen wollte, die sich durch die im Jahr 1932 gestarteten Reformen des New Deal massiv ausgeweitet hatte. In dem Moment, in dem das System nicht mehr mit Staatsgeldern geflutet wurde, kam es zu einem Einbruch der Börsen und der Wirtschaft. Man spricht in diesem Zusammenhang von der sogenannten Roosevelt-Depression.
Auch 2007 wurde Liquidität abgezogen. Alan Greenspan und später Ben Bernanke erhöhten nach und nach die US-Leitzinsen, um den Immobilienboom zu begrenzen. Letzten Endes war das der Auslöser für den Immobiliencrash, der wiederum Auslöser der Finanzkrise gewesen ist. Soweit bleibt das Beispiel ähnlich.
1939 begann der Zweite Weltkrieg. Etwas später begann die Kriegsproduktion in den USA, die zunächst, ohne selbst beteiligt zu sein, Waffen und Kriegsgerät für Frankreich und Großbritannien herstellten. 1941 traten die USA selbst in den Zweiten Weltkrieg ein. Spätestens ab dem Kriegseintritt der USA im Jahr 1941 ist der Dow Jones in einen Kriegsmodus übergegangen.
Man kann sich nun fragen, ob die ungeheure Liquiditätszuführung, die wir zurzeit sehen, in Verbindung mit den Konjunkturprogrammen vielleicht im Prinzip mit dieser Kriegsproduktion zu vergleichen ist. Für die Wirtschaft könnte beides einen ähnlichen Effekt haben. Aber, und das ist wichtig: Trotz dieser Kriegsproduktion stieg damals der Dow Jones nicht.
Allerdings kann das natürlich wiederum daran liegen, dass der Index sich bereits im Kriegsmodus befand. Das ist die knifflige Frage, auf die ich noch keine Antwort weiß.
Vielleicht bleibt die Synchronität bestehen
Zunächst bedeutet das oben Gesagte, dass auch aus fundamentalen Gesichtspunkten der Nasdaq noch weit ins Jahr 2010 ähnlich verlaufen könnte. Und dann muss man sehen, was passiert. Wir wissen schließlich noch nicht, was uns im Jahr 2010 alles erwartet. Nur ein Beispiel: Die Situation im Iran wird immer undurchsichtiger und damit potenziell gefährlich. Innenpolitische Spannungen wurden schon immer gerne durch Kriege überdeckt. Und welche weiteren Auswirkungen ein Krieg zum Beispiel mit Israel haben würde, kann zurzeit keiner vorhersehen.
Es gibt sowieso gerade zurzeit wieder eine Menge politischen Sprengstoff in der Geopolitik, der zumindest theoretisch das Zeug dazu hat, größere Unsicherheit und vielleicht auch begrenzte Kriegsereignisse auszulösen. Vielleicht bestehen doch mehr Ähnlichkeiten zu der Situation des Dow Jones damals, als man denkt.
Hoffen wir jedoch, dass sich dieser synchrone Verlauf bald auflöst. Mir wäre es lieber, wenn die Maßnahmen der Regierungen und der Notenbanken Früchte tragen. Geschichte muss sich nicht immer wiederholen, schließlich können die Entscheider inzwischen auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen.