Personalabbau: Mit ruppigen Methoden

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Personalabbau: Mit ruppigen Methoden Brummer
Brummer:

Personalabbau: Mit ruppigen Methoden

 
19.04.02 18:56
#1
Von Eva Buchhorn

Kündigungen und Stellenstreichungen gehören in der aktuellen Entlassungswelle für viele Manager zum unangenehmen Alltagsgeschäft. Aus vermeintlichem Zeitmangel oder weil arbeitsrechtliche Grundkenntnisse fehlen, geht manche Führungskraft mit Brachialgewalt vor. Den Schaden hat die Firma.

Das Ende kam an einem warmen Julitag. Auf einer überraschend angesetzten Konferenz eröffnete die Geschäftsleitung der ahnungslosen Belegschaft, 12 von 32 Mitarbeitern erhielten noch am selben Tag ihre Kündigung. Das Unternehmen werde an einen amerikanischen Investor verkauft, der eine schlanke Organisation verlange.
 
Riskantes Spiel: Setzt sich ein Unternehmen nur dem Verdacht des Rechtsbruchs beim Personalabbau aus, ist nicht nur der Betriebsfrieden dahin
 
Wer gekündigt und ab sofort freigestellt war, fand seinen Namen auf dem Flipchart im Konferenzraum. In der Nacht zuvor hatte die Firma die E-Mail-Zugänge der Betroffenen sperren und sämtliche Dateien in ihren Computern sichern lassen. Alles reine Vorsicht, man wisse ja nie, rechtfertigten sich die Manager. Ehemalige Mitarbeiter erzählen die Episode noch immer ehrlich empört: Wie Kriminelle hätten sie sich gefühlt.

Ob die Kündigungsaktion bei der Hamburger Internet-Firma ISyndicate, bis zum Verkauf in die USA eine 50-prozentige Tochtergesellschaft des Bertelsmann-Konzerns, geltendes Recht verletzte oder nur unglücklich vonstatten ging, kann dahinstehen. Ein Imageschaden ist jedenfalls entstanden. Dass das ehemalige Management betont, es habe den Kündigungsopfern Abfindungen und Hilfe bei der Jobsuche angeboten, hilft da nicht viel.

Auseinandersetzungen wie bei ISyndicate belasten derzeit nicht nur die New Economy. Die Angst vor der Rezession treibt selbst Großunternehmen dazu, "mit Hauruck-Entscheidungen retten zu wollen, was zu retten ist", weiß der Düsseldorfer Arbeitsrechtsanwalt Stefan Röhrborn aus seiner täglichen Praxis.

Quer durch alle Branchen und Unternehmensgrößen müssen Personalkosten gesenkt und abertausende Arbeitsplätze gestrichen werden.

Nicht immer stehen solche Maßnahmen im Einklang mit dem Arbeitsrecht. Ein riskantes Spiel: Setzt sich ein Unternehmen nur dem Verdacht des Rechtsbruchs aus, ist der Betriebsfrieden dahin, das Ansehen leidet, die Gewerkschaften machen Druck. Kommt die Sache gar vor das Arbeitsgericht, können saftige Kosten anfallen.

Quelle: manager-magazin.de
Personalabbau: Mit ruppigen Methoden Brummer
Brummer:

Personalabbau: Mit ruppigen Methoden (2)

 
19.04.02 18:59
#2
Von Eva Buchhorn

Sie meinen, als Manager gehe Sie dies alles wenig an, denn der korrekte Umgang mit dem Arbeitsrecht sei ausschließlich Aufgabe der Personalabteilung? Irrtum: Jede Führungskraft kann in die Lage kommen, arbeitsrechtlich relevante Entscheidungen treffen zu müssen.

Da muss der Abteilungsleiter plötzlich seinen Mitarbeitern die Zustimmung zu einer Gehaltsreduzierung abringen oder den Widerruf freiwilliger Leistungen rechtfertigen. Im Fall einer Kündigung muss er die Informationen für die Betriebsratsanhörung liefern und erklären, warum dieser Mitarbeiter gehen soll und jener bleiben darf.

In einer solchen Situation leisten sich Führungskräfte schwer wiegende Fehler. Die meisten Pannen passieren, weil sich die Manager mit den komplexen, unübersichtlichen Regelungen des Interessenausgleichs zwischen Arbeitgeber und Belegschaft schlicht nicht auskennen. Arbeitsrechtler Röhrborn findet es "erschreckend", wie wenig Manager vom Arbeitsrecht verstehen.

Vor allem die Alternativen zur Kündigung sind oftmals nicht klar. Unter welchen Umständen darf ein Unternehmen aus Spargründen das Weihnachtsgeld streichen? Wann ist eine Gehaltsreduzierung erlaubt?

Zugegeben: Arbeitsrecht ist kompliziert. Unter dem Druck der aktuellen Wirtschaftskrise glaubt manch eine Führungskraft, sie habe für langwierige juristische Überlegungen und Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat keine Zeit, wenn es darum geht, die Personalkosten zu senken. Anwaltsgebühren und Gerichtskosten werden gleich mit einkalkuliert - Hauptsache, der Stellenabbau lässt sich schnell durchziehen.

Doch solche vermeintlichen Vorwärtsstrategien können Unternehmen mächtig Ärger einbringen.


Quelle: manager-magazin.de

Personalabbau: Mit ruppigen Methoden Brummer

Personalabbau: Mit ruppigen Methoden (3)

 
#3
Von Eva Buchhorn

Der Chiphersteller Infineon zum Beispiel will bis Ende 2002 5000 von 34.600 Arbeitsplätzen abbauen. Konzernchef Ulrich Schumacher kam unter erheblichen Rechtfertigungsdruck, als sich herausstellte, dass die ersten 250 Betroffenen Mitarbeiter in der Probezeit waren, die weniger als sechs Monate im Unternehmen arbeiteten und deshalb keinen Kündigungsschutz genossen. Nicht wenige von ihnen hatten gut dotierte Jobs aufgegeben, um zu Infineon zu wechseln.

Manch ein Unternehmer büßt vor lauter Angst um das Überleben seiner Firma jedes Gefühl für den Umgang mit Mitarbeitern ein. Beispiel: Bernd Kolb, Chef der Multimediaagentur I-D Media.

Kolb machte jedem seiner Mitarbeiter am Standort Berlin den Vorschlag, gegen eine Abfindung um die Aufhebung seines Arbeitsvertrags zu bitten. Dann suchte er sich aus, welches der Aufhebungsangebote er annahm und wer bleiben durfte. Solche Selbstherrlichkeiten verärgerten Talente, die bei nächster Gelegenheit das Weite suchen werden.

Ebenso kurzsichtig handeln Unternehmen, die ein komplettes Team aus der Firma hinauskomplimentieren, unabhängig davon, ob sich unter den Gefeuerten vielleicht besonders fähige Leute befinden. In der Werbe- und Public-Relations-Branche ist ein solches Vorgehen in Krisenzeiten üblich. Der langfristigen Qualitätssicherung der Agenturen wird es kaum dienen.

Sind die Entscheidungen nicht nur unangemessen, sondern möglicherweise sogar rechtswidrig, kann dies teuer werden. Ein Rechenbeispiel: Die Anwaltskosten für die Abwehr einer Kündigungsschutzklage, bei der der Betroffene ein Bruttojahresgehalt von 100.000 Mark bezieht, betragen in der ersten Instanz 3000 Mark. Will das Unternehmen 100 Beschäftigte entlassen und leistet sich nur einen einzigen Formfehler, der sich durch alle Kündigungen zieht, sind Anwaltskosten von 300.000 Mark zu zahlen. Abfindungen nicht eingerechnet.

In der aktuellen Krise sollten Manager die Möglichkeiten kennen, Personalkosten in Einklang mit dem Arbeitsrecht zu reduzieren. Kündigungen sind das letzte Mittel. Häufig lässt sich unterhalb dieser Schwelle schon eine effektive Kostenreduzierung erreichen - die vermutlich dem Betriebsfrieden dienlicher ist.

Quelle: manager-magazin.de




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