Einen Stimmungsumschwung vollzieht
auch die Kalit+Salz-Aktie, die am Dienstag
bei Kursen von weniger als 15,50 offenbar
ihren unteren Wendepunkt markierte. Denn
seither gibt es massive spekulative Rückkäufe
der Aktie. „Das Schlachtfest bei K+S war
übertrieben, ja panisch. Dabei weiß noch kein
Mensch, ob es überhaupt zu einem dauerhaften
Preisverfall bei Kali kommt”, meinten erste
Analysten.
Die Massenflucht der Anleger aus der Aktiehatte
der russische Konkurrent Uralkali
ausgelöst. Das Unternehmen steigt nach eigenen
Angaben aus der Export-Allianz mit
dem weißrussischen Branchenkollegen BPC
aus und will seine Produkte über eine eigene
Handelsorganisation in der Schweiz vermarkten.
Uralkali-Chef Vladislav Baumgertner setzte
noch eins drauf: Gegenüber Nachrichtenagenturen
kündigte er eine Produktionsausweitung
im kommenden Jahr an und sieht den
Kalipreis auf unter 300 Dollar je Tonne fallen,
umgerechnet 226 Euro. Das wäre ein Viertel
weniger als derzeit gezahlt wird.
Inzwischen sind die Horrorszenarien auf dem
Welt-Kalimarkt einer ruhigeren Betrachtung
gewichen. Es verbreitet sich der Eindruck,
dass die russischen Preisgerüchte und die
Panikreaktion
der Börse übertrieben gewesen
sein könnten. Wenn sich das globale Kartell
wieder halbwegs zusammenfindet, wie es
seit Jahrzehnten immer der Fall gewesen ist,
dann war die Panik bei den Kali-Aktien eine
spektakuläre Bärenfalle. Vor allem erwarten
manche Käufer auch Zwangseindeckungen
der Baisse-Spekulanten. Es kursieren Gerüchte,
dass russische Investoren mit sehr hohen
Einsätzen ganz gezielt auf Baisse spekuliert
hätten. “Die Leerverkäufer müssen sich
nun eindecken”, heißt es, und das könnte das
Comeback der Aktie beschleunigen.
Doch auch hier warnen Pessimisten, dass sich
die Probleme nicht so schnell in Luft auflösen
werden. Sollte nämlich doch ein globaler
Preiskrieg ausbrechen – und danach sehe es
immer noch aus – , dann würde das nach Ansicht
von Börsianern die Geschäfte von K+S
fatal belasten, vor allem, weil das neue Großprojekt
in Kanada, Legacy, dann zu scheitern
drohe. K+S treibt den Aufbau des neuen Kaliwerkes
in der dortigen Provinz Saskatchewan
voran. Der Bau von Legacy zieht sich
allerdings in die Länge und wird unerwartet
teuer. Das Investitionsbudget mußte auf 4,1
Milliarden kanadische Dollar, rund 3 Milliarden
Euro, angehoben werden. Sollte nun der
Weltmarktpreis deutlich sinken, könnte sich
Kali+Salz mit Legacy genau zum falschen
Zeitpunkt fatal überhoben haben. Andererseits:
Beruhigt sich der Weltmarkt, dann wird
genau dieses Werk K+S in die Weltspitze katapultieren.
Das neue Werk wird die Ausgangsbasis
für den Absatz in den aufstrebenden
Wachstumsregionen in Asien und in Südamerika
sowie auch in Nordamerika sein. Mit
Legacy wird K+S der einzige Kaliproduzent
mit großen eigenen Produktionsstandorten
auf zwei Kontinenten sein.
Der kanadische Konkurrent von K+S, Potash-
Chef William Doyle, geht davon aus, dass die
wirtschaftliche Logik wieder die Oberhand
gewinnen wird. „Ich kenne nicht viele Leute,
die sich absichtlich selbst zerstören“, sagt er
in einem Interview mit Seitenblick auf die
russische
Konkurrenz. Doyle sagte damit, was
die spekulativen Käufer dieser Tage ebenfalls
denken: das Preiskrieg-Drama könnte rasch
wieder vorüber sein. Dann aber sollte man
möglichst viele K+S-Aktien im Depot haben.
Fazit:
Tatsächlich haben sich bei Commerzbank
und Kali+Salz zwei selten spektakuläre Turnaround-
Situationen aufgetan. Die breite
Börse ist in den vergangenen Quartalen gut
gelaufen. Hier aber gibt es zwei DAX-Werte
zum vermeintlichen Schnäppchenpreis.
Doch Vorsicht: Es gibt auch gute Gründe,
warum die Kurse so stark gefallen sind. Bei
der Commerzbank
gab es schon mehrfach
Bullenfallen,
und bei Kali+Salz hängt alles
davon ab, ob die Russen wieder zur Vernunft
kommen. Spannende Spekulationen!
Quelle: Börse am Sonntag (Print)