Lieber CDEE, ich bin vom Naturell her nicht für das Shorttrading geeignet, weil ich mich moralisch nicht auf Kosten der Allgemeinheit bereichern kann. Während bei Longinvestments steigende Kurse den Kuchen für das gesamte Aktionariat vergrößern, so dass 100 EUR persönlicher Kursgewinn einen X-fachen Vermögenszuwachs des gesamten Aktionariats auslösen und somit tatsächlich WERTE entstehen lassen und die Welt bereichern, gewinnen Shortseller gerade damit Geld, das Aktionariat maximal zu schädigen bzw. Vermögenswerte zu VERNICHTEN. Insofern bin ich tatsächlich noch nie in irgendeiner Aktie short gewesen. Im Gegenteil bin ich selbst seit längerer Zeit mit einer mittelgroßen Position in Jinkosolar und einer deutlich größeren in Canadian engagiert, was meiner Kursperformance nicht zuträglich war.
Das hält mich aber nicht davon ab, substanzlosem Gepushe ala beegees immer wieder einmal Fakten entgegenzusetzen. Die Vorstellung, nur die Amis sind Schuld, alle hassen Jinkosolar und deshalb wurde der Aktienkurs in den letzten zwei Jahren völlig unverdient in den Boden gerammt, ist betriebswirtschaftlich schlicht FALSCH. Nach der reinen Lehre zur Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes, gern nachzulesen im IDWS1 (i.d.F. 2008), basieren Unternehmenswerte auf ausschüttbaren Cashflows. Da internationale Investoren keinerlei Stimmrechte hinsichtlich des Ausschüttungsverhaltens der Firma haben, ist nicht einmal im Bestcase, da Jinkosolar den gnadenlosen Verdrängungs- und Preiswettbewerb, mit dem sie die komplette internationale Konkurrenz in die Pleite dumpen wollen, morgen einstellen und ab sofort die Kapazitätsplanung an die tatsächlich erwartete Umsatzentwicklung anpassen und nicht mehr als Mittel des Preiskampfs durch gezielten Aufbau gigantischer Überkapazitäten einsetzen, wäre keinesfalls sichergestellt, dass die so entstehenden Free Cashflows tatsächlich an die ADR-Inhaber ausgeschüttet und nicht etwa in Form weiterer Mitarbeiterbeteiligungsprogramme vom Management selbst verfrühstückt werden oder aber einfach über die Produktionstochter an die chinesischen Aktionäre ausgeschüttet werden.
Wer soll im Fall der Fälle eine durch die US Börsenaufsicht verfügte Entschädigungszahlung von Jinko gegenüber den internationalen Investoren durchsetzen?
Wie gesagt, die wesentlichen Vermögenswerte und Cash liegen in China. Die ausländischen Produktionsstätten werden zu 100% fremdfinanziert aufgebaut, um null Nettovermögen aus China zu exportieren. Das letzte was China will sind Netto-Kapitalexporte... Genau deshalb zahlen die ganzen in New York gelisteten Cashmaschinen Alibaba, Baidu, JD.Com, Tencent exakt NULL Dividenden.
Jeder einzelne Dividendencent wäre aus politischer Sicht Chinas ein unliebsamer Kapitalexport.
Da auch noch so chinafreunliche Investoren den wunden Punkt der NULL-Dividenden chinesischer ADRs einfach nicht übersehen können, erklärt sich m.E. auch, dass man sobald sich die politische oder wirtschaftliche Stimmung auch nur ein wenig eintrübt, sofort den Verkaufen Knopf drückt, egal welches Kursziel man gestern noch in die Welt rief. Der im Home-Bias ausgedrückte Vertrauensvorschuss ggü. inländischen Aktien vs. Auslandsaktien geht bei China-Aktien ins unendliche. Da kann man selbst bei bestem Willen einfach null Vertrauen in die Politik haben und muss zwangsläufig immer vom Worstcase ausgehen. Und der heißt aktuell Taiwankrieg und damit einhergehend Delisting und Entwertung aller chinesischen ADRs.
Wenn ich also davon ausgehe, dass sie Aktie innerhalb der nächsten 10 Jahre höchstwahrscheinlich das Ende eines Gazprom ADR erleiden wird, zielt die Spekulation also nur noch darauf ab, dass diesem Worstcase hoffentlich eine ausreichend starke Zwischenerholung vorausgehen möge, um meine Jinko ADR einem anderen armen Schlucker anzudrehen.
Natürlich hoffe und spekuliere ich nicht auf einen Taiwankrieg, aber die Erfahrung nach Lehman, Trump, Corona und Putin-Krieg lehrt mich, vom Schlimmsten auszugehen und das Beste zu hoffen...
Wenn die US-Geheimdienste zuletzt Alarm schlugen, trat das Geschehen zeitnah ein..
Und Joe Biden, den ich als Präsidenten nicht wirklich schätze, hat zuletzt einen sehr wahren Satz in Richtung China gesagt, der sinngemäß wie folgt lautete. Wenn böse Menschen einen Schuldigen für schlechte Politik und Wirtschaftsdaten brauchen, tun sie böse Dinge...
In China brennt es aktuell wirtschaftlich lichterloh und die KP hat offensichtlich NULL Konzept, zur Einhegung der alles überschattenden Immobilienkrise. Die gestrige Insolvenzanmeldung in New York zeigt einmal mehr, dass man zunächst ausschließlich ausländische Anleger für das Versagen der vollkommen irren staatlich geförderten Baupolitik heranziehen möchte. Von 300 MRD USD Gesamtverschuldung liegen knapp 30 MRD USD bei internationalen, vorwiegend US Investoren.
Diese sollen jetzt einem Schuldenschnitt, der mutmaßlich einem Totalausfall gleichkommen wird zustimmen. Während dessen passiert mit den 270 MRD USD Chinaschulden GAR NICHTS, weil man riesige Angst vor der eigenen Bevölkerung hat, die hunderttausende Wohnungen kreditfinanziert komplett vorausgezahlt haben ohne dass auch nur ein Spatenstich erfolgt wäre. Die KP denkt nun allen Erstes darüber nach, staatliche Banken anzuweisen, Evergrande 0%-Kredite auszuzahlen, um die bereits angezahlten Wohnungen tatsächlich bauen zu können. Ohne vorherigen Schuldenschnitt wäre das eine Form staatlich finanzierter Insolvenzverschleppung ungekannten Ausmaßes. Die Überschuldung soll demnach mit noch mehr Schulen geheilt werden, wobei das Unternehmen zwischenzeitlich natürlich immer weiteres Geld verbrennt, so dass am Ende eine noch weit höhere Verschuldung einer noch deutlich kleineren Insolvenzmasse gegenübersteht. Man will sich auf Seiten der Politik einfach nur Zeitkaufen, damit das bereits unruhig gewordene Volk irgendwie besänftigt wird. Denn die KP fürchtet wie alle Diktaturen nichts mehr als das eigene Volk. Und ebendiesen chinesische Volk pflegt seit Jahrhunderten eine Tradition, sich in gewissen Zeitabständen seiner Staatoberhäupter gewaltsam zu entledigen...
Die Immobilienkrise tangiert Jinko aktuell freilich nur indirekt, der daraus ablesbare Umgang der chinesischen Staatsführung mit ausländischen Investoren wiederum sollte für alle chinesischen ADR-Investoren eine lautstarke Warnung sein.