@El Primero: Freut mich, wenn meine Posts Dir weitergeholfen haben. Mit den Lorbeeren kann ich mich so ganz aber eigentlich gar nicht schmücken. Denn den Rebound von heute hätte ich mir gestern ganz sicher nicht ausgemalt.
Ganz generell zum Thema politische Börsen: Ich denke, es ist immer wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass fast immer irgendeine sehr ernste politische Krise irgendwo schwelt, die potenziell stark die Kurse beeinflussen könnte. Was hatten wir nicht alles in den letzten Monaten und Jahren: Brexit, Grexit, Italienische Banken, Eurokrise, Ukrainekonflikt, ISIS, Zika/SARS/Ebola, Trump, Türkeiputsch, China-Schulden etc. etc. etc.
Und das war schon immer so: im Laufe des letzten Jahrhunderts sind wir von einer Krise zur nächsten gehechelt: 1. Weltkrieg, Hyperinflation, Weltwirtschaftskrise, Machtergreifung der Nazis, 2. Weltkrieg, Kommunismus, Koreakrieg, Vietnamkrieg, Ölkrise, Kubakrise, zweistellige Inflation, Japaner hängen alle anderen ab, Arbeitslosigkeit explodiert, Wiedervereinigung kostet Unsummen etc. etc. Und was ist in dem Jahrhundert passiert? Aktien haben munter 8% pro Jahr gebracht. So wurden dann aus 1.000 EUR am Ende 2 Millionen (zumindest bei US Aktien).
Was einem das zeigt, denke ich, ist, dass politische Börsen wirklich kurze Beine haben. Die Krise kommt und geht. Man kann jetzt natürlich vor jeder potenziellen Krise immer verkaufen. Aber dann verkauft man sich wirklich blöd. Und am Ende kauft man dann immer nur in Zeiten ohne Krise. Und es ist ja auch klar, wie Aktien in solchen Momenten dastehen, wo keiner auch nur den Hauch einer Krise vorhersieht: dann sind Aktien in der Regel sehr, sehr teuer--gerade weil alles grad so wonnig erscheint.
Ich will damit gar nicht anregen, immer nur zu kaufen "wenn die Kanonen donnern". Das ist zwar eine legitime antizyklische Strategie. Aber letztlich finde ich, ist es für die eigenen Nerven einfach am schonendsten ist, sich aus dieser politischen Nummer wenn möglich ganz rauszunehmen (zumindest, solange die Krise keinen ganz direkten Bezug zum Einzelwert hat). Dann kann man buddhistisch akzeptieren, dass die Kurse halt auch mal runtergehen, wenn ein Trump gewählt wird, weil man weiß, dass solche negativen Events einfach zur eigenen Strategie gehören.
Jedenfalls ist das Vorhersagen von Marktpsychologie und Politik in meinen Augen extrem schwer. Das zeigt ja auch der heutige Tag: noch gestern wurde hier überwiegend vermutet, dass uns heute die Stoplosses noch weiter in den Abgrund stürzen. Wenn ich also einen Wert wie Hypoport habe, der zu einem nicht unerheblichen Teil operativ von politischen Ereignissen abgeschirmt ist, und wenn ich für mich ergründet habe, dass das unternehmerische Potenzial dieses Wertes groß ist, die operative Downside klein und der Preis attraktiv: warum sollte ich den dann hergeben?
Aktienanlage ist ohnehin schon schwer genug. Selbst Überflieger wie katjuscha, Scansoft oder allavista (um nur mal ein paar zu nennen) machen auch permanent Fehlentscheidungen. Es ist halt einfach so verdammt schwer, verlässlich zu bestimmen, wie die Zukunft eines Unternehmens aussieht. Wenn ich dann also einen Wert wie Hypoport für 70 EUR bekommen kann, klammere ich mich daran lieber fest und lass die Politik machen, was sie mag. Dafür sind solche Werte einfach zu selten, als dass ich damit Spielchen spiele (a la "morgen krieg ich ihn vielleicht noch günstiger").
Aber natürlich kann ich mich mit meiner Einschätzung irren. Nicht umsonst heißt es am Anfang des wunderbaren Börsenfilms "The Big Short": "It ain't what you don't know that gets you into trouble. It's what you know for sure that just ain't so." (Mark Twain)