Die erstaunliche Karriere eines deutschen Tabakhändlers, der gegen den Strom schwimmt
von Hans Bewersdorff
Nicht immer hält die 1. Lage, was sie verspricht - das gilt für die Zigarrenkiste ebenso wie für den Anbieter ...
So manche Edellounge präsentiert sich in diesen Tagen nur noch dem Namen nach erstklassig. Im begehbaren Humidor erobern die Lücken die Lagen. Natürlich gibt es exzellente Händler in Top-Adressen. Aber Klasse setzt sich auch an anderen Orten durch. In Köln und Umgebung finden sich gleich zwei Geschäfte, die bundesweit ihresgleichen suchen und maßgeblich den Takt der Branche bestimmen. Inhaber und seit Jahrzehnten unverwechselbarer Hauptakteur beider Läden ist Peter Heinrichs. Für die einen ist er das Kölner Original, dem die Pfeife nie ausgeht und quasi zum Körperteil wurde, für die anderen die personifizierte Dienstleistung - morgens um sechs Uhr verkauft er schon Zigarren. Für mich ist er der letzte wahre Entertainer des Tabaks und ein Unternehmer mit der nötigen Portion Selbstironie („ich liebe mich").
Niemand hätte 1994 auch nur einen Krümel Tabak verwettet, als Peter Heinrichs im Industriegebiet Niederaußen bei Köln einen Genuss-Tempel inklusive Tabak-Museum eröffnete. Zwischen rauchenden Fabrikschloten erhebt sich seither Heinrichs „Château Henri". Was keiner erwartet hatte: Deutschlands erstem Zigarren- und Pfeifen-Paradies, das auch am Sonntag seine Tore öffnet, geht es trotz Protesten der Konkurrenz blendend. Auch in Zeiten von Kaufzurückhaltung und Aktienflaute schafft der Mann es, über 500 Besucher zu einem Smoker's-Treff ins „Château Henri" zu locken. Das ist auch den Kubanern nicht entgangen. Mehrere Monaten verhandelten sie mit Heinrichs über die Eröffnung einer neuen Casa del Habano. Beste Lagen in der Kölner Innenstadt nahe dem Dom wären nach Meinung der Bosse von Habanos wünschenswert. Uninteressant für Heinrichs, dessen Hauptgeschäft an der schmucklosen Hahnenstraße auch international an der Spitze mitspielt. In einer meiner ersten Kolumnen schrieb ich über Arnold Schwarzenegger, der zur Premiere seines neuen Films in Köln weilte. Vor der Veranstaltung zog es den Hollywoodstar und Havanna-Liebhaber in die Hahnenstraße, wo er als erfahrener Kenner beeindruckte.
Nischen sind Heinrichs Zuhause, und dahin dirigierte er jetzt auch die Kubaner. Anfang März 2003 wird im „Château Henri" die zweite Casa Deutschlands offiziell eröffnet und damit eine Novität geschaffen. Alle Casas del Habano auf der Welt vertreiben ausschließlich kubanische Produkte. Das wird im „Château Henri" auch der Fall sein, unter demselben Dach gibt Heinrichs allerdings auch allen Produkten anderer Provenienz eine Heimat. Für den Connaisseur öffnet sich die Welt des Tabaks in ihrer ganzen Vielfalt - alles, was der Genießer sich nur erträumen kann, und das an allen Tagen der Woche. Dass die Kubaner einen solchen Deal eingehen, spricht für ihren Geschäftssinn, aber auch für ihr Faible, mit kreativen Machern neue Wege zu gehen. Es sind weniger die vielen neuen Spezialitäten aus Kuba, die Heinrichs Casa zum Erfolg verhelfen, als vielmehr seine Geschäftsphilosophie: „Jeder meiner Verkäufer muss sich von seinem Gehalt unsere Genussprodukte selbst leisten können." So zum Beispiel eine meiner Lieblingshavannas, die im letzten Jahr offiziell gestrichene Lonsdales von Por Larrañaga. Heinrichs hat in dieser Woche noch einmal 40 Kisten bekommen. Gute Kontakte sind alles ...
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www.wams.de/data/2002/12/22/27187.html?s=1