Auszug: Teisho zu dem Koan
Eines Tages hörte Meister Eno, der Sechste Patriach, wie zwei Mönche diskutierten und auf die im Wind flatternde Fahne zeigten. Der eine sagte, das die Fahne sich bewege; der andere meinte, dass der Wind wehe. Wenn eine Fahne sich bewegt, dann sehen unsere Augen, dass sie sich wirklich bewegt. Wenn es jedoch windstill ist, bewegt sich die Fahne nicht. Es spricht einiges für die Feststellung, dass der Wind die Fahne bewegt; daher bewegt der Wind die Fahne und nicht die Fahne den Wind. Anderseits ist der Wind unsichtbar, und wir können mit unserem Sehvermögen gar nicht feststellen, dass der Wind selbst sich bewegt. Daher hat die Feststellung, dass die Fahne sich bewegt, auch etwas für sich. Ein Maler wurde gebeten, ein Bild des Windes zu malen. Er malte eine Weide, deren Zweige sich im Winde bewegten.
Eno, der diesem naiven Gespräch zuhörte, das zu keinem Resultat zu führen schien, trat zu ihnen und sagte: "Weder der Wind noch die Fahne bewegen sich. Was sich bewegt, ist euer Geist." Diese direkte Lösung vom subjektiven Standpunkt machte der endlosen dualistischen Diskussion ein Ende. Die beiden Mönche waren tief beeindruckt, und Ehrfurcht ergriff sie.
Da sie buddhistische Mönche waren, die sich in der Ausbildung befanden, müssen sie die grundlegenden budhhistischen Lehren wie "Jedes Phänomen besteht nur aufgrund des Geistes" oder "Ausserhalb des Geistes existiert nichts" gekannt haben. Die Feststellung von Bruder Eno, "Euer Geist bewegt sich", entsprach unmittelbar der erfahrenen Tatsache und hat mit intellektueller Deutung nichts zu tun. Mit anderen Worten, es war das natürliche Wirken von Enos Zen.