Giganten der Schwellenländer
Gazprom (Öl und Gas): Profitabel und preiswert wie kein anderer
Händler mit einem guten Händchen für Osteuropa betrachten die Aktie des russischen Energieriesen Gazprom seit vielen Jahren als "krass unterbewertet". Das ist sie auch. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 3,5 ist der Titel so billig wie noch nie. An der Börse kostet Gazprom nur noch so viel, wie der Konzern in dreieinhalb Jahren netto verdient.
Dabei ist der weltgrößte Gasförderer mit einer Netto-Umsatzrendite von 26,9 Prozent so profitabel wie kein anderer Versorger der Welt. Anleger lassen Aktien von Gazprom trotzdem kalt: An der Micex-Börse in Moskau kostet eine Aktie genauso viel wie im Januar -im dollarbasierten RTS-Handel sogar zehn Prozent weniger.
Wieso meiden Anleger Gazprom-Aktien, obwohl der Konzern so gute Zahlen vorlegt? Vermutlich ist die Skepsis auf generelle Vorbehalte gegenüber Russland zurückzuführen: Gazprom gehört mehrheitlich dem Staat und gilt als politisch gesteuert. Der Konzern wird praktisch wie eine Behörde und nicht wie ein Unternehmen geführt. Wenn es um Transparenz und Effizienz geht, hat das Unternehmen ebenso große Defizite wie in der Aktionärspolitik: Bis 2006 hat der Konzern keine Dividende gezahlt - das ist beispiellos unter den Großen in der Öl- und Versorgerbranche.
Handelsblatt:
Die Mehrheit der Analysten betrachtet die politischen Risiken als mehr als "eingepreist" - und den Aktienkurs als drastisch unterbewertet. Die Nähe zum Staat, so etwa Barings-Analyst Matthias Siller, habe für russische Unternehmen überdies positive Effekte: "Da die Energieunternehmen für einen Großteil der russischen Budgeteinnahmen verantwortlich sind, wird die Regierung deren Geschäfte sicher nicht unnötig belasten."
Aktie hängt am Ölpreis
Die Risiken sind überschaubar: Im Inland zwingt die Regierung zwar Versorger, die Strom- und Gaspreise schrittweise zu erhöhen. Bei Gazprom indes ist die Förderung derart kostengünstig, dass selbst subventionierte Gaslieferungen am Binnenmarkt profitsteigernd wirken. Derweil steigt in Europa der Gasbedarf - und die Politik hilft aktiv mit, um Gazprom zu ermöglichen, diesen Bedarf mit zusätzlichen Lieferungen zu decken.
Nicht schön zu reden ist die Abhängigkeit von den Ölpreis-Kapriolen - der Preis für Gas folgt dem des Öls. Darüber hinaus drohen Gazprom langfristig höhere Kosten, wenn die leicht erschließbaren Gasfelder in einigen Jahren aufgebraucht sind - und der Konzern die schwierigeren und teureren Ressourcen erschließen muss. Bis dahin aber wird noch viel Gas durch die Pipelines nach Europa fließen.