Donnerstag, 17.12.2015
Sachsen geht auf Russland zu
Seitdem die EU als Reaktion auf die Ukraine-Krise Sanktionen verhängt hat, ist das Geschäft mit den Russen ins Stocken geraten. Sachsens Regierungschef hinterfragt jetzt das Vorgehen der EU.
Dresden Sachsen will die Kontakte zu Russland trotz der Sanktionen ausbauen. Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) wies am Donnerstag im Landtag Vorwürfe zurück, der Freistaat unternehme zu wenig für die Normalisierung der Beziehungen. „Sachsen ist das einzige Bundesland, das über die gesamte Embargo-Zeit hin Kontakt nach Russland gehalten hat, auch mit politischer Begleitung“, sagte er: „Ja, ich wünsche mir ein Ende der Sanktionen, aber die internationalen Spielregeln müssen natürlich auch eingehalten werden.“
Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) plädierte in einem Interview mit dem Magazin „Cicero“ dafür, die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland zu überdenken. Zwar sei es „inakzeptabel, dass Russland mit der Annexion der Krim völkerrechtliche Verträge gebrochen“ habe. Gleichwohl frage man sich aber, „warum bestimmte Exporte von Maschinen und Anlagen unter die Sanktionen fallen, die Europäer und auch Deutschland jedoch Erdgas und Erdöl aus Russland importieren“.
Von den Sanktionen seien vor allem kleine und mittelständische Firmen aus Ostdeutschland betroffen. „Schon deshalb gibt es bei uns eine ganz andere Sensibilität für die Sanktionen“, sagte Tillich. Amerikanische Firmen hätten in Russland das Geschäft europäischer Unternehmen übernommen.
„Wir haben ein hohes wirtschaftliches Interesse, die Beziehungen zu pflegen. Sachsen hatte immer besonders gute Kontakte nach Russland, daran wollen wir festhalten“, sagte Dulig. Für 2016 seien mehrere Technologieforen im Rahmen von Unternehmer- und Delegationsreisen und auf Fachseminaren in Russland geplant: „Auch ich werde mit einer Delegation zu unseren Partnern nach Russland reisen. Wir setzen weiter darauf, dass die Sanktionspolitik gegenüber der Russischen Föderation beendet wird - allerdings muss Russland zuvor das Völkerrecht vollständig akzeptieren und wieder einhalten.“
Zuvor hatten Redner von Linken und AfD den Schaden für die einheimische Wirtschaft durch das Handelsembargo thematisiert. Russland ist inzwischen auf Platz 14 der sächsischen Handelsbilanz abgerutscht. Experten bewerten das unterschiedlich. „Die Bedeutung Russlands als Ausfuhrmarkt für die sächsische Wirtschaft ist nicht so groß, dass man da jetzt wirklich massive negative Wirkungen hat“, sagte etwa Joachim Ragnitz, Vize-Chef der Dresdner ifo-Niederlassung: „Dreieinhalb Prozent aller Ausfuhren, die die sächsische Wirtschaft nach außen schickt, gehen nach Russland.“
Für 2015 meldete Dulig Rekordwerte im Außenhandel. Sachsens Unternehmen hätten in den ersten drei Quartalen diesen Jahres mit Exporten so hohe Umsätze erwirtschaftet wie nie zuvor. Nach vorläufigen Zahlen wurden Güter im Wert von 29,47 Milliarden Euro ausgeführt - ein Plus von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. (dpa)
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