18.09.2014 20:39
"Einen Krieg gewinnt man nicht mit Decken"
Poroschenko wirbt um US-Militärhilfe
"Unter keinen Umständen" und "zu keinem Preis" wird sein Land die "Besetzung der Krim" akzeptieren, erklärt der ukrainische Präsident Poroschenko in einer historischen Rede in Washington. Er bittet um militärische Unterstützung und übt scharfe Kritik an Russland.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat die Vereinigten Staaten in einer Rede vor dem US-Kongress um Schutz vor der militärischen Bedrohung aus Russland gebeten. Die USA müssten seinem Land einen "besonderen Sicherheits- und Verteidigungsstatus" gewähren und damit stärker an die Nato heranführen, sagte Poroschenko bei einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus in Washington. Außerdem bat er um eine Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte: "Angesichts der heutigen Situation muss sich Ukraines neue Demokratie auf eine starke Armee verlassen können."
"Man kann den Krieg nicht mit Decken gewinnen", sagte Poroschenko, der mehrfach vom Applaus der Abgeordneten unterbrochen wurde. Aus amerikanischen Regierungskreisen verlautete, die USA würden Poroschenko anlässlich seines Besuchs weitere Hilfe in Höhe von 53 Millionen Dollar zusichern. Waffen im engeren Sinne gehörten nicht dazu, sagte ein hochrangiger Insider. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Ukraine selbst über genug entsprechendes Kriegsgerät verfüge.
Scharfe Kritik übte Poroschenko an Russland. Die Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim im Frühjahr sei "einer der zynischsten Akte von Heimtücke in der modernen Geschichte" gewesen, sagte er. Die Ukraine habe sich nach dem Zusammenbrechen der Sowjetunion zur Aufgabe ihrer Atomwaffen bereit erklärt und habe nun von Moskau "einen Dolchstoß in den Rücken" bekommen. "Unter keinen Umständen" und "zu keinem Preis" werde sein Land die "Besetzung der Krim" akzeptieren, erklärte der Präsident.
Schon fast 3000 Tote
Die Beziehungen zwischen Russland und der Ukraine sind extrem gespannt, seit Poroschenkos prorussischer Vorgänger Viktor Janukowitsch durch monatelange Proteste Ende Februar aus dem Amt gejagt wurde. Hintergrund ist der Streit um eine Annäherung der früheren Sowjetrepublik an die EU. Im März annektierte Russland die Krim, nachdem sich die mehrheitlich russischsprachige Bevölkerung der Halbinsel in einem umstrittenen Referendum dafür ausgesprochen hatte. Bei Kämpfen zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Rebellen im Osten des Landes starben fast 2900 Menschen, eine Anfang September geschlossene Waffenruhe ist brüchig.
Ausländische Staats- und Regierungschefs bekommen nur selten die Möglichkeit, sich in einer Rede an den US-Kongress zu wenden. Zuletzt war der südkoreanischen Präsidentin Park Geun Hye im Mai 2013 diese Ehre zuteil geworden. Im April 2005 hatten Senat und Repräsentantenhaus den prowestlichen ukrainischen Staatschef Viktor Juschtschenko empfangen.
Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, John Boehner, hatte die Einladung Poroschenkos als "ein weiteres Signal unseres unerschütterlichen Bekenntnisses zu den Ansprüchen seines Volkes" bezeichnet. Am Abend wollte der ukrainische Staatschef mit Präsident Barack Obama im Weißen Haus zusammenkommen.