EU verschärft Sanktionen
Ein Streit mit Gazprom ist riskant
Von Birgit Haas
Nach dem Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 will Europa die Sanktionen gegenüber Russland verschärfen. Betroffen sind nicht nur etliche russischen Unternehmen, sondern auch der Energiemarkt insgesamt. Eine Ausnahme ist Gazprom.
Gazprom deckt einen Großteil des Gasbedarfs der EU.
(Foto: REUTERS)
Das Gas aus Russland fließt weiterhin, trotz der Sanktionen der EU und der USA. Die US-Strafmaßnahmen schließen zwar auch Rosneft, den marktführenden russischen Ölförderer sowie den Gasförderer Novatek und die drittgrößte russische Bank, die Gazprombank, ein. Gazprom als größter Gaskonzern des Landes ist aber nicht betroffen.
Nun haben auch die Europäer erstmals Sanktionen gegen russische Firmen verhängt, die Namen werden im Laufe des Tages veröffentlicht. Gazprom wird wohl nicht darunter sein.
Denn das Unternehmen hat für Europa die größte Bedeutung unter den russischen Unternehmen. Dem Konzern zufolge stammen 30 Prozent des in Europa im Jahr 2013 verbrauchten Gas von Gazprom. Das ist ein kräftiger Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert von 25,6 Prozent und entspricht nahezu dem gesamten von der EU in Russland gekauften Gas.
Kompensation durch USA ist "Blödsinn"
Die Idee etlicher Experten und Politiker, dass im Notfall die USA Flüssiggas nach Europa liefern und damit ein ausbleibendes Angebot von Gazprom kompensieren könnten, hatten die Chefs von US-Energiefirmen bereits vor Monaten in das Reich der Fabeln verwiesen. Gedankenspiele, wonach etwa Cheniere Energy, der US-Betreiber von Flüssigas-Terminals, einspringen könnte, hatte Vorstandschef Charif Souki im April mit den deutlichen Sätzen kommentiert: "Das ist so ein Blödsinn, dass ich gar nicht glauben kann, dass irgendjemand das wirklich glauben kann." Trotz Fracking sind die USA weiter ein Netto-Importeur von Gas.
Da ist es eine gute Nachricht für den Westen, dass auch die aktuelle Krisensituation in der Ukraine die Lieferungen an den Westen derzeit nicht stört. Nach den Angaben des slowakischen Pipeline-Betreibers Eustream fließt russisches Gas ohne Probleme in die EU. "Eustream hat an der Verdichterstation in Velke Kapusany keinen Druckabfall oder ein sinkendes Gasvolumen aus Osten in Richtung Europäische Union festgestellt", teilte der Pipeline-Betreiber zuletzt mit. Die Ukraine versicherte zudem, kein für Europa bestimmtes Gas für eigene Zwecke abzuzweigen. Etwa die Hälfte des von der EU benötigten Gases fließt über die Ukraine.
Folgen der Sanktionen
Die Russland-Krise sorgte tatsächlich nur für einen kurzen Ausschlag der Gaspreise nach oben. Auch der Preis für britisches Erdgas hat einen Großteil der Gewinne wieder abgegeben und könnte schon bald seine Talfahrt wie zuvor fortsetzen. Großbritannien ist der größte Gasmarkt in Europa. Laut der Brüsseler Lobby-Gruppe Gas Infrastructure Europe waren zuletzt die Lager in den 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu 76 Prozent gefüllt. Das liegt weit über dem Vergleichswert des Vorjahres von 53 Prozent. "Die hohen Lagervorräte quer über Europa drücken auf die Preise", erklärte der britische Gashändler Wingas zuletzt.
Die sanktionierten Unternehmen Rosneft, Novatek und die Gazprombank treffen die Sanktionen jedoch spürbar. Sie dürfen in den USA keine Kapitalerhöhungen oder Anleihen mit einer Laufzeit von mehr als 90 Tagen platzieren. Das könnte besonders Rosneft langfristig schaden, sitzt doch der Ölmulti auf einem Schuldenberg von fast 74 Milliarden Dollar.
Am Ölmarkt springt die OPEC ein
Ebenso wie der Gaspreis war seit Mitte Juni auch die Notierung für Öl kräftig unter Druck. Grund waren schwache Konjunkturdaten, sowohl aus den USA als auch aus Europa. Das bremst die Nachfrage nach Öl. Experten erwarten, dass der jüngste Kursausschlag nach oben nicht von Dauer sein wird. Anders als beim Gas können laut den Schätzungen der Analysten von Nomura die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) mögliche Produktionskürzungen durch Russland wettmachen. Laut einer Studie der International Energy Agency (IEA) hat die Opec freie Kapazitäten von 3,25 Millionen Barrel pro Tag. Russland hatte im Mai 6,14 Mio. Barrel pro Tag exportiert. Ein möglicher Preisausschlag nach oben könnte zudem dadurch abgefedert werden, dass die Öl-Lager weltweit sehr voll sind. Demnach sind die Lager in den Staaten der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) mit 2,6 Milliarden Barrel gefüllt, so die IEA.
Eine Verschlechterung der Lage in der Ukraine könnte künftig auch Gazprom treffen, was in der Folge wohl steigende Gaspreise bedeuten würde. Beim Ölpreis ist die Konstellation anders, hier dürften vor allem die zuletzt schwächeren Konjunkturdaten aus den USA und Europa die Preise im Zaum halten.
Quelle: n-tv.de
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