Burny: Die neue Taxonomie zeigt Deutschlands Stärke in der EU
3. Februar 2022, 07:20 Uhr
Die Europäische Kommission hat einen Entwurf eines delegierten Rechtsakts der EU-Taxonomie vorgelegt, der Kernkraft und Gas als nachhaltige Quellen definiert und daher finanzielle Unterstützung verdient. - Die endgültige Position der Europäischen Kommission zeigt die Stärke des Einflusses der deutschen Regierung auf die endgültig in Brüssel angenommenen Dokumente - sagt Maciej Burny von Enerxpierience.
Die Europäische Kommission hat am 2. Februar offiziell den vom Kollegium der Kommissare verabschiedeten delegierten Rechtsakt zu den Kriterien für die Bewertung von Energieerzeugungstechnologien auf der Basis von Erdgas und Kernenergie und deren Übereinstimmung mit der EU-Taxonomie vorgestellt. Wie bereits von Kommissar McGuinness angekündigt, gibt es keine wesentlichen Änderungen im offiziellen Entwurf in Bezug auf das Leak von Ende Dezember, das in diesem Stadium das Ergebnis von Kompromissvereinbarungen hinter den Kulissen gewesen zu sein scheint.
Eine wesentliche Änderung gab es auf der Zielgeraden bei der Behandlung von Investitionen in die Strom- und Wärmeerzeugung auf Basis von Erdgas. Die Kommission hat nämlich für die Jahre 2026 und 2030 die bisherige Vorgabe zur Beimischung von Erdgas in solchen Anlagen aufgegeben und das Ziel angenommen, konventionelles Gas im Jahr 2035 vollständig durch erneuerbare Gase (sogenannten grünen Wasserstoff oder Biomethan) oder emissionsarme Gase zu ersetzen (sogenannter blauer Wasserstoff).
Die Verpflichtung zur vollständigen Umstellung von Erdgas auf saubere Kraftstoffe im Jahr 2035 blieb im offiziell verabschiedeten Text, aber die indirekten Verpflichtungen zur Beimischung mit konventionellem Gas verschwanden mindestens 30 Prozent im Jahr 2026 und 55 Prozent im Jahr 2030 wie im informellen Entwurf. Dies ist ein klares Signal, dass sich die EK zumindest teilweise der Position der Bundesregierung angeschlossen hat, die in der im Rahmen der Projektberatung nach Brüssel übermittelten Position die prozentualen Schwellenwerte für 2026 und 2030 verschieben und die vorgeschlagenen Lösungen aufschieben wollte die Europäische Kommission "unrealistisch zu erreichen". Die Bundesregierung betonte, dass sich saubere Wasserstofftechnologien in einem frühen Entwicklungsstadium befänden, und schlug vor, die Verpflichtung zur Dekarbonisierung von Erdgas um 100 Prozent nach 2036 zu verschieben sowie die Ziele selbst diesbezüglich aufzuweichen d. h. statt harter Ziele, Verwendung von %-Schwellenwerten als weiche Richtlinien. Aus informellen Quellen ist bekannt, dass eine ähnliche Position wie die deutsche von der polnischen Verwaltung vertreten und von nationalen Energieunternehmen postuliert wurde, die mit einem solchen Vorgehen der Europäischen Kommission zufrieden sein dürften.
Die endgültige Position der EU-Kommission zeigt die Macht des Einflusses der Bundesregierung auf die endgültig in Brüssel verabschiedeten Dokumente, denn zunächst wartete die Kommission mit Beratungen zum delegierten Rechtsakt auf die Bildung einer neuen Regierungskoalition in Berlin und dann auf die Position der neuen Regierung wurde schnell in die endgültige Version eingeführt. Es ist bekannt, dass es aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweise der Koalitionspartner an die Erdgasfrage schwierig war, sie zu etablieren - die gasfreundlichere Position von SPD vs. Anti-Gas-Systeme der Grünen, die wir auch im Zusammenhang mit der Gaspipeline Nord Stream 2 sehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die formelle Position der Europäischen Kommission im Bereich der Kommerzialisierung von sauberen Wasserstofftechnologien und erneuerbaren Gasen im Energiesektor und dem Potenzial, Erdgas zu ersetzen, sehr vorsichtig ist, was ihre zukünftige Rolle bei der Dekarbonisierung des Energiesektors in Europa betrifft. In Anbetracht des derzeit noch frühen Entwicklungsstadiums dieser Technologien und der hohen Kosten ist dieser Ansatz teilweise nachvollziehbar. Als Nebeneffekt kann sich andererseits der Druck verlangsamen, die Forschung zur Entwicklung dieser Technologien zu beschleunigen, da die Entziehung der Taxonomie der Zwischenschwellenwerte für 2026 und 2030 Unternehmen davon abhalten könnte, Demonstrationsprojekte in diesem Bereich durchzuführen.
Ein ausreichender Motivator in dieser Hinsicht können jedoch die schnell steigenden Preise für CO2-Emissionszertifikate sein wie von KOBiZE in jüngsten Analysen angegeben, sogar auf das Niveau von 130-190 EUR / tCO2 im Jahr 2030 die Wasserstoff sauber und erneuerbar machen können Gastechnologien als Kraftstoff im Energiesektor wirtschaftlich attraktiver als herkömmliches Gas.