BEGEHRTES GAS
Darum ist Helium unverzichtbar und so teuer
Veröffentlicht am 12.07.2016 | Lesedauer: 4 Minuten
Norbert Lossau
Von Norbert Lossau
Chefkorrespondent Wissenschaft
Mit Helium lässt man nicht nur Ballons fliegen auch medizinisch wird das Gas genutzt
Quelle: Getty Images
Helium ist unersetzlich. Nicht nur in Siliziumchips oder am Forschungszentrum Cern wird es gebraucht, auch für MRT-Untersuchungen. Doch das Gas wird knapp. Jetzt wurde ein riesiger Vorrat entdeckt.
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Helium beflügelt jene bunten Ballons, die auf Jahrmärkten verkauft werden. Sie steigen nach oben, weil das Gas Helium leichter als Luft ist. Wenn man die an ihnen befestigte Schnur auch nur einen Augenblick loslässt, entschwebt der heliumgefüllte Ballon auf Nimmerwiedersehen. Auch manche Luftschiffe erhalten ihren Auftrieb durch Helium.
Helium ist bei vielen technischen Anwendungen unersetzlich. So lassen sich etwa die in der medizinischen Diagnostik so wichtigen Magnetresonanztomografen (MRT) nicht ohne Helium betreiben.
Die MRT-Geräte benötigen starke Magnetfelder, die sich nur mithilfe von supraleitenden Spulen erzeugen lassen. Dafür müssen sie auf extrem tiefe Temperaturen gekühlt werden. Und das geht praktisch nur mit flüssigem Helium, das eine Temperatur von minus 269 Grad Celsius hat.
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100 Meter unter dem Europäischen Kernforschungszentrum Cern: Tief in der Erde werden am 27 Kilometer langen Large Hadron Collider verschiedenste Experimente betrieben. Das Video gibt eine Einführung.
Quelle: CERN
Auch in Teilchenbeschleunigern wie dem Large Hadron Collider (LHC) am europäischen Forschungszentrum Cern in Genf kommen supraleitende Spulen zum Einsatz. Dort werden große Mengen Helium benötigt, um den LHC betreiben zu können. Ohne Helium wäre etwa die Entdeckung des Higgs-Teilchens nicht möglich gewesen.
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Tiefseetaucher nutzen Helium als Zusatz im Atemgas. Beim Plasmaschweißen dient es als Schutzgas. Als Treibgas kommt es bei Lebensmitteln zum Einsatz. Hier trägt es die Bezeichnung E939 als Zusatzstoff. Aber auch die Hersteller von Siliziumchips oder die Konstrukteure von Raketen kommen nicht ohne Helium aus.
Der Bedarf an Helium ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Auf der anderen Seite sind die Ressourcen sehr begrenzt. Helium kommt lediglich in bestimmten Mineralien und im Erdgas vor jeweils aber nur in geringen Konzentrationen. Spuren von Helium sind auch in der Atmosphäre enthalten.
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In Bodennähe kommen auf eine Million Moleküle in der Luft ungefähr fünf Heliumatome. Gewonnen wird Helium aus weltweit 15 Erdgaslagerstätten.
Seit Jahren fürchten Experten, dass angesichts der beständig steigenden Nachfrage Helium immer knapper wird und die Vorräte in absehbarer Zeit erschöpft sein könnten. Tatsächlich hat sich der Heliumpreis seit der Jahrtausendwende mehr als verzehnfacht.
Vulkanismus befördert Helium nach oben
Jetzt kommt die gute Nachricht aus Tansania. Dort sind Forscher auf riesige Heliumvorkommen gestoßen, die sie auf 1,5 Milliarden Kubikmeter schätzen. Das dürfte den Preisanstieg beim Helium erst einmal bremsen. Zum anderen gibt es die Hoffnung, dass anderenorts weitere, ähnlich große Lagerstätten entdeckt werden könnten.
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Helium entsteht in der Erdkruste beim Zerfall bestimmter radioaktiver Elemente. Die dabei freigesetzten Alphateilchen sind nichts anderes als Heliumatomkerne. Fangen sich diese noch zwei Elektronen ein, ist das Heliumatom fertig. Es kann in Mineralien stecken bleiben oder als Gas noch oben blubbern und zum Beispiel in einer Erdgasblase landen.
In Tansania spielen offenbar Vulkane eine entscheidende Rolle bei der Anreicherung des Heliums in einer Erdgaslagerstätte. Der Vulkanismus befördert das Helium aus größeren Tiefen nach oben.
Helium ist zwar auf der Erde sehr selten, doch im Universum insgesamt ist es das zweithäufigste chemische Element nach Wasserstoff. Knapp ein Viertel der bekannten Materie im Universum besteht aus Helium. Zum Teil ist es bereits beim Urknall vor 16 Milliarden Jahren entstanden. Zum anderen erbrüten es Sterne bei der Verschmelzung von Wasserstoff.
Entdeckt auf der Sonne
Auch unsere Sonne besteht vorwiegend aus Wasserstoff und Helium. Entdeckt wurde Helium denn auch zunächst auf der Sonne und nicht auf der Erde. Der französische Astronom Jules Janssen beobachtete 1868 während einer Sonnenfinsternis das von der Korona ausgesandte Licht.
Im Spektrum fand er eine gelbe Linie, die er allerdings zunächst fälschlich dem Element Natrium zuordnete. Britische Forscher erkannten, dass es sich um ein neues chemisches Element handeln musste. Abgeleitet vom griechischen Sonnengott Helios, wurde die auf der Sonne entdeckte Substanz Helium getauft.
Gewöhnliches Helium besitzt einen Atomkern aus zwei Protonen und zwei Neutronen. Diesen Kern umrunden zwei Elektronen. Weil diese eine sogenannte abgeschlossene Schale bilden, kann Helium so gut wie gar nicht mit anderen chemischen Elementen reagieren.
Es bildet auch nicht mit sich selber Moleküle, so wie die Gase Sauerstoff (O2) und Stickstoff (N2). Helium ist daher ein einatomiges Gas und heißt wegen seiner Reaktionsträgheit auch Edelgas.