Europas beste Börsen

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Europas beste Börsen iceman

Europas beste Börsen

 
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Europas beste Börsen (EuramS)
          §03.12.2006 10:09:00
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Es geht aufwärts mit Europa und seinen Börsen. Doch nicht alle Länder marschieren im Gleichklang. Nur die Börsen derjenigen Staaten werden künftig überdurchschnittliche Gewinne abwerfen, die auch echte Reformen wagen

von Jörg Billina und Peter Gewalt

Anders Borg ist anders als andere Politiker. Die Haare zum Zopf gebunden, am linken Ohr einen Ring – der Schwede erfüllt rein äußerlich nicht das klassische Bild eines konservativen Finanzministers, der sich zudem vehement für Steuersenkungen, Subventionsabbau und Privatisierungen einsetzt. Noch erstaunlicher: Der 38-jährige Senkrechtstarter tritt für harte Wirtschaftsreformen im schwedischen Wohlfahrtsstaat ein, obwohl er sich eigentlich entspannt zurücklehnen könnte. Schwedens Wirtschaft wächst in diesem Jahr um über vier Prozent, 2007 um schätzungsweise 3,3 Prozent. Und beim jüngsten Länderranking der Bertelsmann-Stiftung kommt Schweden unter die Top Ten der erfolgreichsten Standorte weltweit. Borg ist das nicht genug. Der Antreiber der Regierung in Stockholm will das Land "wirtschaftlich weiter voranbringen". Knapp 800 Kilometer südlich in Deutschland beherrscht dagegen ein Mann die Schlagzeilen, der so gar nicht anders aussieht wie andere Politiker. Der Provinzfürst Jürgen Rüttgers aus Nordrhein-Westfalen ist gerade erfolgreich dabei, die unter Protesten erkämpften Arbeitsmarktreformen wieder zu verwässern. Und findet dabei sogar Zustimmung bei Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Reformmüdigkeit regiert in Berlin nun schon seit Monaten. Es läuft schließlich ja auch so recht gut. Deutschland erlebt ohne aktuelle Umbauanstrengungen den stärksten Wirtschaftsaufschwung seit fünf Jahren. Die Stimmung der Konsumenten ist so gut wie seit 2001 nicht mehr, der Ifo-Geschäftsklima-Index auf einem 15-Jahre-Hoch, die Exportwirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit sinkt. Selbst die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bescheinigt Deutschland für die kommenden Jahre einen robusten Aufschwung. Alles bestens, könnte man meinen. Doch in der Euphorie wird eines gern übersehen: Deutschland bleibt selbst mitten im Aufschwung im besten Fall Mittelmaß.

Schon 2007 dürfte die Wirtschaft nach Schätzungen aller wichtigen Forschungsinstitute trotz der gegenwärtigen Aufbruchsstimmung mit 1,4 bis 1,8 Prozent Plus wieder geringer zulegen als der EU-Durchschnitt mit 2,4 Prozent. Wie so häufig in den vergangenen zehn Jahren ist Europas größte Volkswirtschaft damit nicht auf den vorderen Plätzen zu finden.

Deutschland nimmt beim Ranking der Industrienationen weiter den letzten Platz ein. Das nüchterne Resümee der Autoren der Bertelsmann-Studie: "Trotz einiger Erfolge hinkt das Wachstumspotenzial Deutschlands im internationalen Vergleich weiter hinterher, die Arbeitslosigkeit ist die dritthöchste, und das Pro-Kopf-Einkommen liegt deutlich unter dem Durchschnitt der 21 betrachteten Staaten." Kleiner Trost: Wir stehen mit den Schwächen nicht allein da. Im Konzert der Rückständigen kämpfen die Deutschen mit Frankreich, Italien und Portugal seit Jahren um die hinteren Plätze in Europa. Die Nachzügler sind es auch, die das 2000 in Lissabon formulierte Ziel torpedieren, die Europäische Union bis 2010 zur "wettbewerbsfähigsten Wirtschaft der Welt" zu machen.

Dieses Ziel werde klar verfehlt, lautete jüngst das vernichtende Urteil der renommierten London School of Economics. Begründung: "Notwendige Reformen, besonders auf den Arbeitsmärkten, werden von vielen Mitgliedsstaaten nicht umgesetzt."

Wie es geht, zeigen dagegen Länder wie Spanien, Österreich, Irland und Großbritannien, die mit Arbeitsmarktliberalisierung große Erfolge feiern, die in Deutschland noch immer tabu sind. Neben den osteuropäischen Staaten, die 2007 mit Wachstumsraten von bis zu 10 Prozent aufwarten können, spielen gerade diese Nationen daher in der Champions-League der Wachstumsstarken auch in Zukunft ganz weit vorn mit.

Wie groß die Unterschiede länderübergreifend sind, zeigen kürzlich veröffentlichte Arbeitslosendaten. Geradezu paradiesische Zustände herrschen etwa im britischen County Herfordshire, das auf eine Erwerbslosenquote von 2,4 Prozent kommt. Derweil streiten ostdeutsche Bezirke mit Quoten von über 20 Prozent mit französischen Überseedepartements wie dem afrikanischen Réunion und polnischen Landstrichen um den Titel der Region mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Diese gravierenden innereuropäischen Unterschiede haben Spitzenpolitiker aufgeschreckt.

So warnt der EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquin Almunia vor einem geteilten Kontinent in Sachen wirtschaftlicher Entwicklung. "Wir müssen die Volkswirtschaften näher zusammenbringen, indem wir strukturelle Reformen durchsetzen", sagt Almunia. Andernfalls könnten sich die Probleme einzelner Länder bei einem wirtschaftlichen Rückschlag verstärken. Denn trotz der anziehenden Konjunktur ist Gefahr im Verzug. Steigende Leitzinsen, der schwache US-Dollar, ein steigender Ölpreis und die wirtschaftliche Schwäche der USA könnten den Wirtschaftsaufschwung in reformschwachen Ländern schneller als gedacht abwürgen. Investoren beobachten daher Reformbemühungen der Länder sehr genau. "Die Entwicklungen in den einzelnen Volkswirtschaften sind für uns von großer Bedeutung", sagt Karsten Stroh, Leiter Aktienteam JPMorgan Asset Management. "Sie sind ein wichtiger Teil der Fundamentalanalyse."

Das Image Deutschlands hat sich bei den Investmentprofis dank der unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröder eingeleiteten Reformen leicht gebessert. Zufrieden sind Experten aber noch lange nicht. "Der Staatseinfluss auf die Wirtschaft ist noch zu groß", meint Andrew Lynch, Manager des Schroder Dynamic Growth, der wie viele seiner Zunft die Boom-Region Irland favorisiert. Eine Deutsche Telekom ist für Lynch aus diesem Grund sogar tabu. Aber wenn Deutschland seine Hausaufgaben macht, so der Manager, dann "kann das Land sein großes wirtschaftliches Potenzial voll entfalten" (siehe Interview). Dass sich die Dynamik der Reformstaaten für Anleger auszahlen, beweist die Vergangenheit. So legten gerade die Finanzplätze in den vergangenen fünf Jahren am stärksten zu, die im gleichen Zeitraum auch wirtschaftlich am besten abgeschnitten haben (siehe Investor-Info). Während Spanien, Irland, Griechenland auf ein Plus von über 60 Prozent kommen, musste sich das langsam wachsende Kern-Europa mit Frankreich, Deutschland oder Italien mit Kurszuwächsen von etwa 25 Prozent zufriedengeben.

Von Euphorie für die breite Masse an europäischen Aktien ist ohnehin wenig zu spüren. So erwartet Manager Lynch für Firmen aus Europa ein Kurs- und Gewinnwachstum von sieben Prozent. Anleger dürften daher mit Wetten auf Boom-Länder-und Regionen wie Osteuropa, Skandinavien oder Spanien deutlich mehr Gewinn einfahren als etwa mit einem Investment auf den breit gestreuten europäischen Auswahlindex Euro Stoxx 50.

Ebenfalls interessant sind aber auch Fonds, deren Manager in allen attraktiven europäischen Märkten auf der Suche nach gewinnbringenden Anlagen sind. Sie können irische Banken, spanische Baufirmen, osteuropäische Rohstoffunternehmen und österreichische Versorger in ihrem Portfolio mischen. Die Rendite muss darunter nicht leiden, wie der Carmignac Grande Europe mit einem Plus von 92 Prozent in fünf Jahren beweist.

Das Risiko ist für Anleger dabei deutlich geringer als bei Einzelländerwetten. Schließlich können visionäre Politiker wie Anders Borg aus Schweden mit ihren Reformen auch schon mal scheitern.
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-red-

Gruss Ice
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Börsengewinne  sind Schmerzengeld. Erst kommen  die Schmerzen, dann  das Geld...(A.K.)



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