HV-Bericht edel music AG
Das weitweit zweitgrößte unabhängige Musikunternehmen Edel Music AG lud
seine Aktionäre am 14. Juni 2000 zur zweiten ordentlichen Hauptversammlung
seines Bestehens in die in Hamburg direkt an der Elbe gelegene ehemalige
Fischauktionshalle ein. Edel Music hat zum Beispiel die Sängerinnen Jennifer
Paige, Blümchen und die Gruppe Echt unter Vertrag. Die Anteilseigner hatten in den vergangenen zwölf Monaten bei einem Kurssturz der am Neuen Markt notierten Aktie von über 85 Euro auf 20,10 Euro am Vortag der Hauptversammlung wenig Freude an ihrer Investition.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Walter Lichte konnte bei der Eröffnung der
Hauptversammlung um 10:30 Uhr knapp 300 Aktionäre sowie Gäste und
Pressevertreter, darunter auch Jens Gibbels als Berichterstatter für GSC Research, begrüßen und übergab nach den üblichen Formalitäten das Wort an den Vorstandsvorsitzenden und mit über 70% des Aktienkapitals größten Aktionär des Unternehmen, Herrn Michael Haentjes.
Bericht des Vorstands
Zu Beginn beklagte Herr Haentjes, dass sich der Aktienkurs trotz guter
Geschäftsentwicklung nach unten bewegt habe. Immer wieder gäbe es aber
trotzdem auch gute Presse für das Unternehmen. Herr Haentjes gliederte seinen Vortrag in sechs Abschnitte: nach einem Überblick über den Musikmarkt
insgesamt solle eine Erläuterung zu den Gesellschaften der Edel-Gruppe erfolgen. Anschließend würden die Highlights des Jahres 1999 erläutert und die Strategien des Vorstands dargestellt werden. Einem Überblick über Schlüsselzahlen des Jahresabschlusses solle als letzter Punkt ein Ausblick auf die Zukunft des Unternehmens folgen.
Herr Haentjes begann mit einer Übersicht über den Weltmusikmarkt. Es seien
1999 ca. 40 Milliarden US-Dollar umgesetzt worden. Der mit Abstand größte
regionale Markt seien die USA mit 37% Marktanteil, gefolgt von Japan,
Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Der Weltmusikmarkt stagniere aber derzeit, so Herr Haentjes, lediglich die Umsätze in den USA hätten sich gegen den
Trend und trotz Internet, Raubkopien und des starken Rückgangs der
Singleproduktion in Nordamerika um 8% gegenüber dem Vorjahr gesteigert. Die
Umsätze in Japan, Deutschland und Frankreich seien dagegen rückläufig.
Beherrscht werde der Weltmusikmarkt von einem Oligopol aus heute vier Firmen:
Sony, BMG (Bertelsmann), Universal (Seagram) und, seit einem kürzlich erfolgten
Merger, EMI / Warner. Der Konzentrationsprozess sei aber noch nicht zu Ende,
am Tage der Hauptversammlung sei ein Übernahmeangebot des französischen
Konzerns Vivendi für Universal in Höhe von 30 Milliarden US-Dollar bekannt
gegeben worden. Generell sei das Hauptproblem des Marktes das Fehlen eines
großen internationalen Trends, möglicherweise entwickle sich aber der in den USA
zu beobachtende „Latin-Trend“ zu einem solchen und komme auch nach Europa.
Im Moment gelte aber noch „wir sind einfach zu langweilig“. Damit sei die gesamte
Branche gemeint, für Edel Music gelte diese Qualifizierung natürlich nicht, schob
Herr Haentjes schnell noch nach.
Der Vorstandsvorsitzende wies besonders auf die beiden Persönlichkeiten hin, die
für den Aufsichtsrat gewonnen werden konnten und die Edel Music zukünftig ein
ganz neues „Standing“ im internationalen Musikgeschäft geben würden. Zum einen
sei damit Rudolf L. Gassner, der frühere Präsident und Vorstandsvorsitzender der
BMG Entertainment International, gemeint. Dieser habe die BMG gegründet und zu
einem der vier Majors im Musikmarkt gemacht. Zum anderen werde bei
Zustimmung der Hauptversammlung James Murdoch, Sohn des Präsidenten des
Medienkonzerns Newscorp, Rupert Murdoch, und Chairman der Newscorp Music
Group NMS, in den Aufsichtsrat eintreten. James Murdoch genieße international
einen exzellenten Ruf und bringe das Know-how eines der größten Konzerne der
Medienbranche ein.
Zur Stellung von Edel Music im Markt erläuterte Herr Haentjes, dass es weltweit
nur ein größeres unabhängiges Unternehmen, die Jive Zomba Group aus New
York, gebe, die allerdings einen deutlich höheren Umsatz und Ertrag als die
Edel-Music-Gruppe habe. Edel Music solle aber zum größten unabhängigen
Tonträger-Unternehmen weltweit werden und habe sich im vergangenen Jahr zu
einem komplexeren Unternehmen entwickelt. Statt drei Divisionen wie zum
Jahresanfang des Jahres 1999 gebe es inzwischen acht, die Herr Haentjes im
Folgenden beschrieb.
Die Edel Records Europe mit einem für das Jahr 2000 geplanten Umsatz von 300
Millionen DM habe ihren Schwerpunkt in den Musiksparten Pop, Dance und
Mainstream Rock. Ziel dieser Division sei es, das Repertoire durch Akquisitionen
und Neugründungen zu erweitern, aber auch eigene Künstler zu entwickeln. Der
Lizenzvertrag mit Disney sei inzwischen territorial auf Osteuropa bis zur Türkei und
Frankreich ausgedehnt worden. Das Verhältnis zwischen Edel und Disney sei
hervorragend, er gehe von einer langfristigen Zusammenarbeit aus.
Nach dem Kauf von 74,9% der Anteile von Play it again SAM (PIAS) habe man dort
das Repertoire der Sparten Alternative, Dance und Progressive konzentriert. Auch
für PIAS werde ein Umsatz von 300 Mio. DM im Jahr 2000 erwartet. PIAS sei in
seinen Aufgaben und Zielen vergleichbar mit Edel Records, allerdings mit einem
anderen Repertoirebereich. An dieser Stelle wies Herr Haentjes darauf hin, dass
die Segmentberichterstattung derzeit wegen der rasanten Entwicklung von drei auf
neun Divisionen noch schwierig sei. Im Geschäftsbericht für das Jahr 2000 sei
diese jedoch vorgesehen.
Die Edel Media & Entertainment soll im Jahr 2000 einen Umsatz von ca. 100
Millionen DM erwirtschaften. Ihr Schwerpunkt liege auf Compilations, also die
Zusammenstellung von Stücken verschiedener Künstler auf einem Album, und dem
Kinder-Entertainment-Markt. Die regionale Ausbreitung der Edel Media &
Entertainment beschränke sich derzeit noch im wesentlichen auf Deutschland,
Benelux und Skandinavien.
Edel Classical hat nach Ansicht des Vorstandsvorsitzenden gute Chancen, auf
dem deutschen Markt für klassische Musik stark zu wachsen. Zur Zeit sei
Universal mit den Labeln Deutsche Grammophon und Phillips der Marktführer.
Insbesondere in dem Marktsegment Klassik könne er sich gute Chancen für den
Vertrieb über das Internet, zum Beispiel mit dem „digital download“ von klassischen
Stücken, vorstellen. Der Vorteil des bequemen Einkaufs per Internet sei besonders
für die typischen Konsumenten von klassischer Musik interessant. Derzeit würden
Gespräche mit dem Ziel der Expansion geführt.
Die Edel Publishing sei ein Tätigkeitsschwerpunkt von Vorstandsmitglied David
Hockman, so Herr Haentjes. Aufgabe dieser Division sei die Zusammenarbeit mit
wichtigen Songschreibern, etwa durch kleinere Akquisitionen. So konnte ein Joint
Venture mit Desmond Child, der zum Beispiels Songs für Ricky Martin, Bon Jovi
und Aerosmith geschrieben habe, eingegangen werden. Desmond Child sei damit
insgesamt für Edel tätig. Große Hoffnung setzte Herr Haentjens auf die von
Desmond Child entwickelte Gruppe To Be Free, die sich nach seiner Ansicht zu
internationalen Superstars entwickeln sollten: „Zu Weihnachten wird jeder wissen,
wer To Be Free sind“, meinte er. Als Umsatzziel für Edel Publishing in drei Jahren
nannte Herr Haentjes 50 Mio. US-Dollar, darauf soll die branchenübliche Rendite
von mehr als 20% erwirtschaftet werden.
Mit Edel North America sei die Edel-Gruppe auf dem größten und am stärksten
wachsenden Musikmarkt der Welt vertreten. Mit der Übernahme von 80% der Firma
RED von Sony, das die restlichen 20% weiter hält, sei eine Sales Unit ohne
eigenes Repertoire erworben worden, über die ca. 20 amerikanische Label und
eigenes Repertoire der Edel-Gruppe vertrieben werden könnten. Die 20 Label, die
RED schon vor der Übernahme vertrieben habe, würden nacheinander sorgfältig
geprüft; bei Eignung werde eine Beteiligung eingegangen, wie bei dem Label
Roadrunner, an dem der Edel-Anteil 17% betrage. Damit soll die Edel-Strategie
verwirklicht werden, die gesamte Wertschöpfungskette vom Schreiben eines Songs
bis zum Verkauf an den Endkunden in der Edel-Gruppe zu integrieren.
In der Division Edel Services (früher: Edel Replication) sind CD-Produktion und
Lagerhaltung zusammengefasst. Das Tochterunternehmen Optimal Media
Production soll zum europäischen Verteilzentrum ausgebaut werden, dazu sei in
den letzten Monaten erheblich in Technologie investiert worden. Der Erfolg dieser
Investitionen sei eine Verfünffachung der Auslieferungskapazitäten bei gleichzeitig
konstanten Personalkosten.
Als achte Division nannte Herr Haentjes Edel Ventures, die Unternehmen, die an
den Kapitalmarkt wollen, Hilfestellung leisten soll. Bei der Betreibergesellschaft
des Musik-TV-Kanals VIVA sei Edel mit 16% in den Aktionärskreis aufgenommen
worden, da das Unternehmen über Know-how verfüge, wie man ein
Musikunternehmen an die Börse bringt.
Auch andere Unternehmen hätten in dieser Hinsicht schon Interesse bekundet.
Dies führte, so der Vorstandsvorsitzende, letztlich zu dem Entschluss, dieses
Know-how in einer separaten Division zu vermarkten. Erwartet werden erheblich
Erträge, da Edel im Vergleich mit Banken oder Venture-Capital-Gebern
Unternehmen aus dem Medienbereich oft besser beurteilen könne. Zu VIVA
bemerkte er noch, dass die stillen Reserven in der Beteiligung nach einem
Börsengang von VIVA deutlich im neunstelligen Bereich liegen würden.
Abschließend merkte Herr Haentjes zur Entwicklung der Edel-Gruppe an, dass der
Wert des Unternehmens erheblich gesteigert werden konnte, obwohl das finanzielle
Ergebnis 1999 negativ gewesen sei.
Als Highlights des Geschäftsjahres 1999 nannte Herr Haentjes unter anderem die
Beteiligungen an PIAS und RED. Bei RED werde der Umsatz im Jahr 2000
vermutlich von vor der Übernahme üblichen 120 bis 130 Mio. US-Dollar auf 180 bis
200 Mio. US-Dollar gesteigert werden können. Die Akquisitionsstrategie werden
auch mit der Übernahme kleinerer Unternehmen fortgesetzt. Außerdem wurden die
strategische Allianz mit Newscorp und die auf den Vertrieb per Internet abzielenden
Kooperationen mit Microsoft und Liquid Audio genannt.
Strategische Ziele der Edel-Gruppe seien zum einen die territoriale Expansion.
Neben den wichtigsten Weltmusikmärkten USA und Europa wolle man auch in den
Wachstumsmärkten Asien und vor allem Lateinamerika stärker aktiv werden.
Derzeit sei man zum Beispiel mit einem mexikanischem Unternehmen im
Gespräch. Strategisches Ziel sei es zum anderen, alle Aspekte des
Musikgeschäfts abzudecken. Wenn es eine Schwäche der Edel-Gruppe gebe,
dann sei dies das zu kleine Repertoire. So habe die Verschiebung neuer Alben von
vier Künstlern zu dem Ergebniseinbruch des vergangenen Jahres geführt. Dieser
Abhängigkeit von wenigen Künstlern solle vor allem durch den Ausbau des
Publishing und Erweiterung des Repertoires entgegengewirkt werden.
Weiteres strategisches Ziel sei die Nutzung des Internets. Langfristig komme dem
Internet eine entscheidende Rolle im Musikgeschäft zu, die Entwicklungen würden
zum Teil aber länger dauern als gedacht, darin sei man sich mit führenden
Marktforschungsinstituten einig. Man erwarte, dass in fünf bis sieben Jahren etwa
20% des Umsatzes im Internet gemacht werden, davon werde aber noch ein
großer Teil aus der Bestellung von Tonträgern per Internet kommen. Die
Edel-Gruppe verfolge den „dezentralisierten, nicht-exklusiven Distributions-Ansatz
(DNDA)“ bei dem Edel seine Produkte auf einer Vielzahl anderer Websites
anbieten will, statt zu versuchen, alle Kunden auf eine eigene zentrale Website zu
ziehen. Damit sei aber keine Lizensierung durch die Inhaber der fremden Websites
gemeint, sondern ein reines Distributionsverhältnis.
Ein weiterer Aspekt der Internetstrategie seien Beteiligungen an
Internet-Unternehmen, wie zum Beispiel an Broadbandtalentnet.com, auf deren
Website noch unbekannte Künstler ihre Songs kostenlos zum Download anbieten
können. Zum Abschluss des Themas Internet zitierte Herr Haentjes den CEO des
amerikanischen Internetunternehmens MP3.com, Michael Robertson: „Die
Musikindustrie ist eigentlich ein 100 Milliarden US-Dollar-Geschäft, dass in einem
40 Milliarden US-Dollar-Käfig gefangen ist.“ Gemeint sei damit, dass die physische
Distribution der Tonträger zum Konsumenten derzeit noch weitere Zuwächse
hemme.
Zur finanziellen Entwicklung des Unternehmens verwies Herr Haentjes zunächst auf
die Entwicklung des Umsatzes, der von 284,4 Mio. DM im Jahr 1998 auf 450,9
Mio. DM im Jahr 1999 gesteigert werden konnte. Das Ergebnis vor Zinsen und
Steuern (EBIT) fiel im gleichen Zeitraum von 22,5 Mio. DM auf minus 5,3 Mio. DM.
Über den Verlust im Geschäftsjahr 1999 sei sicherlich keiner glücklich, er selbst
„an allererster Stelle nicht.“ Die aktuelle Prognose für das Jahr 2000 liege bei
einem Vorsteuerergebnis von 96 Millionen DM. Bis zur nächsten
Hauptversammlung sollte dies nach Meinung des Vorstandsvorsitzenden auch
Einfluss auf den Aktienkurs gehabt haben.
Die Anzahl der Mitarbeiter sei hauptsächlich durch Akquisitionen von 512 auf 902
gesteigert, der Umsatz pro Mitarbeiter aber mit 500.000 DM gegenüber 555.000
DM im Jahr 1998 nahezu konstant gehalten worden. Die nächste aufliegende Folie
zeigte den Kursverlauf der Edel-Aktie, was Herr Haentjes mit der Bemerkung „ da
wollen wir nicht so genau hingucken“ kommentierte. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis
der Edel-Aktie sei von einem Börsenbrief mit 15 als niedrigstes aller vergleichbarer
Medienunternehmen festgestellt worden. Dies sei überhaupt nicht angemessen,
eher sollte das KGV wie zum Beispiel bei den Unternehmen Brainpool oder EM-TV
bei 40 bis 50 liegen. Der Vorstand wolle unter anderem durch noch häufigere
Analystentreffen diese Unterbewertung beenden.
Die Planungen für die Zukunft des Unternehmens sehen laut Herrn Haentjes ein
„gesundes Wachstum“ auf einen Umsatz von zunächst 1 Milliarde DM im Jahr
2000 vor. Weiter sollen die akquirierten Unternehmen konsolidiert und in die
Edel-Gruppe integriert werden, weitere Akquisitionen sollen vorgenommen werden.
„Dreh- und Angelpunkt“ sei aber die Erweiterung des Repertoires. Herr Haentjes
erwartet bereits für den Herbst diesen Jahres ein „Feuerwerk“ von erfolgreichen
Edel-Produktionen in den Charts.
Zum Schluss gab Herr Haentjes noch seinem Optimismus in Bezug auf die
Entwicklung des Unternehmens Ausdruck. Er selbst habe keine einzige Aktie
verkauft und habe dies auch in Zukunft nicht vor, er sei auch keine anderen
größeren Investments eingegangen. Auch seiner Frau und seinen Kindern rate er
dazu, ihre Edel-Aktien zu halten. Vielleicht müsse man bis zur Bekanntgabe des
Ergebnis des Jahres 2000 warten, bis sich der Aktienkurs wieder erfreulich
entwickle, aber Geduld werde sich in diesem Fall langfristig durch einen „sehr
ordentlichen“ Kapitalzuwachs auszahlen. Mit einem Dank für geleistete Arbeit an
das ausscheidende Vorstandsmitglied Jörn Meyer beendete Herr Haentjes seinen
Bericht.
Allgemeine Diskussion
Herr Dr. Depken von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW
bezeichnete das negative Jahresergebnis und die Viertelung des Aktienkurses für
Kleinaktionäre als wenig erfreulich. Möglicherweise habe der Kurs aber bei 20 Euro
einen Boden gefunden. Er fragte, warum der Anteil der Herstellungskosten am
Umsatz von 63% 1998 auf 70% im Jahr 1999 und warum die allgemeinen
Verwaltungskosten von 22 auf 40 Mio. DM angestiegen seien. Außerdem bat er um
Erläuterung, wie sich die sonstigen betrieblichen Aufwendungen zusammensetzen
und wollte wissen, warum die Position Zinsen und ähnliche Aufwendungen
angestiegen sei.
Weiter bat Herr Dr. Depken um Mitteilung der Platzierungskosten für drei Millionen
Aktien im Herbst 1999. Zum enttäuschenden (negativen) Jahresergebnis der
britischen Edel-Tochter fragte er, was der Vorstand zur Verbesserung der Situation
tun wolle. Schließlich bat er noch um Angaben zu Bilanzkennzahlen von VIVA, um
die Werthaltigkeit des 16prozentigen Anteils, den Edel hält, beurteilen zu können.
Der Vorstandsvorsitzende Herr Haentjes beantwortete die Fragen direkt im
Anschluss. Die höhere Quote der Herstellungskosten sei auf Akquisitionen
zurückzuführen, die eine geringere Wertschöpfung im Unternehmen zur Folge
hätten. Andere Kostenpositionen seien aber dafür aus dem selben Grund auch
gefallen. Die allgemeinen Verwaltungskosten seien eigentlich unterproportional
gestiegen; nur wegen der Umsatzausfälle durch die vier verschobenen Alben habe
sich ihr Anteil am Gesamtumsatz erhöht. Bei den sonstigen betrieblichen
Aufwendungen handle es sich vor allem um Firmenwertabschreibungen.
Die höhere Zinsbelastung ergäbe sich, da die Akquisitionen zum Teil auch mit
Fremdkapital finanziert worden seien. Edel UK sei vor allem zur Erweiterung des
Repertoire der Edel-Gruppe aufgebaut worden, da nach den USA vor allem Songs
aus England in andere Regionen übertragbar seien. Bei vollständiger Betrachtung
aller Kosten und Erlöse, die durch Edel UK verursacht würden, sei das Ergebnis
positiv. VIVA habe im Jahr 1999 einen Umsatz von etwa 100 Millionen DM und ein
Vorsteuerergebnis von rund 10 Millionen DM erzielt. Interessanter als die aktuellen
Zahlen sei aber das Potenzial des Unternehmens: VIVA sei die stärkste deutsche
Musikmarke, Herr Haentjes wäre nicht überrascht, wenn sich VIVA eines Tages
als das wichtigste Investment von Edel erweisen würde.
Als nächster Redner trat Herr Dr. Hildebrandt von der Schutzgemeinschaft der
Kleinaktionäre SdK auf das Podium. Das Jahr 1999 sei für Edel von großer
Bedeutung auf dem Weg in die Weltmusikmärkte gewesen. Der Umsatz sei stark
gestiegen, leider auch überproportional die wichtigen Kostenarten. Er hoffe, dass
die „Dellen ausgebügelt“ werden können und die Kapitalmärkte die Visionen des
Vorstands bald in steigende Kurse umsetzen. Die zum Beschluss vorgelegten
Maßnahmen halte die SdK für sinnvoll und notwendig.
Herr Dr. Hildebrandt fragte nach dem Hauptkonkurrenten beim Ziel, größtes
unabhängiges Musikunternehmen Europas zu werden. Er äußerte seine Freude
darüber, dass der Vorstandsvorsitzende und seine Familie an ihren Edel-Aktien
festhalten und wollte wissen, ob es weitere Aktionäre mit mehr als 10%
Anteilsbesitz gebe oder ob andere Änderungen im Aktionärskreis bekannt wären.
Weiter erkundigte er sich nach den Ergebnissen der 100prozentigen Töchter von
Edel und stellte Fragen zum Risikomanagement.
Herr Haentjes verwies auf die Zomba-Gruppe als größten unabhängigen
Konkurrenten. An der Zomba-Gruppe halte BMG 20% der Rest gehöre dem
Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens. Zomba sei in Umsatz und Ergebnis aus
vier Gründen vor Edel. Diese Gründe hießen Britney Spears, Backstreet Boys, ‘N
Sync und R. Kelly. Edel habe aber ein breiteres Repertoire an Künstlern mit
großem Potenzial.
Zudem sei der Vorstandsvorsitzende von Zomba nicht nur unternehmerischer,
sondern auch künstlerischer Leiter, damit sei Zomba stark von der Person des
Vorstandsvorsitzenden abhängig. Bis auf die englische Tochter seien alle anderen
100prozentigen Beteiligungen profitabel. Zum Risikomanagement seien
umfangreiche Unterlagen erarbeitet worden, die bei Interesse im Unternehmen
angefordert werden könnten. An der Aktionärsstruktur habe sich nichts
wesentliches geändert, er selbst halte immer noch 71,18% der Aktien.
Herr Schlecht stellte sich als Aktionär vor und lobte zunächst Vorstand und
Aufsichtsrat für die geleistete Arbeit. Er fragte nach der Höhe des Umsatzausfall,
der durch die vier verschobenen Alben verursacht wurde. Außerdem erbat er eine
Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden, warum dessen Optimismus hinsichtlich
der Unternehmensentwicklung nicht bei den Analysten ankomme.
Der Vorstandsvorsitzende erklärte, eine Modellrechnung hätte einen Umsatzausfall
von 70 Millionen DM ergeben. Da aber dieser zusätzliche Umsatz nur relativ
geringe zusätzliche Kosten, vor allem für die Vermarktung, verursacht hätte, wäre
ein Deckungsbetrag von 47 Millionen DM erwirtschaftet worden. Das
Jahresergebnis hätte dann im Rahmen der Prognosen gelegen. Analysten haben
nach Ansicht von Herrn Haentjes zwei Aufgaben: sie müssen das Unternehmen
beurteilen und die Aktienkursentwicklung prognostizieren. Die Analystenmeinungen
zum Unternehmen Edel Music seien durchweg positiv, dies werde aber wohl erst
zu Kaufempfehlungen führen, wenn der Kurs bereits angestiegen sei.
Zur Bewertung des Unternehmens führte er aus, dass Unternehmen wie Edel bei
einer Akquisition üblicherweise mit dem 1,5- bis 2fachen des Umsatzes bewertet
werden. Teilweise würden auch sehr viel höhere Preise bezahlt. Die Edel-Aktie
müsste, so Herr Haentjes bei einer Bewertung zum 1,5fachen des Umsatzes bei
mindestens 40 Euro gehandelt werden. Eine Börsenbewertung von 3 Milliarden DM
wie zu Zeiten der höchsten Aktienkurse sei aus heutiger Sicht allerdings etwas
überhöht. Sein Ziel sei es nicht, noch reicher zu werden, sondern zu zeigen, dass
man „aus dem Nichts“ ein Milliarden-Musikunternehmen aufbauen kann.
Als letzte Fragestellerin bat Frau Solheide um Auskunft, ob Edel vorhabe, die
eigene Aktie zum Beispiel im Fernsehen oder anderen Medien zu bewerben. Herr
Haentjes bestätigte, dass eine solche Endverbraucherkampagne im Unternehmen
diskutiert worden sei. Letztendlich sei man aber bei der Meinung geblieben, dass
die Unternehmenszahlen überzeugen müssen. Ganz auszuschließen sei aber eine
solche Aktion nicht.
Abstimmungen
Die Präsenz wurde vor den Abstimmungen mit 16.527.206 Stimmen oder 75,81
Prozent des Grundkapitals festgestellt. Bis auf Tagesordnungspunkt 7, bei dem die
Erhöhung des genehmigten Kapitals zu beschließen war und bei dem 389.752
Nein-Stimmen abgegeben wurden, gab es keinen nennenswerten Gegenstimmen
zu den Vorschlägen der Verwaltung.
Neben der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat wurde somit die Verkleinerung
des Aufsichtsrats auf drei Personen, die Wahl der Herren Gassner und Murdoch in
den Aufsichtsrat beschlossen und die KPMG zum Abschlussprüfer gewählt.
Außerdem wurde der Erhöhung des genehmigten Kapitals und vier weiteren
Tagesordnungspunkten, die die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen an
Vorstand, Aufsichtsrat und Dritte ermöglichen, zugestimmt.
Gegen 13:20 Uhr konnte der Aufsichtsratsvorsitzende die Hauptversammlung
schließen und die Aktionäre zu einem Imbiss am Büffet einladen, zu dem der
Appetit die meisten Anwesenden allerdings schon während des Verlesens der
Abstimmungsergebnisse getrieben hatte.