dass es nicht an Kreditangeboten mangelt (Artikelauszug unten), sondern an Kreditnehmern. Firmen scheiden (vor allem in der Eurozone, wo die Refinanzierung meist über Banken erfolgt) als Kreditnachfrager weitgehend aus, weil sie zum einen oft bereits stark überschuldet sind und zum anderen größere Investments (zusätzliche Fertigungsstätten usw.) nur lohnen, wenn die Verbraucher-Nachfrage wächst oder in absehbarere Zeit wachsen wird. Davon ist im deflationären Europa, das von Massen-AL und Reallohnabbau gezeichnet ist, wenig zu sehen.
Das Nicht-Investieren der Firmen ist unter diesen Prämissen nichts anderes als applizierte betriebswirtschaftliche Vernunft. Wer in neue Fertigungsanlagen investiert, ohne dass die Nachfrage steigt oder steigen wird, manövriert sich schnell ins Abseits (siehe Überkapazitäten im Automobil-Sektor) und riskiert die Pleite.
Diese mangelnde Kredit-Nachfrage lässt sich auch von Draghi nicht herbeipumpen. In Europa sind viele Private und Firmen überschuldet. Sie wollen deshalb keine neuen Kredite. Nicht hingegen mangelt es an Geld-Angebot.
Draghi zäumt daher mit seinen Maßnahmen, die das Kredit-Angebot weiter erhöhen sollen, das Pferd vom Schwanze auf. Das ist allerdings nicht Dummheit, sondern dreistes "Goldman-Kalkül": Wie ich hier im Thread schon häufig geschrieben habe, ist das Argument der "zusätzlichen Kreditvergabe" bereits seit QE1 die offizielle Rechtfertigungslüge für die Geldflutungen. Bernanke und Draghi können ja schlecht sagen: "Es gibt keine Sparzinsen mehr, weil wir den verzockten Banken Gratisgeld geben müssen, damit sie sich im Eigenhandel mit Aktien, Rohstoffen und Staatsanleihen gesund stoßen können." Dann wären sofort sämtliche Leute auf der Straße. Occupy Wallstreet wäre überall.
Die eingangs genannte Studie, von Münchau unten im Artikelausschnitt zitiert, bestätigt meine schon seit vielen Jahren vorgetragene These, dass sich die Weltwirtschaft in einer Koo'schen Bilanzrezession befindet, die per se deflationär ist. Auf die unhaltbaren Kreditblasen folgt - und hier wirklich "alternativlos" - ein Deleveraging (Entschuldung) der Verbraucher wie der Firmen. Infolge der rückläufigen Güter- und Investitionsgüter-Nachfrage sinken dabei notwendigerweise die Preise. Das ist nichts anderes als das Spiegelbild der zuvor künstlich (u. a. durch zu tiefe Zinsen) gepumpten Expansionsblasen, in der sich Vermögenwertpreise immer weiter von der Realität entfernt hatten.
Deflation ist daher im Grunde nichts anderes als die (schmerzliche) Rückkehr zum Vor-Blasen-Normal. Dennoch schreien die Zentralbanker entsetzt "Deflation", als würde ihnen Luzifer leibhaftig erscheinen. Warum? Haben sie dabei das Wohl der Bürger im Auge? Eher nicht. Es geht fast ausschließlich um das Wohl ihrer Klientel: Extrem gehebelte Investmentbanken und Hedgefonds, die bei einem Absinken der Assetpreise ziemlich schnell pleite gehen würden. Folglich sehen es die Zentralbanker als ihre Aufgabe, die Assetpreise künstlich und gegen den Markt, der in einer Deflation nach unten will, zu stützen. Das Ganze wird "garniert" mit den passenden Rechtfertigungslügen, damit das Volk diese Geldpolitik auch schluckt.
Hier der zugehörige Abschnitt aus dem Münchau-Artikel (Link bei Dreiklang):
Die Bankenkrise war in Amerika 2009 schon vorbei. Der Grund war die fehlende Nachfrage an Krediten. Was nach einer Kreditklemme aussah, war in Wirklichkeit nur eine Weigerung des privaten Sektors, sich neu zu verschulden.
Das hört sich alles sehr plausibel und einfach an, ist es aber nicht. Bislang sind Regierungen und Zentralbanken überall in der Welt davon ausgegangen, dass es sich genau anders herum verhält: Die bösen Banken vergeben keine Kredite an die guten kleinen und mittleren Unternehmen. Aus diesem Grund geben Politik und Notenbank den Geldinstituten Anreize, Kredite zu verleihen. Genau das tat nun wieder die Europäische Zentralbank vergangene Woche, als sie die Zinsen erneut senkte und die Banken mit noch mehr billigem Geld überschüttete, geknüpft an die Bedingung, dass sie Kredite an Firmen vergeben.
Milan und Sufi sagen uns jetzt: Die Firmen wollen gar keine Kredite - denn sie wissen nicht, wie sie das Geld investieren sollen. [Mein Reden seit Jahren, A.L.] Die Autoren behaupten das nicht einfach, sondern sie stützen sich auf bislang nicht analysierte Daten von Städten und Gemeinden, die sie in akribischer Arbeit aufgedröselt haben. Die Analyse bezieht sich zunächst nur auf die USA. Daraus ergibt sich für uns die Frage, inwieweit sie auch für uns gelten...
Zuletzt gestern hab ich zu dieser Problematik, auf die ich schon seit langem hinweise, im Ökonomen-Thread gepostet.