Niedriges Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit: Nach dem Absturz der Kurse von Öl, Silber und Gold droht auch den Aktienmärkten der Ausverkauf. Von Daniel Eckert mehr...
Griechische Tragödie
von Samira Lazarovic
Wie die Helden seiner Tragödien hat sich das hochverschuldete Griechenland in eine ausweglose Lage gebracht. Egal, was es tut – das Land kann nur noch schuldiger werden. Regierungschef Papandreou bringt den Chor derer, die den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone fordern, auch mit Wutausbrüchen nicht zum Schweigen.
Ein Jahr nach Beginn des EU-Rettungseinsatzes hat die Nervosität beim Thema Griechenland einen neuen Höhepunkt erreicht. Das Land ist nicht nur weiterhin hochverschuldet, sondern hat im vergangenen Jahr die EU-Haushaltsvorgaben mit einem Fehlbetrag von 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts klar verfehlt. Vermeintlich geheime Treffen der EU-Finanzspitzen lassen auf dem Devisenmarkt den Euro einknicken und der Chor, der den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone fordert, wird immer lauter.
War das Verständnis im Gläubigerland Deutschland schon von Anfang an nicht besonders groß, halten mittlerweile laut einer Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut GfK für die Zeitung "Welt am Sonntag" vornahm, nur noch 20 Prozent der Deutschen die Hilfen für das angeschlagene Griechenland für richtig. 47 Prozent der Befragten halten die Unterstützung für falsch, der Rest konnte sich zu der Frage nicht äußern.
Ifo-Chef plädiert für Euro-Abschaffung
In dasselbe Horn bläst auch der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn: "Der Austritt aus dem Euro wäre das kleinere Übel", sagte Sinn der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Wenn Griechenland aus dem Euro austräte, könnte das Land abwerten und wettbewerbsfähig werden."
Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou will davon allerdings nichts hören. Spekulationen über eine mögliche Abschaffung des Euro in seinem Land bezeichnete er als "fast schon kriminell". Sein hochverschuldetes Land solle in Ruhe gelassen werden, damit es den eingeschlagenen Spar- und Reformkurs zu Ende führen könne. Die Medienberichte am Freitag hätten gezeigt, welche Gefahren für Griechenland durch solche Provokationen lauerten, sagte Papandreou auch im Hinblick auf einen Bericht des "Spiegel", laut dem Athen die Euro-Zone verlassen wolle.
Keine unnötige Unruhe
Einem Treffen der EU-Kernländer in Luxemburg war in zahlreichen Medienberichten das Etikett "Krisentreffen" verpasst worden. Der Euro gab daraufhin deutlich nach, obwohl alle Teilnehmer nicht nur von einem "regulären Gedankenaustausch" sprachen, sondern auch einen Ausstieg Griechenlands aus der Währungsunion kategorisch ausschlossen.
"Wir wollen nicht, dass der Euro-Raum ohne Grund explodiert", beteuerte etwa Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker und zeigte sich ebenfalls verärgert über den medialen Tumult. Möglich wäre aber eine erzwungener Gläubigerverzicht oder längere Fristen für die Rückzahlung der Notkredite, so Juncker. Erst vor kurzem hatte Griechenlands Finanzminister Giorgos Papakonstantinou EU und IWF um längere Rückzahlfristen und niedrigere Zinsen für den 110 Mrd. Euro schweren Kredit gefordert.
Euro-Austritt kein Ausweg
Dass das Schuldenpaket für Athen in irgendeiner Form leichter geschnürt werden muss, gilt mittlerweile als gesichert. Derzeit zahlt Griechenland astronomische 14 beziehungsweise 20 Prozent Zinsen auf seine Anleihen mit Laufzeiten von zehn und zwei Jahren. Zudem dürfte bei dem Gedanken, dass Portugal für sein Hilfspaket voraussichtlich deutlich weniger Zinsen zahlen wird, als Griechenland oder Irland, Verbitterung in Athen aufkommen. Die Zinsen für die Hilfen aus dem EU-Rettungsfonds EFSM und EFSF lagen bei Griechenland und Irland deutlich über den IWF-Sätzen. Bei Portugal soll der Abstand zu den eigenen Zinsen dagegen möglichst klein gehalten werden.
Die Abschaffung des Euro – die übrigens von vielen Griechen selbst gefordert wird – ist dagegen laut Experten rechtlich nahezu unmöglich. Und selbst wenn man einen Weg finden würde, gilt der Euro-Austritt als hochriskant, denn die Schulden des Landes könnten sich mit einer neuen, schwachen Währung sogar verdoppeln. "Es gäbe sofort einen Banken-Run und die Banken wären pleite", meint selbst der Austritts-Befürworter Sinn. Diese müsste man dann mit Hilfe der EU neu aufstellen.
Doch auch die Alternative klingt für den Ifo-Chef nicht gut: "Wenn Griechenland eine sogenannte interne Abwertung in dem nötigen Umfang von 20 bis 30 Prozent im Euro-Raum durch Kürzung von Löhnen und Preisen versuchte hinzukriegen, geriete es an den Rand des Bürgerkriegs", sagte er. "In diesem Fall gingen die Banken auch pleite, weil die Firmen der Realwirtschaft pleite gingen und ihre Bankkredite nicht zurück zahlen könnten. Kurzum, die Banken sind so oder so pleite."
Ob diese Schulden-Tragödie gut ausgeht? Vermutlich nicht. Aber, wie es die griechischen Epen so an sich haben, wird sie vermutlich sehr lehrreich sein, nicht nur für die Griechen, sondern für die ganze Euro-Zone. Warten wir also auf das Schlusslied des Chores.
Adresse:
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Griechische-Tragoedie-article3278846.html