Malkos weihnachtliche Erkenntnisse im ersten Absatz von # 54870 sind gut geeignet für einen Jahresrückblick, der manches Ungereimte rückblickend erklärbar, allerdings nicht "entschuldbar" macht.
Als der mächtige ex-GS-Boss Henry Paulson in seiner Funktion als US-Finanzminister im Herbst 2008 auf die Knie fiel und um 700 Milliarden wimmerte, war die Finanzwelt tatsächlich am Ende. Ein Großteil der US-Banken war faktisch bankrott - und ist es im Prinzip bis zum heutigen Tage (sorry, Jesus).
Es musste also dringend etwas geschehen:
1. Zunächst wurden die bankrotten Banken frecherweise für solvent erklärt, indem man seit Jahrhunderten bewährte Bilanzregeln - man müsste präziser sagen: Bilanz-Gesetze - kurzerhand außer Kraft setzte. Den Banken wurde "erlaubt", ihre Billionen-Verluste aus Housing- und sonstigen -Derivaten für nichtig zu deklarieren. Dazu durften sie die faulen Assets mit dem Einstandspreis bewerten, obwohl der Wert nach Mark-to-market teils 95 % und mehr darunter lag. Das gilt im Prinzip auch für die meisten der noch kommenden Verluste, z. B. aus sonstigen faulen Krediten (Kreditkarten, Autokrediten, Student loans usw.), Derivaten und Gewerbeimmobilien. Egal was künftig noch an Verlusten anfallen wird - es bleibt folgenlos, da es bei den Schulden eine Art bilanztechnische "General-Amnestie" gab. (Gegen die Alternative, die Großbanken "abzuwickeln" und die Aktionäre und Bondshalter leer ausgehen zu lassen, setzte sich Wall Street unter Federführung von Paulson/Geithner erfolgreich zur Wehr - auf Kosten der Steuerzahler.)
Die Lage ist ähnlich, als würde man Madoff freisprechen, weil er die 50 Milliarden, die er von seinen Kunden eingesackt und in dunklen Kanälen distribuiert/verspielt hat, in Wirklichkeit noch besitzt. Durch ein eigens erlassenes Sondergesetz dürfte Madoff die Verluste als "nicht existent" deklarieren. Das heißt: Das Geld wäre bilanztechnisch theoretisch noch da. Damit ist Madoff sogar wieder kreditwürdig. Die Fed kann ihm nun die 50 Milliarden unbefristet leihen (zu Nullzinsen, versteht sich). Mit diesem "TARP"-Geld kann er dann alle Forderungen an seine Kunden zurückzahlen. Betrug liegt dann rückblickend nicht mehr vor, nur eine vorübergehende Illiquidität. Madoff würde zum neuen Ehrenmann, denn er war ja eigentlich zahlungsbereit und wurde nur durch "Umstände, die er nicht zu vertreten hat", vorübergehend an der Rückzahlung gehindert. Madoff könnte sogar von Time Magazine "zur Person des Jahres 2010" gekürt werden; nicht einmal der Wirtschaftsnobelpreis ist ausgeschlossen. Denn er ist ja verantwortlich und virtuos mit großen Summen umgegangen.
2. Das Ignorieren der Schulden allein reicht jedoch nicht. Man muss auch einen - betrügerischen - Mechanismus ersinnen, um die Pokerverluste mit neuen Pokergewinnen wieder hereinzubekommen. Das Rettungskonzept ist somit zweistufig: Als erstes werden die Schulden ignoriert, was den Weiterbetrieb der Großbanken gewährleistet. Als zweites wird der Weiterbetrieb genutzt, um mit Nullzinsen zur eigenen Sanierung in Geldkraken-Manier die Menschheit (ex GS unf JPM) auszusaugen. Pikanterweise wurden diese Nullzinsen ja von der Fed "verordnet", die als privatwirtschaftlich operierende Organisation den Großbanken gehört. Die Großbanken haben sich die benötigte Nullzins-Medizin damit quasi selber verordnet. Das Betrügerische besteht darin, dass Normalsterbliche auf Sparkonten Nullzinsen erhalten, während sie bei Krediten wie für überzogene Kreditkartenkonten mit bis zu 30 % Zinsen zur Kasse gebeten werden. Die jeweilige Differenz zu Null dient der Sanierung der verzockten Großbanken.
3. Dies ist aber nur der eine Fuß des Sanierungsmodells. Er würde allein nicht reichen, weil die Heilung "über die Zinskurve" viel zu langsam läuft. Man will ja schnell wieder an große Boni kommen. Also musste als zweites Standbein noch ein schwunghafter und profitabler Eigenhandel her. Das Problem ist, dass im letzten Winter, als Alles am Boden lag, keiner kaufen wollte, weil das Ende nahe schien. Wie soll man in einem solchen Umfeld mit Handel Geld verdienen? Die Lösung bestand darin, dass der Eigenhandel als "sich selbst nährendes" Schneeball-System dynamisch die Kursbewegungen erzeugte, die die aufgekauften Positionen letzlich ins Plus hievte. Die schiere Masse des in den Eigenhandels gepumpten Geldes machte ihn zu einer sich selbst-erfüllenden Prophezeihung. Die schiere Masse wirkte marktbewegend, und "der Markt" hat bekanntlich "immer Recht".
"Aber woher das viele Geld zum Zocken nehmen, wenn man selber pleite ist?" fragten sich die Oberzocker der Großbanken. Doch da fiel ihnen ein, dass ihnen ja zum Glück die "private Zentralbank" Fed gehört. Was lag da näher, als die zig Päppel-Programme der Buchstabensuppe (von TARP bis HAMP) "zur Bankenrettung" aus dem Hut zu zaubern, die ihnen die Billionen für die nächste Pokerrunde zur Verfügung stellte (das Gegenstück zu diesem frischen Pokergeld sind die 2,2 Billionen Dollar im dubiosen Soma-Account der Fed). Die EZB folgte dem großen Vorbild auf dem Fuße. Iin Deutschland wurden klangvolle Gesetze wie das zur "Finanzmarkt-Stabilisierung" erlassen, um bankrotte Klitschen wie Commerzbank/Dresdner zu "retten". Als Turbo kommt jetzt noch das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" oben drauf. Wann kommt der "Was-kostet-das-Universum"-Nachtrag?
4. Mit dem Gratisgeld der Zentralbanken konnte in 2009 jeder Dummkopf Milliarden scheffeln, sofern er berechtigt war, sich an diese labende Quelle zu hängen. Das Risiko war Null, weil es ja kein eigenes Geld war, und wenn es schief gehen würde, müsste halt der Steuerzahler die nächste Bailout-Runde springen lassen.
5. Zum wahren Kunstwerk gedieh die gesamte Konstruktion aber erst dadurch, dass die Banken durch die im Eigenhandel erzockten Milliardengewinne der ausgesaugten Menschheit nun den finalen " Beweis" lieferten, dass es TATSÄCHLICH wieder vorangeht mit der Wirtschaft. Denn wenn die Banken so viel Geld verdienen, muss die Krise doch wohl überwunden sein, oder etwa nicht? Assistierend bedurfte es dazu noch gleichgeschalteter Finanz-Medien wie Bubblevision (CBS), die jedes am Steilhang des Abgrunds welkende Unkraut zum "grünen Wende-Pflänzchen" verklärten. Und natürlich bedurfte es kunstfertiger US-Statistiker, die die Wende zusätzlich mit virtuosen Prozent-Spielchen orchestrierten (wen stört schon nach den Kursangstiegen, wenn - wie beim BIP-Wachstum für das 3. Quartal - die Zahlen nachträglich massiv nach unten revidiert werden, von 3,5 % auf faktische 2,2 %...). Als wahrer Wunderheil-Balsam wirken auch die 1,2 Millionen zusätzlichen Jobs, die das Birth-Death-Modell des US-Arbeitsministeriums allein in den vergangenen drei Monaten mit Computerhilfe "dazuerfand". Schade, dass die AL-Quote trotz dieser Tricks zweistellig blieb, weil sich an der schlechter "schrauben" lässt.
6. Das Ganze bleibt freilich ein gigantisches Poker-Spiel. Denn die von den Großbanken dynamisch hochgekauften Assets (Anleihen, Rohstoffe, Aktien) sind ja keine Haltepositionen. Das wären sie nur, wenn sie mit eigenem Geld hochgekauft worden wären. Daher hängt über der ganzen orchestrierten Erholungs-Lüge das Damoklesschwert vom Ende des "easy money" - d.h. der von den Zentralbanken in Billionen-Höhe verteilten neuen Hyperliquidität. Der Exit kann damit leicht zum EXITUS geraten.
Kein Wunder, dass die Zentralbanken versuchen, den Exit so lange es geht aufzuschieben. Auch die Nullzinsen sollen auf "unbestimmte Zeit" (Fed) erhalten bleiben. Die Hoffnung ist, dass sich zwischenzeitlich ein selbsttragender Aufschwung ergibt. Das Beispiel Japan zeigt jedoch, dass in einem Deflationsumfeld bei Rückfahren der Zentralbank-Geldpumpe und/oder der Stimulations-Programmen sofort wieder das alte, vorübergehend monetär zugekleistere Elend durchbricht. Man denke nur an die US-Neubauverkäufe, die gestern um 11,3 % einbrachen, weil die Hauskaufzulage ausgelaufen war. Die Regierung hatte zwar eilends eine Verlängerung bis nächsten März durchgepaukt. Dennoch fiel der Neubaumarkt im Übergangsmonat zwischen den beiden Paketen in ein tiefes Loch. Die 355.000 (annualisiert) verkauften Häuser (erwartet. 420.000 bis 439.000) im November sind niedriger als am Tief der Krise im März.