vom 16.04.:
Trügerische Hoffnung auf die Wende
von Mr N. N.
Liebe Leserin, lieber Leser!
Die Sirenengesänge derer, die das Ende der Finanz- und Wirtschaftskrise ausrufen, werden nahezu täglich lauter. Höchst interessant ist, dass das Ende der Krise bereits ausgerufen wird, ehe diese erst richtig begonnen hat.
US-Verantwortliche demonstrativ optimistisch
Hinzu kommt, dass sich in den USA der Chef der Notenbank, Ben S. Bernanke, zusammen mit Präsident Obama aus der Deckung wagen und öffentlich Optimismus verbreiten. Mr Bernanke zufolge gebe es vorläufige Anzeichen", dass sich der Absturz verlangsamen würde. Obama sah bereits erste Zeichen des wirtschaftlichen Fortschritts". Gleichzeitig räumte er aber auch ein, dass wir noch in keiner Weise aus dem Gröbsten heraus seien".
Ja, liebe Leserin, lieber Leser, aller Sirenengesänge zum Trotz räumt selbst der US-Präsident ein, dass das Gröbste noch nicht überstanden sei. Müßig zu erwähnen, dass eine wirkliche Erholung nach dem Platzen eines über Jahrzehnte angewachsenen historisch einmaligen Schulden-Ballons Jahre, wenn nicht Jahrzehnte auf sich warten lassen wird.
Dauerkrise als Normalität?
Insofern verwundert es nicht, wenn der russische Finanzminister erst jüngst vor schwierigen außenwirtschaftlichen Bedingungen in den nächsten zehn, zwanzig oder 50 Jahren" warnte. Die US-Rezession in den 90er-Jahren dauerte nur acht Monate, die Wirtschaft habe aber 92 Monate gebraucht, um sich zu erholen. Kudrin zufolge wird die aktuelle US-Rezession mindestens 16 Monate dauern. Eine Erholung werde sich über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte hinziehen.
Pausen im Abschwung
Ähnlich skeptisch äußerte sich jüngst auch Wirtschaftsnobelpreisträger Krugman. Er warnte sogar davor, vorschnell das Ende der Rezession auszurufen. Sehr spannend ist auch, dass Mr Krugman darauf hinweist, dass es auch in der Depression der 30er-Jahre einige Pausen im Abschwung gegeben habe. Auch der gegenwärtige Anstieg an den Aktienmärkten sei kein überzeugendes Signal für eine wirkliche Trendwende.
Bärenmarktrallies zwischen 1929-1932
In der Tat kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass es auch im großen Bärenmarkt zwischen 1929 und 1932 insgesamt sechs Rallye-Versuche gab. In fünf Fällen waren sogar mehr als zwanzig Prozent in den Anstiegswellen zu verdienen. Äußerst tückisch waren auch die sechs Abschwungphasen, in denen die Investoren JEWEILS mehr als 35 Prozent verloren. Und, last but not least gab es ja noch die ultimative Kapitulationsphase, die den Dow Jones 1932 in vier Monaten von 89 auf 41 Punkte absacken und damit den Gesamt-Verlust des Bärenmarkts auf 89,2 Prozent anschwellen ließ.
Müßig zu erwähnen, dass ein solcher Gesamt-Verlust im aktuellen Bärenmarkt einen Zusammenbruch des Dow Jones auf 1532 Punkte bedeuten würde.
Verglichen mit einem derart dramatischen Szenario sind die Prognosen von Bill Bonner bzw. Martin Weiss ja wahrlich optimistisch...
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Ein Versuch, die Blasen wieder aufzupumpen
von Bill Bonner
Die Rallye ist da. Der Dow ist am Donnerstag deutlich nach oben geklettert.
Genießen Sie es, solange es so ist... aber achten Sie auf die Trailing Stops.
Das Ende der Rallye ist nah", heißt es von Barron's
Mein alter Freund, Mark Faber, sagt, dass er mit einem Rückgang am Aktienmarkt um 10% rechnet, ehe sich die Rally weiter fortsetzen wird.
Vielleicht. Diese Rally wird irgendwann zu Ende Gehen. Aber sie hat vermutlich noch einen Weg vor sich. Es gibt immer noch einige Dummköpfe da draußen, die noch nicht eingestiegen sind.
Ohne Kapitulation kein Tiefpunkt
Ein anderer Freund, Rick Ackerman, denkt, das Problem mit dieser Rally sei die Kapitulation... oder eher, der Mangel an Kapitulationen. Es gibt keine Kapitulation, so sagt er. Man kann den Tiefpunkt nicht erreichen, ohne dass es sie gibt. Ohne Kapitulation, kein Tiefpunkt.
Die Nachrichten aus der Wirtschaft sind schlecht und sie werden schlechter.
Kreditkartenschulden haben gerade erst den stärksten Einbruch in 32 Jahren verzeichnet.... vielleicht auch aller Zeiten. Kreditkartenbilanzen sind im Jahresvergleich um 9,7% gefallen. Und die Zahl der offenen Kreditkartenkonten fällt auch weiter.
Was passiert, wenn die Menschen ihre Kredite nicht mehr bezahlen können?
Zahlungsverzüge bei Hypotheken steigen in den Vereinigten Staaten rapide an"; heißt es in einem Artikel von Reuters. Vergessen Sie nicht, Zahlungsverzüge stehen ganz am Anfang des Prozesses. Danach folgen die Zwangsvollstreckungen und die Versteigerungen - und das führt alles letzten Endes zu fallenden Hauspreisen.
Und wenn die Immobilienpreise fallen, dann fällt auch die Sicherheit, die hinter den Anlagewerten der Banken und der anderen Finanzinstitutionen steht. Also sind ihre Probleme noch nicht überwunden. Das Schlimmste liegt immer noch vor uns und nicht bereits hinter uns.
Aber trotz der schlechten wirtschaftlichen Aussichten, denken die Investoren, dass am Aktienmarkt das Schlimmste schon hinter uns liegt. Der Markt blickt nach vorn, so sagen sie, über die unmittelbaren wirtschaftlichen Prognosen hinweg. Das mag stimmen, aber sie haben die bewundernswerte Angewohnheit, immer nur das zu sehen, was sie sehen wollen.
Anleger bleiben den Fonds auch in der Krise treu
Als sich der S&P im Januar 2008 in den frühen Phasen dessen befand, was zu einem zerstörerischen Zusammenbruch werden sollte", so erklärt Rick Ackerman, da waren die heimischen Aktieninvestmentfonds ungefähr 6,5 Billionen Dollar wert. Siehe da, nur wenig mehr als ein Jahr später, im Februar 2009, stellen wir fest, dass der Wert dieser Fonds um ungefähr 48% auf 3,4 Billionen Dollar eingebrochen ist. Und wissen Sie was? Innerhalb dieser Zeit betrug die Rücknahme nur ungefähr 2%, oder ungefähr 100 Milliarden Dollar. Und das heißt, um es deutlich zu sagen, dass die Anleger der Gemeinschaftsfonds während des gesamten Bärenmarktes zu den Fonds gestanden haben.
Die Anleger haben die Aktien nicht aufgegeben - trotz des gewaltigen Rückgangs der Aktienmarktkurse. Und das bedeutet, dass immer noch viel zu verkaufen ist.
Dieser Bärenmarkt wird enden"; fährt er fort, wie jeder andere Bärenmarkt in der Geschichte. Es wird einen massiven Verkauf von Aktien zu Schleuderpreisen geben, die die aktuellen Kurse im Vergleich exorbitant erscheinen lassen."
Und das ist der Grund, warum Sie Trailing Stops verwenden. Sie wollen sicher sein, dass ihre Aktien zuerst verkauft werden, wenn der Ausverkauf beginnt - lange bevor die meisten Anleger schließlich kapitulieren.
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Ein ungeheures Maß an Glaubwürdigkeit
von Bill Bonner
Es ist erstaunlich, wie viel Glaubwürdigkeit manche Menschen haben. Sie scheint fast unbegrenzt. Ganz egal, wie schlecht ihre Ratschläge auch sind, oder wie wenig sie auch verstehen... die Leute fragen immer noch nach ihrer Meinung.
Ich könnte es auch anders ausdrücken... es ist erstaunlich, was die meisten Leute zu glauben bereit sind.
Man sollte doch meinen, dass die Leute - nach Verlusten von 50 Billionen Dollar - ein wenig vorsichtiger sind, wenn es darum geht, auf wen sie hören. Wer würde denn heute noch die Überlegungen eines Alan Greenspan ernst nehmen, frage ich mich. Doch die Zeitungen berichten über seine Ansichten immer noch, ohne das Gesicht zu verziehen.
Und wie sieht es mit den Wirtschaftswissenschaftlern aus, die behaupteten, dass Die Vereinigten Staaten die flexibelste und dynamischste Wirtschaft" hätten und dass man mit dem Kauf amerikanischer Aktien nichts falsch machen kann?
Und wie sieht es mit denjenigen aus, die die Investoren dazu drängten , Schnäppchen" zu kaufen, als der Dow nur 10% unterhalb seines Gipfels lag? Und wie steht es mit den Regulatoren, z.B. Tim Geithner, denen das größte Schneeballsystem aller Zeiten, das sich vor ihren Nasen abspielte, vollständig entgangen ist?
Oder den Wirtschaftlern, die dachten, dass Kreditderivate die Finanzwelt sicherer machen würden, weil sie die Risiken weiter streuen"? Oder mit solchen Männern wie Hank Paulson, die dachten, dass die subprime-Krise bei Verlusten von 100 Milliarden Dollar im Griff" sei? (Die Kosten für die Rettungen liegen aktuell bei 12,8 Billionen Dollar!)
Die Schuldigen sind weiter auf freiem Fuß
Wie mein Freund Nicholas Taleb sagt, ist es so, als hätten diese Jungs einen Schulbus zu Schrott gefahren - in betrunkenem Zustand.
Aber anstatt sie ins Gefängnis zu stecken, gibt man ihnen einen neuen Schulbus, mit dem sie fahren können.
Kevin Philips, der Autor von Bad Money: Reckless Finance, Failed Politics, and the Global Crisis of American Capitalism" warnt vor der drohenden Explosion einer 25 Jahre alten Multi-Blase".
In den Achtzigern hat es mit den Blasen angefangen, so sagt er, als der Finanzsektor von 10 bis 12 Prozent der amerikanischen Wirtschaft in den Achtzigern auf vermutlich lähmende" 20 bis 21 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zur Mitte des Jahrzehnts angewachsen war.
Wen soll man dafür verantwortlich machen? Henry Paulson, sagt er... und Ben Bernanke... und Alan Greenspan. Reuters berichtet: Phillips nennt Paulson einen Insider der Wall Street, der sich um sich selbst kümmert, und Bernanke einen Akademiker, der in die Irre geführt versucht, die Weltwirtschaftskrise der Dreißiger erneut zu bekämpfen.
Gemeinsam haben sie das falsche Team zur falschen Zeit gebildet, dessen Ad-Hoc-Ansatz Hunderte von Milliarden von Dollar aus dem Fenster warf und dann den Bilanzbogen der Zentralbank verdoppelte.
Sie können Bernanke gerade dabei beobachten, wie er versucht, eine Rettungsblase zu schaffen, die er nicht als eine Blase beschreiben kann genauso wie Greenspan seine Hypothekenblase nicht als Blase bezeichnen konnte. Wir sehen heute bei Bernanke einen verdeckten Versuch, die Blase wieder aufzupumpen", sagte Phillips gegenüber Reuters.
In der Zwischenzeit sagte Nouriel Robini - der in Sachen Krise meistens richtig liegt - über Jim Cramer, er sei ein Witzbold."
Er war einer von denen, die sechsmal in Folge diese Erholung des Bärenmarktes als eine Bullenmarktrally bezeichneten und damit falsch lagen. Und nach all diesem Chaos und nach Jon Steward sollte er einfach den Mund halten, weil er keinen Anstand hat... er ist kein glaubwürdiger Analyst mehr. Jedes mal, wenn wir es mit einer Erholung des Bärenmarktes zu tun hatten, sagte er, es sei der Anfang eines Bullenmarktes und er lag damit falsch.
Roubini hat vor zwei Jahren davor gewarnt, dass den Vereinigten Staaten die schlimmste Rezession in vier Jahrzehnten drohen würde. Er weist darauf hin, dass die aktuelle Erholung an der Wall Street im Grunde genommen dem Muster anderer Abwärtstrends folgt.
Wenn die Menschen sich erst einmal dem Realitätscheck unterziehen, dann wird es wieder sehr schrecklich werden", sagt er.