Meine im November hier (#20173 -
https://www.ariva.de/forum/...-du-siehst-569306?page=806#jumppos20173 ) dargestellte mittelfristige Strategie ist bislang im Wesentlichen aufgegangen. Insbesondere gab es keine technische Korrektur in den Bereich 12450/500 und meine Sicherheitsshorts (>13350) konnte ich mit einem netten Gewinn glattstellen. Die erwarteten ATH im DAX (ca. 14500) werden wir im 1. Quartal zweifellos noch sehen. Die prognostizierten großen Stimulus-Pakete in den USA und die Dollar-Schwäche stehen ebenfalls unmittelbar bevor (Volumen des aktuellen Stimulus-Paketes: 1,9 Billionen USD).
Aber: Anders als im Herbst rechne ich aktuell nicht mehr mit einem anschließenden deutlichen Absturz des deutschen Leitindex. Unter 13000 Punkte wird der DAX auf Tagesschlussbasis in diesem Jahr (und vermutlich auch in den nächsten Jahren) nicht mehr fallen.
Folgende Gründe haben bei mir zu einem Meinungsumschwung geführt:
1. Ich hatte erwartet, dass die massive Kurzarbeit und die Folgen des Lockdowns – mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung – zu einem Entsparen in der Bevölkerung führen und Aktien/Fonds verkauft werden müssen. Tatsächlich ist jedoch das Gegenteil der Fall. Das Sparvolumen in der Eurozone ist um fast 50 Prozent (+395 Milliarden Euro) gegenüber dem Jahr 2019 gewachsen. Rund +150 Milliarden Euro entfallen dabei allein auf deutsche Sparer. Insgesamt lagen Ende 2020 in der Eurozone rund 8,3 Billionen Euro – im Wesentlichen unverzinst oder sogar mit Negativ-Zinsen - auf Giro-, Tagesgeld-, Festgeld- und andere Sparkonten (vgl.
https://www.zeit.de/news/2021-02/21/...s%3A%2F%2Fwww.startpage.com%2F ).
Solange die Inflation annähernd bei Null gelegen hat, haben viele Sparer das zähneknirschend hingenommen; jetzt zieht jedoch die Inflation an und das bedeutet: Rette sein Geld wer kann. Da europäische Anleihen in den nächsten Jahren keine positive Rendite erbringen werden und Immobilien nicht nur immobil sondern auch zu teuer geworden sind, bleibt nur der Aktienmarkt. Insbesondere die ETFs werden m.E. in den nächsten Monaten ungeahnte Zuflüsse von den Sparkonten erleben und die Indizes (insbesondere auch den DAX) in die Höhe treiben. Man muss sich nur einmal die Größenordnung klar machen: Alle DAX-Unternehmen zusammen haben eine Marktkapitalisierung von < 1,5 Billionen €. Selbst wenn nur 5 % der 8,3 Billionen € in den deutschen Aktienmarkt fließen, stünde der Index 25 % höher. Außereuropäische Investoren und kreditfinanzierte Käufe dabei noch überhaupt nicht berücksichtigt.
2. Die Impfungen gegen Covid-19 haben – zumindest derzeit – eine deutlich höhere Schutzwirkung, als ich erwartet hatte. Ich bin im Herbst davon ausgegangen, dass die Schutzwirkung in der Größenordnung anderer Reihen-Impfungen (beispielsweise Influenza) liegen wird und etwa 50-70 % betragen würde. Bis zu einer Herdenimmunität hätte es dann noch 3-4 Jahre gedauert (mit wiederholten unvermeidlichen Lock-Downs). Zumindest die mRNA-Impfstoffe kommen jedoch auf eine Schutzwirkung von > 90 %. Das war für mich unvorstellbar. Eine ausreichende Impfstoffmenge vorausgesetzt, können wir damit rechnen, in weiten Teilen Europas bis Ende 2021 Herdenimmunität erreicht zu haben. – Wenn uns keine Mutante einen Strich durch die Rechnung macht. Die Wirtschaft wird daher keinen nachhaltigen Schaden nehmen.
3. Auch nach dem Ende des Lock-Downs wird die Sparrate höher liegen als vor Corona. Erstens wird die Unsicherheit noch für einige Jahre in den Köpfen der Menschen bleiben und erst langsam zurückgehen und andererseits werden viele Dienstleistungen nicht mehr im früheren Umfang in Anspruch genommen werden. Das Corona-Jahr hat bei vielen einen nachhaltigen Lebenswandel herbeigeführt. Das Homeoffice und der weitgehende Verzicht auf Dienstreisen lassen sich ebenso wenig wieder zurücknehmen, wie die Tendenz zur Selbstversorgung. Warum soll man Geld für Brot, Essen-Gehen oder Haare-Schneiden ausgeben, wenn man das inzwischen mindestens genauso gut kann, wie der durchschnittliche Bäcker, Koch oder Friseur? Warum soll man ins Kino gehen, wenn es Netflix gibt? Warum soll man durch den Supermarkt rennen, wenn man im Internet Preise und Leistungen viel besser vergleichen kann und der Lieferservice alles an die Tür bringt? Das entsprechende Geld kann man sich sparen – und das Geld möchte man rentierlich anlegen.
Ich bin daher zu einem Buy-the-Dip-Jünger geworden und stocke mein Depot langfristorientiert auf. Auf eine deutliche Korrektur oder gar einen Crash hoffe ich aktuell nicht mehr.