Sind 1,4 Milliarden Chinesen auf einmal ungeimpft ?
31.12.2021
Bisher hat China Corona im Griff. Virologe Christian Drosten hält den chinesischen Impfstoff aber für unzureichend
im Kampf gegen Omikron. Ein unkontrollierter Ausbruch könnte schwere Folgen für die Weltwirtschaft haben.
Die Aussage von Christian Drosten klingt klar. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung erklärte
der Berliner Virologe, seine "größte Sorge" gelte nun auch für China, weil der chinesische Impfstoff gegen
die Omikron-Variante "nicht sehr wirksam" sei. Das sei "eine echte Gefahr, und das gilt auch für die
Weltwirtschaft". Denn "natürlich" wird Omikron auch nach China kommen.
Aber wie viel wissen wir bisher über die Wirksamkeit chinesischer Impfstoffe? Inwieweit ist Omikron in
China angekommen? Eine Studie zweier Universitäten in Hongkong zeigte, dass selbst drei Dosen des
chinesischen Wirkstoffs Coronavac nicht genügend Antikörper produzieren konnten, um eine
Omikron-Infektion zu verhindern. Das gab die Universität Hongkong am 23. Dezember in einer
Pressemitteilung bekannt. Die Studie selbst wurde ursprünglich nicht veröffentlicht. Inwieweit Impfstoffe
ein schweres Fortschreiten der Erkrankung verhindern können, lässt sich nicht ableiten, da Antikörper nur
ein Teil der Immunantwort sind. Im Gegensatz zu Chinas inaktivierten Impfstoffen dauert die Anpassung
an neue Varianten wie Omikron im Vergleich zur mRNA-Technologie von Biontech jedoch länger und schwieriger.
Viele ernähren sich in Xian von den letzten Konserven
Ein weiteres Ergebnis der Hongkong-Studie ist, dass nach zwei Dosen Coronavac in China Biontech zur
Auffrischimpfung eingesetzt wurde, die ein Schutzniveau an Antikörpern produzierte.
Aber China hat diese Möglichkeit vorenthalten. Obwohl das deutsche Unternehmen im März 2020
eine Kooperation mit dem chinesischen Unternehmen Fosun vereinbart hatte, erlaubt Peking den
Einsatz der Wirkstoffe des deutschen Unternehmens nicht. Bislang glauben die Chinesen, dass sie
ihre eigenen, weniger wirksamen Impfstoffe verwenden können, um die Schwierigkeiten zu überwinden.
Die Null-Coronavirus-Strategie des Landes basiert auf traditionellen Methoden: Früherkennung, Verfolgung,
Isolierung und groß angelegte Tests. Der Impfstatus einer Person spielt bei den Corona-Regeln
keine Rolle. 2G existiert nicht.
Dies kann im Extremfall zu einer Situation wie der aktuellen Situation in Xian führen, wo Bewohner eine
Woche lang in Wohnungen eingesperrt sind und nicht wissen, wann sie wieder raus dürfen. Viele Menschen
leben von den letzten Konserven, weil es die Stadt noch nicht geschafft hat, sie mit Gemüse und Fleisch
zu versorgen. Ein weiteres Kerninstrument der chinesischen Präventionspolitik ist die strikte
Einreisebeschränkung und die Verhängung einer dreiwöchigen Quarantäne für jeden, der in das Land einreist.
Durch diese Maßnahmen ist es China bislang gelungen, die Zahl der Infektionen auf einem sehr niedrigen
Niveau zu halten. Die Frage ist nur: Gilt das noch für Omikron?
Oberflächlich betrachtet sind die Pekinger zuversichtlich. Liang Wannian, Leiter der Expertengruppe der
chinesischen Gesundheitskommission, sagte, eine höhere Omikron-Übertragungsrate bedeute nicht, dass
die Strategie geändert, sondern strikter umgesetzt werden müsse. Er ist zuversichtlich, dass auch China
mit Omikron gut umgehen kann. Einige Virologen im Ausland sind skeptisch. Doch China-Experte
James Palmer kommentierte im Magazin "Foreign Policy" treffend: "Wer das unvermeidliche Scheitern
vorhersagt, unterschätzt vielleicht, inwieweit China das Virus draußen hält."
Nachhaltig ist die chinesische Strategie nicht
Allerdings haben die Spannungen in Peking deutlich zugenommen, weil im Februar Olympia stattfindet,
bei dem die Verbreitung von Omega zumindest in der Olympia-Blase kaum aufzuhalten ist. In der
Planung wird der Olympia-Austragungsort als extraterritoriales Gebiet betrachtet. Alle Chinesen, die die
Blase betraten, um die Olympischen Spiele zu unterstützen, seien es Busfahrer, Ärzte, Haushälterinnen,
Polizisten oder Köche, müssen vor ihrer Rückkehr nach Hause drei Wochen lang unter Quarantäne gestellt
werden. Wenn sich Omikron in Peking ausbreitet, wird es auf jeden Fall 90% der Impfungen und teilweise
Auffrischungen erreichen, aber es wird die Bevölkerung immer noch nicht vollständig schützen. Offiziellen
Quellen zufolge gibt es in China derzeit keine Verbreitung von Omikronen. Alle gemeldeten Fälle wurden
im Quarantänebereich gefunden. Es ist jedoch erwähnenswert, dass noch nicht bekannt gegeben wurde,
welche Mutation den Xi'an-Ausbruch verursacht hat.
Chinas Strategie ist nicht nachhaltig. Das Land wird nicht für immer vom Rest der Welt isoliert sein können.
Das meinen auch chinesische Wissenschaftler. Ihr Einfluss auf offene Richtlinien ist jedoch begrenzt. Politisch
gibt es Anzeichen von Isolation. Eine große Zahl von Infektionen und besonders viele schwere Krankheiten
werden den Heiligenschein der chinesischen Führung zerstören, weil sie die Pandemie besser kontrolliert
als jede westliche Regierung.
Biontech-Zulassung wegen Propaganda schwer vorstellbar
Wissenschaftler diskutieren den Wechsel von Null-Fällen zu Null-Todes-Strategien. Dies erfordert wirksame
Impfstoffe. Allerdings ist die Zulassung von Biontech politisch heikel, weil chinesische Propaganda-Agenturen
starken Verdacht auf westliche Impfstoffe gesät haben, um die Produkte des eigenen Landes besser sichtbar
zu machen. Das Parteiblatt "Global Times" schreckte nicht vor Kommentaren zum frühen Tod des
"New York Times"-Reporters Carlos Tejada (Carlos Tejada) am Mittwoch zurück, er sei "einen Tag nach
Erhalt der Moderna-Auffrischimpfung gestorben".
Auch mit Blick auf die Behandlung von Corona-Patienten wäre China im Falle einer Öffnung wohl auf das
Ausland angewiesen. In Peking ist zu hören, dass Gespräche mit dem amerikanischen Pharmakonzern
Pfizer über einen Kauf des Corona-Medikaments Paxlovid geführt werden.
Auch die Tatsache, dass es in China derzeit nur chinesische Impfstoffe gibt, hat Auswirkungen auf Reisen
in die Europäische Union. Das bedeutet zum Beispiel, dass in China lebende Deutsche bei der Einreise
nach Deutschland als ungeimpft gelten. In Frankreich ist dies nicht der Fall. Dort reicht eine Auffrischimpfung
nach Einreise aus, um gleichberechtigt mit den Geimpften behandelt zu werden.
Die Europäische Kommission hat den Mitgliedstaaten vorgeschlagen, die von der Weltgesundheitsorganisation
zur Notfallnutzung zugelassenen Impfstoffe, also auch zwei chinesische, als äquivalent anzuerkennen.
Beratungen dazu auf EU-Ebene sollen im Januar stattfinden. Ohne eine gegenseitige Anerkennung von
Impfstoffen oder zumindest des Impfstatus können Geschäftsreisende (aus China) in Deutschland kaum
am öffentlichen Leben teilnehmen, beklagt Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der
Deutschen Handelskammer in China. Eine zügige Lösung dieser Problematik ist für die deutsche Wirtschaft
in China von hoher Bedeutung.
Das größere Problem der deutschen Wirtschaft wird der unkontrollierte Ausbruch des Coronavirus in
China sein, Produktionsanlagen und Häfen könnten weitgehenden Einschränkungen unterliegen.
Olivier Blanchard, der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, schrieb auf Twitter:
"Wenn bestätigt wird, dass selbst drei Dosen des Coxing-Impfstoffs gegen Omicron nicht wirksam sind,
gibt es jetzt 1,4 Milliarden ungeimpfte Menschen in China. Einwohner.
Das ist von" große wirtschaftliche Bedeutung für China und die Welt."
koenigszeitung.com/post/...-chinesen-auf-einmal-ungeimpft-654