Ich will nochmal auf den Unimicron Brand zurückkommen. Zunächst mal gebe ich Covacora recht, dass zumindest kurzfristig die Preise für AT&S Produkte bereits ausgehandelt sind und daher im aktuellen Q2 und Q3 wohl nicht mit einer Margenverbesserung zu rechnen ist.
Preise für die Zeit danach dürften zwar noch offen sein. Aber wie Covacoro richtig schreibt, hilft das wenig, wenn die vom Brand betroffenen OEMs AT&S nicht qualifiziert haben. Denn dann wird der Brand vor allem denjenigen PCB Herstellern zugute kommen, die diese Chiphersteller bereits als Co-Supplier qualifiziert haben. Bei denen werden die Preise hochschießen und außerdem dürften dort Nachtschichten gefahren werden um die zusätzliche Nachfrage zu bedienen.
AT&S könnte dann also nur indirekt profitieren. Zum einen durch Wettbewerbseffekte zwischen den Chipherstellern: Wenn das Angebot an Endgeräten der betroffenen OEMs zurückgeht, weil ihnen Leiterplatten fehlen, kann ein Teil der Endkundenachfrage sich zu Kunden von AT&S verschieben, die kurzfristig lieferfähig sind. Zudem ist denkbar, dass AT&S mittelfristig dadurch profitiert, dass die betroffenen Chiphersteller neue Supplier qualifizieren um Security of Supply zu verbessern. Mit ganz viel Glück auch AT&S.
Ich würde mir von diesen beiden Effekten aber nicht zu viel versprechen. Wie gesagt, die direkten Gewinner des Brands sind vielmehr die Supplier, die bereits heute die betroffenen Chiphersteller beliefern und jetzt eine Zusatznachfrage bei knappem Angebot bekommen.
***
Ich will aber auch nochmal auf die Interpretation von cicero zurückkommen, dass es sich beim Brand um IC Substrate handelt wie jene, die AT&S für Intel Serverchips herstellt. Aus den Presseberichten geht das nicht so hervor, soweit ich das überblicken kann:
english.etnews.com/20201110200001
tekdeeps.com/...about-disruption-in-ap-smartphone-production/
Auf diesen Seiten wird erklärt, dass es sich beim Brand um IC Substrate für Smartphones handelt. Die betroffenen OEMs sind Qualcomm, Mediatek und Broadcom. Meines Wissens nach ist keiner dieser drei ein Großkunde von AT&S. Aber: insbesondere Qualcomm und Mediatek sind Chiphersteller für Smartphones.
Mit anderen Worten, der Brand scheint in erster Linie die Konkurrenz von Apples mobilen Endgeräten zu betreffen, nicht die Konkurrenz von Intel Servern. Man wird also abwarten müssen, ob die Lieferengpässe bei Unimicron in den nächsten 12 Monaten das Angebot von Smartphones von Samsung, LG, Xiaomi, Huawei etc. senkt bzw. ob deren Durchschnittskosten steigen. Dies könnte dann zu ein wenig Zusatznachfrage für das iPhone 12 führen, wovon AT&S indirekt profitieren würde.
Ich denke aber, dass sich dieser Effekt wahrscheinlich in Grenzen hält: Erstens wird man bei anderen Suppliern Extraschichten fahren. Zweitens dürften die betroffenen OEMs die entstehenden Mehrkosten selbst schlucken und nicht an die Kunden weitergeben. Vielleicht sind sie sogar versichert.
Ob AT&S zusätzliche Aufträge abbekommt, weil Qualcomm oder Mediatek sie qualifizieren wollen, sei dahingestellt. Ich könnte mir denken, dass Apple als direkter Konkurrent etwas dagegen hätte, dass AT&S sich von Qualcomm qualifizieren lässt.
Kurzum: ich erhoffe mir erstmal keine Revolution durch diesen Brand. Es wäre aber interessant die Börsenkurse der anderen PCB Supplier im Auge zu halten. Wer profitiert hier vor allem? Die koreanische Konkurrenz, wie in den koreanischen Artikel gemutmaßt?