teufelchen, danke für Deine Rückmeldung, verstanden. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich vieles von dem schon bereits einmal geschrieben habe, hier noch mal mein Blick auf das Ganze:
Ich bin bei Dir, dass ich kein großer Fan von der Struktur des Angebots bin. Vom Timing her gut (nach Verdopplung des Kurses im Vorjahr), von der Prämie so lala, vom Übernehmer her gut – aber ich glaube, wir hätten alle lieber ein 16 Euro Hart Cash Angebot gesehen und nicht den Aktiendeal so wie er jetzt auf dem Tisch liegt. Das können wir uns nur leider nicht aussuchen und von uns wird verlangt, dass uns auch die Aktie des neuen Adtran-Konstrukts gefällt.
Wo ich aber scheinbar fundamental anderer Meinung bin als Du ist die Einschätzung wie es denn mit ADVA weitergeht, sollte der Deal platzen. Ich interpretiere Deine/Eure Aussagen so, dass der Kurs dann wieder auf sein Vor-Angebots-Kurs von 12,90 Euro vom 30. August fällt und man verglichen mit dem jetzigen Kurs von 13,30 Euro nicht viel verliert bzw. dass bei dem aktuellen pro-forma Angebot von 14,00 Euro wenig Prämie für uns auf den Tisch liegt. Und am besten setzt die ADVA Aktie dann den Weg fort, der im Jahr vor dem Angebot eingeschlagen wurde.
Ich habe da eine völlig andere Einschätzung dazu: wenn der Deal nicht kommt sehe ich den Kurs einige Etagen tiefer als die 12,90 Euro vom 30. August. In einer ersten Panik-Reaktion würde mich die Einstelligkeit nicht wundern. Die Gründe dafür habe ich aufgeschrieben:
- starker EUR/USD Verfall, das war vorher ein Treiber der Margenerhöhung
- der Corona-bedingte Ausfall der Reisetätigkeit war ein anderer, wie lange bleibt der?
- strategisch stark angeschlagen
- kein anderer Käufer in Sicht, die M&A Fantasie ist raus
- Management & Großaktionär haben Wunsch zum Ausstieg klar dokumentiert (amtsmüde?)
- Zusätzliche Verwerfungen in der Zulieferkette
- 4Q Marge wird bei 6,x% erwartet nach 10% im Vorjahr
- Rückgang der Tech-Titel in den letzten Wochen
- BP hat quasi klargemacht, dass man ohne Größe in dieser Industrie nicht überleben kann und dass es einen riesigen Unterschied macht, ob man 240m USD kombiniertes R&D Budget hat oder ca. 90m USD auf stand-alone Basis. Als Vergleich: Cienas R&D Budget lag in 2021 bei 537m USD, Infineras bei 266m USD.
D.h. bei der Einschätzung des Deals aus heutiger Sicht vergleiche ich nicht 13,30 Euro mit dem 14,00 Euro Angebot, sondern ich vergleiche 10/11 (?) Euro mit den 14,00 Euro.
Mit dem Deal bzw. dessen Annahme ist ADVA/BP/Egora mE nun auch mal dieses strategische Risiko eingegangen, dass man stark angeschlagen wäre, wenn der Deal nicht kommt. Welchen Grund sollten Investoren haben, sich bei dem o.a. Szenario zu positionieren und den Kurs auf das Vor-Angebots-Niveau zu heben? Ich sehe keinen, vllt den technischen Effekt, dass die Investoren ihre Aktien zurückkaufen, die sie verkaufen mussten, da sie keine US Aktien im Portfolio haben dürfen. Aber sonst? Wie reagieren die Analysten? Was passierte wenn die US Unternehmen weiter konsolidieren (Adtran wird selbst übernommen?) und der Druck immer größer wird? Was passiert wenn Egora seinen Anteil anfängt zu veräußern, wenn BP sein Schicksal an die Übernahme hängt?
Für mich gab es daher vier Wege, wie wir uns als Kleinanleger positionieren können:
1a) Nicht andienen, aber hoffen, dass der Deal durchgeht und man später ein höheres Squeeze Out Angebot bekommt; das kann durchaus gut gehen
2) Andienen und vom neuen kombinierten Unternehmen überzeugt sein
3) Die alten ADVA Aktien verkaufen bei 14 Euro (das habe ich wie geschrieben am 29. Dez mit einem Teil meiner Position gemacht)
4) Nicht andienen und darauf hoffen, dass ADVA alleine eine Chance hat
Wahrscheinlich unnötig zu sagen, dass ich die Variante 4) für die teuerste und gefährlichste Variante von allen halte. Mir fällt es unheimlich schwer nachzuvollziehen, wie man sich für ADVA stand-alone in den nächsten Quartalen/Jahren begeistern will. Ohne den Deal hatte ich die Aussichten wesentlich positiver gesehen. Aber vielleicht liege ich auch komplett falsch mit dieser Einschätzung und ich freue mich über Gegenargumente.