Gold & Gesellschaft: Dead men walking
Viele denken, dass die Bankenkrise überwunden sei. Staatliche Hilfe, Garantien für die Sparer und sprudelnde Gewinne geben dem Außenstehenden den Anschein, dass das System noch einmal von der Klinge gesprungen ist.
In Wirklichkeit wurde einer der Grundsätze der Bilanzierung während der Krise aufgegeben – das fair market value Prinzip. Das heißt die Bewertung der Bestände der Banken zu marktgerechten Preisen. Was nützt es dem Inhaber einer Immobilie, wenn deren Wert vor zwei Jahren noch eine Millionen Dollar betragen hat, wenn man heute auf dem Markt nur noch $600.000 erlösen kann. Viel schlimmer waren im Jahr 2008 die Einbrüche bei anderen Wertpapieren wie CDOs, die zum Teil überhaupt keinen Marktwert mehr hatten. Wo sich kein Käufer findet, ist der effektive Wert dann Null.
Oder nehmen wir die griechischen Staatanleihen beispielsweise. Wer glaubt noch daran, dass die Griechen plötzlich Überschüsse erlösen werden, um ihre Schulden begleichen zu können.
Trotzdem werden alle diese Asset-Klassen zu historischen oder Nominalwerten in den Bilanzen der Banken erfasst. Die New York Times sprach in ihrem Bericht Ailing Banks May Require More Aid to Keep Solvent von: Some of the nations large banks, according to economists and other financial experts, are like dead men walking.
Technisch ist eine Bank im englischen Sprachgebrauch insolvent, wenn die Summe der Assets kleiner ist als die Summe der Verbindlichkeiten (beispielsweise gegenüber den Einlagekunden). Das ist bei einem Großteil des Bankensystems wirklich der Fall – in Europa übrigens viel schlimmer als in den Vereinigten Staaten.
Um das zu verhindern oder zumindest zu verschleiern, bedient man sich zweierlei Tricks: Zuerst kann man die fair market value Bewertung aussetzen und so tun, als wenn die Assets einen höheren Wert haben, als sie im derzeitigen Marktumfeld bewertet sind. Die zweite Möglichkeit ist, diese Assets mit der jeweiligen Notenbank in einem Swap-Geschäft gegen hochwertige Assets wie beispielsweise US-Staatsanleihen zu tauschen. Das löst zwar auch nicht das Problem, denn die Schrott-Papiere lagern nun in den Kellern der Notenbanken und müssen letztlich wieder zurückgetauscht werden. Aber man hat das Problem erst einmal verschleiert – mit Hoffnung auf bessere Zeiten.
Diese besseren Zeiten ermöglichen wiederum die Notenbanken, in dem sie die kurzfristigen Zinsen niedrig halten und die langfristigen relativ hoch. Mit dem Versprechen, kurzfristige Liquidität in großem Umfang zu niedrigen Zinsen anzubieten, ermöglichen es die Notenbanken den betroffenen Banken, langfristige Anleihen zu kaufen und an die Notenbanken zu kurzfristigen Zinsen zum Ankauf einzureichen. Die Zinsdifferenz dieses sogenannten Carry-Trade Geschäftes kassieren die Banken. Deshalb sehen wir Milliarden-Gewinne bei den Banken. Nicht aus ihrem typischen Geschäft, sondern nur durch diese Maßnahmen.
Eine Bank hätte man die letzten 18 Monate besitzen müssen – da hätte man praktisch risikolos Geld verdienen können. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass die Notenbank die Bank als Partner für solche Geschäfte akzeptiert.
Bei einem geschätzten Schaden von $3.600 Milliarden Dollar, wovon $1.800 Milliarden Dollar auf das Bankensystem entfallen, müssen diese Carry Trade Geschäfte Jahrzehnte lang den Banken zweistellige Milliarden-Gewinne ermöglichen. Das ist natürlich unrealistisch.
Die Hoffnung der Notenbanker und Regierungen ist deshalb, dass der Immobilienmarkt und andere Asset-Märkte wieder anspringen, so dass die o.g. Ausfall-Summe sich wesentlich reduziert.
Ob diese Wiederbelebung der Schulden-Blase funktionieren wird, darf bezweifelt werden. Denn sollte bei der derzeit massiven Schöpfung von Zentralbankgeld der Kreditmultiplikator wieder anspringen, der ja für eine Ausweitung der Verleihung an mögliche Immobilien-Käufer notwendig ist, dann springt das derzeitige eher deflationäre (aus Sicht der Kreditgeldmenge) System augenblicklich auf Starkinflation um.
Um diese wieder unter Kontrolle zu bringen, müssten die Notenbank die Zinsen kräftig anheben. Das würde wiederum das Carry-Trade System der Staatsanleihen zum Kollabieren bringen. Meines Erachtens eine nicht mehr lösbare Herkules-Aufgabe.
Aktuelle Entwicklung an den Gold-Märkten
Es lief heute eigentlich gut für das Gold. Bis zum Beginn des Handels an der COMEX. Dabei gab es eigentlich (erneut) keine Nachrichten, die eine Bewegung beim Gold in die eine oder andere Richtung rechtfertigen würde. Auch der US-Dollar gab heute kräftig nach.
Wir sahen heute im Tagesverlauf eine Preisspanne – vom Höchststand zum Tiefstand gerechnet – von $20. Wäre der US-Dollar heute nicht gesunken, dann wären aus dem Tagesverlust von knapp acht Dollar fast fünfzehn Dollar geworden.
War diese Nachricht vielleicht der Grund für die Drückung: In February, the U.S. Government ran its largest ever monthly deficit — $221 billion, the U.S. Treasury said in releasing its monthly budget statement Wednesday. By comparison, the government in February 2009 ran a budget deficit of nearly $194 billion. Ein Monatsdefizit des US-Bundeshaushaltes von $221 Milliarden Dollar. Wenn das nicht bei den Investoren langsam die Alarmglocken läuten lässt.
Zur heutigen Entwicklung beim Gold: Im asiatischen Handel heute früh konnte Gold sich oberhalb der Marke von $1.110 stabilisieren. Zum Londoner Vormittagshandel ging es weiter bergauf, bis zum A.M. Fix der Tages-Höchststand von knapp $1.120 erreicht wurde. Der A.M. Fix kam auf diesem Niveau mit $1.118,75 (EUR 811,81) zustande.
Im frühen Nachmittags-Handel ging dann ein Teil dieser Gewinne verloren. Die Drückung setzte aber erst mit Beginn des Handels an der COMEX ein. Und sie verlief durchgehend bis zum Ende des heutigen Handels. Zum P.M. Fix stand Gold dann bereits bei nur noch $1.106,25 (EUR 805,72). Im Anschluss konnte sich Gold wieder etwas erholen, gab dann im reinen Future-Handel um zehn Dollar auf unter $1.100 nach. Diese Marke konnte aber erneut erfolgreich verteidigt werden.
Aber nur knapp – denn der letzte Kurs an der COMEX betrug nur noch $1.101,50. Wegen des schwachen Dollars sank Gold auf bis zu EUR 800.
Der US-Dollar Index (USDX) gab heute kräftig um 0,6 Punkte auf 79,8 nach. Die 10-jährigen Treasuries hielten erneut ihre Realrendite von 3,7 Prozent.
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